"Der Bund ist der größte Hasenfuß!"

Peter Eckhoff (li.) vom Verein "Buchholz fährt Rad" 
begrüßte den Verkehrsexperten Prof. Dr. Heiner Monheim Fotos: os
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Verkehrsexperte Prof. Dr. Heiner Monheim referierte in Buchholz über "Die Zukunft des Radverkehrs"

os. Buchholz. Wie kann der Radverkehr in den Städten deutlich gestärkt werden? An der Bearbeitung dieser Frage arbeitet Verkehrsexperte Prof. Dr. Heiner Monheim (72) seit mehreren Jahrzehnten - u.a. als Referatsleiter im Verkehrsministerium in Nordrhein-Westfalen und als Professor für Angewandte Geographie, Raumentwicklung und Landesplanung an der Universität Trier. Jüngst referierte Monheim in Buchholz über "Die Zukunft des Radverkehrs". Mehr als 60 interessierte Bürger sowie Vertreter von Verwaltung und Politik kamen zur Veranstaltung des Vereins "Buchholz fährt Rad" in die Aula der Waldschule.
"In Deutschland muss der Autoverkehr reduziert werden, allein schon um die Klimaschutzziele zu erreichen, die Frau Merkel unterschrieben hat", forderte Monheim. Wer weniger Autoverkehr wolle, dürfe keinen neuen Straßen bauen, sondern müsse die vorhandenen Finanzmittel für Infrastrukturprojekte anders verwenden. "Leider ist der Bund der größte Hasenfuß, der sich vor großen Investitionen, z.B. in den Radverkehr, drückt", kritisierte Monheim.
Um den Radverkehr nachhaltig zu stärken, müsse man z.B. das Thema Velorouten intensiv angehen. "Dort steckt in vielen Städten eine Menge Potenzial", sagte Monheim. Radfahrer sehnten sich nach gut befahrbaren Strecken abseits der Hauptverkehrsstraßen. Wenn solche Investitionen mit einem größeren Angebot, z.B. an vernünftigen Radabstellanlagen an Bushaltestellen und Bahnhöfen, verbunden würden, könne man viele Menschen vom Auto auf das Rad bringen. Derzeit würden pro Tag in Deutschland 160 Millionen leere Autositze bewegt, rechnete der emeritierte Professor vor - die durchschnittliche Besetzung in Autos liegt statistisch bei 1,1.
Eine weitere wichtige Investition zur Stärkung des Radverkehrs sei der Bau von Radstationen. Diese könnten in Städten der Größenordnung von Buchholz, Winsen, Buxtehude und Stade profitabel betrieben werden. Heute seien die Fahrräder, gerade mit E-Motor, hochwertig und könnten schnell einige Tausend Euro kosten. "Die möchte keiner tagsüber irgendwo am Bahnhof stehen lassen, in bewachten Radstationen aber sehr wohl", betont Monheim.
Als Vorbilder für herausragenden Radverkehr nannte er viele Projekte in den Niederlanden und in Dänemark. In der dänischen Hauptstadt Kopenhagen betrage der Anteil des Radverkehrs bereits 45 Prozent. "Die Verantwortlichen formulieren als Ziel einen Anteil von 50 Prozent. So muss es gemacht werden: Mutig sein!", lobte Monheim. Häufig wurden in den Niederlanden und in Dänemark breite Straßen verschmälert und der gewonnene Platz zur Stärkung des Rad- und Fußgängerverkehrs genutzt. Auch in Deutschland gebe es viel Potenzial. Mohnheim: "Auf Autobahnen nutzen wir in Baustellen selbstverständlich zwei Meter breite Fahrstreifen, ohne zu murren. Warum besteht man in Städten eigentlich auf Fahrbahnen, die 3,50 Meter breit sind?"
Vor dem Vortrag fuhr Monheim mit Vertretern der Buchholzer Stadtverwaltung und der Lokalpolitik zweieinhalb Stunden mit dem Fahrrad durch Buchholz. Am Nachmittag erläuterte er in einem Workshop seine Beobachtungen und gab Tipps, mit welchen Maßnahmen man den Radverkehr in der Nordheidestadt stärken kann. "Ich habe hier Licht und Schatten vorgefunden", erklärte Monheim. Positiv seien ihm viele Tempo-30-Zonen aufgefallen, in denen Radler auf der Fahrbahn fahren dürfen. Negativ seien zweispurig befahrbare Radfahrwege an den Hauptverkehrsstraßen. "Das sind Altlasten aus den 1980er Jahren, als man schnell Platz für Radfahrer schaffen wollte", erklärte Monheim. Buchholz solle stattdessen sein Velorouten-Konzept umsetzen und weitere Fahrradstraßen einrichten. "Gerade rund um Schulzentren sind Fahrradstraßen ein geeignete Mittel, weil Schüler dann legal nebeneinander die Fahrbahn nutzen dürfen", so Monheim. Buchholz, so sein Fazit, habe das Potenzial für einen Radverkehrs-Anteil von 30 Prozent. Derzeit liegt er bei 14 Prozent.

Peter Eckhoff (li.) vom Verein "Buchholz fährt Rad" 
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Überbleibsel aus den 1980er Jahren: beidseitig befahrbare Radwege wie hier an der Hamburger Straße
Redakteur:

Oliver Sander aus Buchholz

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