Adler-Mord in Balje: Niemand will es gewesen sein
Brieftaubenzüchter und Jäger aus Nordkehdingen distanzieren sich von Greifvogel-Tötungen
tp. Balje. Das Adlerweibchen, das Naturschützer von rund zwei Wochen leblos in seinem Horst in Balje-Hörne fanden, wurde durch eine Gewehrkugel getötet. Das ergab die Untersuchung des Berliner Leibniz-Instituts für Zoo- und Wildtierforschung. Das Loch im Rumpf des Seeadlers haben die Wissenschaftler als Schusskanal identifiziert, berichtet der Nordkehdinger Adlerbeauftragte Fritz Bechinger.
Nach dem Anschlag auf das Adlerweibchen, dem wenige Tage später die Vergiftung von zwei Mäusebussarden folgte, fehlt trotz der von Naturschutzorganisationen ausgesetzten Zeugenbelohnung von 10.000 Euro, die die Landesjägerschaft jetzt um weitere 2.000 Euro aufstockte, vom Täter jede Spur. Sowohl die örtlichen Taubenhalter als auch die Jäger distanzieren sich von den Straftaten.
Nach einem Hinweis aus Nordkehdingen, ein Brieftaubenzüchter könnte die Greife zum Schutz seiner wertvollen Tiere getötet haben, fragte das WOCHENBLATT bei Werner Busack (76) aus Geversdorf nach. Er ist Vorsitzender des Taubenzüchtervereins „Olympia“ und Mitglied der Brieftauben-Reisevereinigung Land Hadeln, die in Neuhaus eine Brieftauben-Sammelstation betreibt. Busack schließt einen Zusammenhang aus. Der Seeadler sei keine Bedrohung für die flinken und wendigen Brieftauben. Auch gegen Bussarde würden sich Brieftauben in der Regel erfolgreich zur Wehr setzen: „Sie fliegen im Schwarm auf den Bussard zu und schlagen ihn in die Flucht“, sagt der Vogelkenner. Natürliche Feinde der Brieftauben seien Sperber, Habichte und Falken.
Busack distanziert sich im Namen der Vereinsmitglieder aus moralischen Gründen von den Greifvogel-Tötungen: „Wir schießen nicht auf Tiere.“ Busack, der sich als Ex-Sportschütze mit Waffen auskennt, schließt angesichts der Schlagkraft der Kugel, die von unten den Adlerhorst durchdrang, und der Größe des Einschusslochs im Körper des Adlers, auf das Projektil einer großkalibrigen Jagdwaffe.
Der Biologe Bodo Koppe fand im Unterholz in der Nähe des Adlerhorstes eine Stelle mit heruntergetretenem Gras. Er hält es für möglich, dass sich der Todesschütze dort auf die Pirsch gelegt hat. Besondere Umstände wie ein schlecht zugängliches Gelände und die versteckte Lage des Adlerhorstes in einem Pappelwald geben Grund zu Annahme, dass der Täter ortskundig war.
Dirk von Thun, Leiter des rund 80 Mitglieder starken Hegeringes Kehdingen Nord der Jägerschaft Stade, verurteilt die Vorfälle. Er könne sich nicht vorstellen, dass ein Jäger für die Taten verantwortlich sei.
Die Staatsanwaltschaft Stade hat die Ermittlungen aufgenommen.
Redakteur:Thorsten Penz aus Stade |
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