Ruiniert durch Mietnomaden - Wie gegen säumige Zahler schützen?

Sperrmüll und Unrat ließen die "Mietnomaden" zurück
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mi. Hollenstedt. In der Auffahrt rostet ein Auspuff vor sich hin, im Vorgarten verrotten alte Autoreifen, an der Hauswand des Doppelhauses türmen sich Sperrmüll und Unrat, der Keller ist bis unter die Decke zugemüllt. Die Verursacher dieses Chaos sind längst verschwunden. Leidtragender ist Helmut Koopmann. Er ist der Eigentümer der Immobilie in Hollenstedt und er wurde, wie er sagt, Opfer von „Mietnomaden“.
Helmut Koopmann hatte das alte Bauernhaus geerbt, renoviert und es in zwei Wohneinheiten geteilt. Der Plan: Von den Mietzahlungen die Investitionskredite zu refinanzieren und im Alter abgesichert zu sein. Jetzt droht ihm der Ruin. „Meine Frau ist schwer krank, ich selbst bekomme nur Erwerbsminderungsrente, wir sind auf die Miete angewiesen“, sagt Helmut Koopmann. Wann in die Doppelhaushälfte wieder Mieter einziehen können, stehe in den Sterne. „Im Moment darf ich mein Eigentum nicht einmal betreten“. Auch wenn die Mietnomaden bereits ausgezogen sind, ist die Kündigung noch nicht rechtskräftig.
Rückblick: Vor zwei Jahren vermietete Koopmann die Doppelhaushälfte an eine Großfamilie. Das Paar mit sieben Kindern lebte von Stütze. Im vergangenen Jahr kam die Miete dann nur unregelmäßig und ab November überhaupt nicht mehr. Koopmann wandte sich deswegen an das Jobcenter. Dort erfuhr er, dass von dort aus das Geld immer pünktlich an die Familie gezahlt wurde. Der Rückstand beläuft sich laut Helmut Koopmann auf rund 8.000 Euro. Im Januar kündigt er seinen Mietern. „Sie sind dann in einer Nacht- und Nebelaktion abgehauen“, sagt er. Insgesamt schätzt er, dass er mit Entsorgung und Renovierung auf Kosten im fünfstelligen Bereich sitzen bleibt.
• Jan Stöver, Vorsitzender von Haus & Grund Buchholz, sagt dazu: Die Praxis der Jobcenter, die Kosten der Unterkunft grundsätzlich an die Leistungsbezieher und nicht direkt an die Vermietern zu zahlen, sei für Vermieter ein kaum zu kalkulierender monatlicher Unsicherheitsfaktor. Um sich vor Mietprellern zu schützen, empfehle er immer eine Bonitätsauskunft und eine aktuelle Gehaltsabrechnung zu fordern. Bewährt habe sich auch, beim Vorvermieter Auskünfte über den Bewerber einzuholen. Auf keinen Fall sollte man die Wohnungsschlüssel vor Unterzeichnung des Mietvertrags aushändigen. Grundsätzlich rät Stöver dazu, bei säumigen Mietern keine Kompromisse einzugehen. „So schnell wie möglich die Kündigung aussprechen. Rechtlich ist das nach zwei in Folge ausgebliebenen Monatsmieten möglich, länger sollte man auch nicht warten“, so Stöver.
Was viele Eigentümer vernachlässigen: Wenn die säumigen Mieter gegen die Kündigung juristisch vorgehen, kann es im schlimmsten Fall mehr als ein Jahr dauern, bis die Wohnung wieder vermietet werden kann. „Dann kommen schnell fünfstellige Summen zusammen“, sagt Jan Stöver. Ratsam sei daher auch der Abschluss einer Versicherung, die im Ernstfall diese Kosten übernehmen kann. Weiter bestehe die Möglichkeit, im laufenden Räumungsverfahren zu erwirken, dass der Mieter beim Gericht eine Sicherheitsleistung, hinterlegen muss. Kommt er dem nicht nach, sei ein beschleunigtes Räumungsverfahren möglich, dieses werde allerdings von den Gerichten nur in besonders schweren Fällen akzeptiert.
Kritiker warnen jedoch davor, alle sozial schwachen Mieter über einen Kamm zu scheren. Es handle sich bei Mietnomaden um ein Phänomen, das heftig aufgebauscht werde. Die Folge sei, dass es zum Beispiel für kinderreiche Familien immer schwieriger wird, eine Wohnung zu finden.
Helmut Koopmann ist diese Debatte egal. Er wird das nächste Mal ganz genau hinschauen, an wen er vermietet.

Was ist ein "Mietnomade"

Der Begriff „Mietnomade“ ist nicht klar definiert. Im allgemeinen versteht man darunter Mieter, die sich in eine Wohnung einmieten, ohne Miete zu zahlen, kurz vor der Zwangsräumung verschwinden und oft völlig verwahrloste Wohnungen zurücklassen. Wollte der Mieter niemals zahlen, handelt es sich rechtlich um die Straftat „Einmietbetrug“. Der Schaden, den Mietnomaden jährlich verursachen, schätzen Eigentümerverbände auf dreistellige Millionen-Beträge. Mietervereinigungen kritisieren das als völlig übertrieben. Eine Studie der Universität Bielefeld, die Einzelfälle untersuchte, beziffert die Schadenssummen auf eine Spanne, die von 5.000 bis 10.000 Euro reiche, in Einzelfällen aber auch bis zu 15.000 Euro betragen könne.

Redakteur:

Mitja Schrader

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