Auslaufmodell Gewerbeverein?

Das Meckefelder Dorffest ist ein Besuchermagnet weit über Seevetal hinaus. Ohne den 
Gewerbeverein gäbe es die Veranstaltung nicht | Foto: archiv
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    Gewerbeverein gäbe es die Veranstaltung nicht
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Immer mehr Gewerbevereine in der Krise. Ist das Internet schuld?

mi. Landkreis. Eine Viertelstunde dauerte es, dann war der Gewerbeverein "Starkes Hollenstedt" Geschichte. Die anwesenden 15 Mitglieder votierten einstimmig mit einer Enthaltung für das Ende des Vereins. Eigentlich waren fast 50 Gewerbetreibende im "Starken Hollenstedt" organisiert, doch den meisten war die Auflösung des Vereins offenbar komplett egal. Kein Einzelfall: Auch in Rosengarten, Jesteburg, Maschen, Neu Wulmstorf dümpeln viele Gewerbevereine mehr oder weniger vor sich hin. Da stellt sich die Frage: Sind die Vereine noch zeitgemäß? Was machen erfolgreiche Vereine, wie zum Beispiel der in Meckelfeld anders?
Das "Starke Hollenstedt" hat alle seine Kraft verloren. Vor einem Monat war die Suche nach einem neuen Vorsitzenden erfolglos geblieben. Jetzt wird der Verein abgewickelt. Wie konnte es dazu kommen? Die Erklärungsversuche nach der Auflösung lassen sich dabei getrost auf andere Gewerbevereine in der Krise übertragen: Einige Unternehmer waren der Ansicht, dem Gewerbeverein fehle einfach ein großes Ziel, auf das es hinzuarbeiten gelte. Außerdem mache immer mehr Bürokratie sowohl den Mitgliedsbetrieben als auch dem Verein selbst das Leben schwer. Der Verein müsse den Service-Gedanken stärker betonen. Wer Beiträge zahlt, könne dafür auch etwas erwarten. Über all dem schwebte die große Frage: Wie zeitgemäß sind Gewerbevereine überhaupt?
Gerade für junge Unternehmer oder Gewerbetreibende, die in ganz spezifischen Branchen unterwegs sind, wirkt das Angebot der Vereine nämlich häufig wenig attraktiv. Nachwuchs-Unternehmer setzen dann lieber auf flexiblere Formen der Vernetzung, z.B über Soziale Netzwerke. Vorteil: Die Kommunikation geschieht in Echtzeit, erreicht einen großen Adressatenkreis und kommt ohne zeit- und arbeitsaufwendige Strukturen wie Vorstandssitzungen und Jahreshauptversammlungen, aus. So ähnlich sieht es zum Beispiel Ramona Bellmann. Die ausgebildete Modeschneiderin und Schnittdirektrice aus Seevetal gründete 2011 ein Startup, das eigendesignte Brautmoden und Abendkleider anbietet. Die junge Unternehmerin wurde 2015 dafür mit dem Gründerpreis der Wirtschaftsförderungsgesellschaft des Landkreises Harburg (WLH) ausgezeichnet. Klassische Gewerbevereine, sagt Ramona Bellmann, seien für sie wenig attraktiv. "Ich setze auf branchenspezifische Vernetzung im Hochzeitsbusiness. Außerdem kommuniziere ich viel über Instagram und Facebook", so die Designerin. Die Teilnahme an Unternehmerstammtischen in der Region habe ihr dagegen wenig gebracht. Ramona Bellmann: "Das liegt aber sicher auch an meiner doch sehr besonderen Branche."
Dass Gewerbevereine nicht zwangsläufig schrumpfen müssen, zeigt der Mittelstands- Gewerbeverein Meckelfeld, der seit Jahren leichte Mitgliederzuwächse verzeichnet. Gegründet wurde der Verein 1982 als Reaktion auf die Pläne, eine große SB-Markt-Kette in der Peripherie des Orts zu anzusiedeln. Einer, der damals den Verein mitgegründet hat und bis heute dabei ist, ist Siegfried Dalinger. Die Frage, ob der Verein noch zeitgemäß sei, stelle er sich auch schon mal, sagt Dalinger. Doch auch Dalinger, der Edeka-Märkte Meckelfeld, Hanstedt, Bendestorf, Over-Bullenhause und Hamburg führt, räumt ein, dass dem Verein die "großen Themen" fehlten. Allerdings bewege der Gewerbeverein sehr viel. Dalinger: "Ohne den Gewerbeverein gebe es keinen Herbstmarkt, keinen Weihnachtsmarkt und keine Weihnachtsbeleuchtung in Meckelfeld. Man kann auch sagen, der Verein ist für die Allgemeinheit da, das ist meiner Ansicht durchaus zeitgemäß." Mehr noch, folgt man Dalinger, dann sind es gerade diese Projekte, die nach außen wirken, die den Verein im Inneren zusammenhalten. Und mit noch einem Vorurteil räumt Dalinger auf: "Es ist einfach falsch, wenn immer gesagt wird, früher hätten sich mehr Leute engagiert. In Vereinen gibt es immer viele, die dabei sind und einige, die sich einbringen, das war auch früher so. In Meckelfeld sind es heute sogar mehr als in den Anfangsjahren."
So betrachtet gibt es also durchaus Hoffnung für die Gewerbevereine, vor allem wenn sie sich einbringen und öffentlich sichtbar werden.

Redakteur:

Mitja Schrader

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