Ein Hilferuf aus dem Wald - Zu wenig Kinder: Harsefelder Waldkindergarten droht das Aus

Anja Knorr und ihr Kollege Udo Chniel hoffen, dass der Waldkindergarten erhalten bleibt   Foto: jd
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jd. Harsefeld. "Uns fehlen nach den Sommerferien die Kinder" - Anja Knorr, Leiterin des Harsefelder Waldkindergartens, blickt mit sorgenvoller Miene auf das Blatt in ihrer Hand. Darauf sind die Zahlen aufgelistet, die ihr derzeit so viel Kopfzerbrechen bereiten: Ab August wird die Frischluft-Kita, die 2013 mit großer Euphorie an den Start gegangen ist, monatlich rund 1.400 Euro Verlust einfahren. Der Grund: Statt der möglichen 15 Kinder, die von Knorr und ihrer Kollegin von 8 bis 15 Uhr betreut werden können, sind für das neue Kindergartenjahr nur sieben Kinder angemeldet. Woran es liegt? "Die Gründe sind mir rätselhaft", sagt Knorr: "Wir machen hier gute Arbeit, die Kinder haben ihren Spaß und die Eltern sind zufrieden."

Ist der Waldkindergarten etwa ein Opfer des Zeitgeistes? Die Erwartungshaltung der Eltern an die Kitas wird immer größer. Bereits im zarten Vorschulalter sollen die lieben Kleinen den bestmöglichen Start ins Leben erhalten, was bei vielen Vätern und Müttern nichts Anderes heißt als den Nachwuchs möglichst optimal auf Schultauglichkeit zu trimmen. Ein Kindergarten, der nicht mit dem aktuellsten Vorschulmaterial ausgestattet ist und keinen frühkindlichen Sprachunterricht in Englisch anbietet, gilt in den Augen vieler Eltern als rückschrittlich.

"Natürlich bereiten wir die angehenden Erstklässler angemessen auf die Schule vor", erklärt Waldkindergarten-Leiterin Anja Knorr. Mit der Grundschule gebe es eine Kooperation, doch seien die didaktischen Mittel eben an die Gegebenheiten eines Waldkindergartens angepasst. Knorr verweist auf wissenschaftliche Studien zur Schulfähigkeit von "Waldkindern": Demnach können die ABC-Schützen, die in einem Waldkindergarten betreut wurden, mit ihren Altersgenossen aus "normalen" Kitas problemlos mithalten. In einigen Bereichen brächten die Kinder aus den Waldkindergärten sogar Eigenschaften mit, die für die schulischen Belange von großem Vorteil seien. Dazu würden das bessere Sozialverhalten, ein höheres Konzentrationsvermögen und die Fähigkeiten zählen, mit mehr Ausdauer und Motivation Aufgaben zu bewältigen.

Auch an den Betreuungszeiten könne es nicht liegen: Der Waldkindergarten habe von 8 bis 15 Uhr geöffnet, so Knorr. "Ich stehe daher vor einem Rätsel", erklärt Knorr. Sie hofft, bis zum Start des neuen Kindergartenjahres im August noch Überzeugungsarbeit bei den Eltern leisten zu können. Ansonsten setzt sie auf Hilfe aus der Politik: "Verschwindet der Waldkindergarten, geht ein wertvolles Angebot im Bereich der Kita-Betreuung verloren."

"Ich will mich aber hier nicht hinstellen und sagen, im Waldkindergarten wird eine bessere Arbeit als in den Regel-Kita geleistet", sagt Knorr: "Beide Kindergarten-Formen lassen den Kindern eine bestmögliche Betreuung zukommen, eben nur auf andere Art und Weise. Im Wald stehe nun einmal das "Draußen-Sein" im Vordergrund. Viel Wert werde zudem auf motorische Fähigkeiten gelegt: "Wir sägen, hämmern, werkeln - und das mit möglichst vielen Naturmaterialien." Der Verzicht auf vorgefertigtes Spielzeug beflügele zudem die Fantasie.

Befürchtungen von Eltern, die Kinder seien schutzlos Wind und Wetter ausgesetzt, kann Knorr ausräumen: "Wir haben einen überdachten Unterstand und einen beheizbaren Bauwagen, in denen wir uns zurückziehen können, wenn es kalt ist. Und wenn es stürmisch wird, ziehen wir uns in unser Sturmquartier im Jugendzentrum zurück." Die Leiterin hofft, dass ihre Einrichtung für Harsefeld erhalten bleibt: "Vielleicht zeigen doch noch ein paar Eltern Interesse und melden sich bei mir." Sie sei gerne bereit, Mütter und Väter über das Gelände zu führen und ihnen die Arbeit des Waldkindergartens vorzustellen. Eltern, die vielleicht anderswo auf der Warteliste stehen, könnten sofort zuschlagen.

• Kontakt: Tel. 0177 - 6318224

Den Waldkindergarten kennenlernen

Eine Gelegenheit, den Waldkindergarten kennenzulernen, besteht am Freitag, 30. Juni, anlässlich der Einweihung des neuen Walderlebnisplatzes mit dem Lehmbackofen. Von 14 bis 17 Uhr wird der Backofen angefeuert. Wer möchte, kann eigene Backwaren wie Torten, Brot oder Pizza mitbringen und dort in den Ofen schieben.

• Der Waldkindergarten sucht Förderer und Spender. Wer die Arbeit unterstützen möchte, kann Mitglied im Förderverein werden oder der Einrichtung eine Geld- bzw. Sachspende zukommen lassen.

• Infos: www.fv-naturerleben.de

Redakteur:

Jörg Dammann aus Stade

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