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Osterfeuer im Landkreis Stade

Furcht vor den Untoten: Die lebenden Leichen vom Harsefelder Klosterpark

Einer der Harsefelder Wiedergänger. Der dicke Findling liegt auf seinem Schädel | Foto: Landkreis Stade
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  • Einer der Harsefelder Wiedergänger. Der dicke Findling liegt auf seinem Schädel
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jd. Harsefeld. Der Stader Kreisarchäologe Daniel Nösler stieß in altem Gemäuer auf ungewöhnliche Bestattungen. Wer im Dunkeln durch den Harsefelder Klosterpark geht, dem dürfte künftig ein kalter Schauer über den Rücken laufen. Dort könnte es nämlich spuken. Wiedergänger wandeln womöglich nächtens durch die Ruinen des ehemaligen Benediktinerstiftes. Alles Unsinn? Von wegen: Der Stader Kreisarchäologe Daniel Nösler ist auf handfeste Hinweise gestoßen, dass im Kreuzgang des Klosters drei Untote bestattet worden sind. Die Abtei war im Mittelalter ein Machtzentrum der katholischen Kirche, doch das hielt die Menschen nicht davon ab, sich mit unchristlichen Methoden gegen dunkle Mächte zu wehren.

Über die Leinwand huschen sie als Zombies, Vampire oder böse Geister. Doch Untote sind keine Erfindung von Hollywood: Seit grauer Vorzeit fürchten sich die Menschen vor wandelnden Leichen, die dem Grab entsteigen, um sich den nächsten Todgeweihten zu holen. Der Aberglaube, dass solche Wiedergänger die Lebenden heimsuchen, war vor allem im Mittelalter weit verbreitet, hielt sich teilweise aber bis ins vorige Jahrhundert. In alten Legenden wird über Bannzauber berichtet, mit denen die Untoten daran gehindert werden sollten, ihre Gruft zu verlassen.

Solche heidnischen Rituale sind offensichtlich auch in Harsefeld praktiziert worden. Nösler stieß bei der Archivierung von Fotos der Ausgrabungen, die in den 1980er Jahren im Kloster vorgenommen worden sind, auf eine erstaunliche Entdeckung: Auf dem Bild eines Grabes ist ein Skelett zu sehen, über dessen Kopf sich ein großer Feldstein befindet. "Dieser dicke Brocken ist erst nach der Bestattung und dem Schließen des Grabes dorthin gekommen", sagt der Archäologe.

Laut Nösler könnte sich folgendes Szenario abgespielt haben: Im Schutze der Dunkelheit schlichen sich zwielichtige Gestalten in den Kreuzgang, öffneten die Grabstelle, buddelten einen schmalen Schacht zum Kopfende des Sarges und platzierten dort den schweren Stein. Dieser sollte die Rückkehr des Verstorbenen als Untoter verhindern. Bei einer anderen Bestattung wurde der Sarg aus der Gruft geholt und dann mit dem Deckel nach unten wieder in der Erde versenkt. Dem nun in Bauchlage befindlichen Toten wurde der Weg nach oben in die Welt der Lebenden zusätzlich erschwert, indem man seine Füße fesselte und den Sarg mit Ziegeln beschwerte.

Noch radikaler war das Vorgehen bei einem dritten Grab: "Dem vermeintlichen Wiedergänger wurden die Schädelknochen zertrümmert und die abgeschlagenen Unterschenkel neben den zerstörten Kopf gelegt", berichtet Nösler. Solche Praktiken seien zwar nicht unbedingt mit dem christlichen Glauben vereinbar, galten aber als letztes Mittel, wenn sich ein Fluch nicht mit Gebeten oder durch einen vom Priester vollzogenen Exorzismus abwenden ließ.

Doch worauf begründet sich die Furcht vor den Untoten? "Die Gräber wurden im 14. oder 15. Jahrhundert angelegt. Damals suchten verheerende Seuchen wie die Pest Europa heim", erläutert Nösler. Durch solche Epidemien seien ganze Dörfer hinweggerafft worden. Wenn jemand gestorben sei, habe er zuvor andere Personen in seiner Umgebung infiziert, die dann auch der Seuche zum Opfer gefallen seien. "Die Menschen wussten noch nichts von Bakterien oder Viren und dachten daher, die Verstorbenen seien als Wiedergänger unterwegs, um die Angehörigen ins Totenreich zu holen."

Redakteur:

Jörg Dammann aus Stade

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