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Osterfeuer im Landkreis Stade

"Bahnpläne sind illusorisch"
Strecke Harsefeld-Buchholz zu reaktivieren, stößt in der Region auf Kopfschütteln

Mitten durch Christa Lebermanns Vorgarten verläuft die ehemalige Bahntrasse. Im Falle einer Reaktivierung würde sie den Reisenden Würstchen anbieten, scherzt die Drestedterin
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  • Mitten durch Christa Lebermanns Vorgarten verläuft die ehemalige Bahntrasse. Im Falle einer Reaktivierung würde sie den Reisenden Würstchen anbieten, scherzt die Drestedterin
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(jd). "Ich werde eine Haltestelle in meinem Garten einrichten und Würstchen verkaufen." Christa Lebermann aus Drestedt nimmt die Ankündigung der Landesregierung, stillgelegte Bahntrassen zu reaktivieren, mit Humor. Ihr Grundstück liegt mitten auf dem ehemaligen Schotterbett der alten Bahnstrecke von Harsefeld nach Buchholz. Ausgerechnet diese Strecke steht auf einer Liste von 58 alten Bahnlinien, die Verkehrsminister Olaf Lies (SPD) hinsichtlich einer möglichen Wieder-Inbetriebnahme überprüfen lässt (das WOCHENBLATT berichtete). Was für ein Unsinn: Ein Großteil der Trasse existiert nicht mehr. Die "Geisterbahn" ist nur noch auf alten Karten eingezeichnet - wie viele andere Strecken auf der Liste. Das Ganze riecht nach einem gewaltigen politischen PR-Gag aus Hannover.

Dass die ehemalige Bahnstrecke Harsefeld-Hollenstedt-Buchholz überhaupt auf der Liste des Ministers landet, lässt Zweifel an der Ernsthaftigkeit des Vorhabens aus Hannover aufkommen. Um zu prüfen, ob dort wieder Personenzüge rollen können, muss Lies keine Experten zu Rate ziehen oder Steuergelder für unnütze Gutachten ausgeben. Nach einem Anruf in den zuständigen Rathäusern wäre die Sache erledigt gewesen. Denn die alte Strecke, die zwischen 1902 und 1968 in Betrieb war, ist an vielen Stellen längst überbaut.

"Bei uns in Hollenstedt gibt es ein ganz großes Hindernis", schmunzelt Bauamtsleiter Daniel Heins: "Die Max-Schmeling-Hallen stehen genau auf der alten Bahnlinie.“ Nur wer sich auf Spurensuche begibt, entdeckt vereinzelt Reste des alten Bahndamms. Beeindruckende Relikte der ehemaligen Strecke finden sich an der Este: Dort überspannen zwei große Bahnviadukte das Flüsschen und einen Feldweg. Die beiden Backstein-Bauwerke sind noch nicht verschwunden, da sie unter Denkmalschutz stehen.

Als "illusorisch" bezeichnet Christa Lebermann die Überlegungen zur Reaktivierung der Bahnlinie: "Es wäre eine komplett neue Streckenführung erforderlich", meint die Drestedterin: "Ein potenzieller Betreiber müsste Millionen von Euro allein in neue Brücken investieren."
Eine sinnvolle Alternative wäre für sie die Nutzung der alten Bahnstrecken als Fahrradwege: Vielerorts könnten ehemalige Bahnstrecken ohne übermäßigen finanziellen Aufwand in Radrouten umgewandelt werden, meint die leidenschaftliche Mountainbikerin: "Zwischen Kakenstorf und Brumhagen bei Sprötze führt ja bereits ein Wander- und Radweg auf dem alten Bahndamm entlang."
Auf diesem Weg sind Erwin und Ursula Müller häufiger mit dem Rad anzutreffen. Das Rentnerehepaar aus Tostedt findet die Strecke "landschaftlich sehr reizvoll".
"Doch eine neue Bahnlinie wird hier nie kommen", sind sich die Müllers sicher.

"Schön wäre es, wenn auch der Abschnitt zwischen Hollenstedt und Harsefeld zu einem Radweg umgewandelt wird", meinen die beiden. Bereits 2009 hatten die Gemeinden Harsefeld und Sauensiek den westlichen Teil der EVB-Strecke gekauft, auf der bis 2003 sporadisch Güterzüge fuhren. Die Idee der Harsefelder war, eine Radel-Route zwischen Aue und Este einzurichten.

Doch das Vorhaben scheiterte, denn Hollenstedt zog nicht mit. Auch Pläne, die Strecke touristisch für Draisinenfahrten zu erschließen, wurden schnell wieder eingestampft.
Mittlerweile ist die Chance für einen Radweg wohl vertan: Sauensiek und Harsefeld werden den Bahndamm renaturieren, um Ausgleichsflächen für Baugebiete zu schaffen. Ähnliches hat auch die Gemeinde Hollenstedt vor.

Laut Bürgermeister Jürgen Böhme wird die Kommune in Kürze das alte Bahnhofsgelände mitsamt vier Kilometern Bahndamm bis Regesbostel erwerben. Die Flächen des Bahndammes sollen den Eigentümern der angrenzenden Grundstücke zum Kauf angeboten werden. "Die Betrieb einer Bahnlinie ist unrealistisch", meint Böhme: "Und ein zusätzlicher Radweg ist entbehrlich."

<b />Das WOCHENBLATT hat sich auf Spurensuche begeben. In der Bildergalerie sind einige Relikte der ehemaligen Bahnstrecke Hollenstedt-Buchholz fotografisch dokumentiert.

Redakteur:

Jörg Dammann aus Stade

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