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"Es gibt einfach keine Alternative"

"Die Baustellen verursachen viele Rückstaus", sagt Wilhelm Buhr,  Leiter des Autobahnpolizeikommissariates Winsen | Foto: as
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  • "Die Baustellen verursachen viele Rückstaus", sagt Wilhelm Buhr, Leiter des Autobahnpolizeikommissariates Winsen
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Interview mit Wilhelm Buhr, Leiter des Autobahnpolizei-Kommissariates Winsen, über die katastrophale Verkehrssituation im Landkreis Harburg

(as). Baustellen auf der A1, A7 und im Hamburger Stadtgebiet führen derzeit im morgendlichen Berufsverkehr zu Rückstaus bis in den Landkreis Harburg, Pendler müssen sich auf erhebliche Verspätungen einstellen. Welche Auswirkung das auch auf die Autobahnpolizei hat, das erklärt Wilhelm Buhr, Leiter des Autobahnpolizeikommissariates Winsen, im Interview mit WOCHENBLATT-Redakteurin Anke Settekorn.
WOCHENBLATT: Wie bewertet die Polizei die Verkehrssituation für Pendler in Richtung Hamburg?
Wilhelm Buhr: Insbesondere in den Morgenstunden ist die Verkehrssituation schwierig und angespannt. Das vorrangige Ziel der Autobahnpolizei ist es, die Sicherheit und Leichtigkeit im Verkehr herzustellen und den Verkehr zum Fließen zu bringen.
WOCHENBLATT: Welche Sperrungen behindern besonders den Verkehr aus dem Landkreis in Richtung Hamburg?
Wilhelm Buhr: Zurzeit sorgt vor allem eine Maßnahme im Hamburger Gebiet, die Baustelle auf der A1 in Fahrtichtung Norden, ab der Süderelbbrücke bis zum Autobahnkreuz Süd für erhebliche Verkehrsbeeinträchtigungen. Auch die Baustelle auf der A7 wirkt sich bis in den Landkreis aus.
WOCHENBLATT: Wurde die Polizei in die Baustellenplanung mit einbezogen?
Wilhelm Buhr: Ein Planungsstab, dem ich auch angehöre, koordiniert in Zusammenarbeit mit Hamburg und Schleswig-Holstein die Baumaßnahmen auf den Autobahnen. Dabei hat sich eine frühe Beteiligung der Polizei bewährt. Der Planungsstab plant etwa zwei Jahre im Voraus. Das Ziel ist es, den Verkehr trotz Baumaßnahmen möglichst am Fließen zu halten. Deshalb prüfen wir die Maßnahmen frühzeitig auf ihre Auswirkungen.
Z.B. war bei der Baustelle am Maschener Kreuz zuerst angedacht, den Verkehr unter der Brücke auf zwei Spuren zu beschränken. Die Verkehrsmenge ist dort aber so hoch, dass die Autofahrer bei nur zwei Fahrstreifen den ganzen Tag im Stau stehen würden. Deshalb haben wir uns in der Besprechung bereits frühzeitig dafür ausgesprochen, stattdessen drei eingeschränkte Spuren einzurichten, das wurde auch durchgesetzt. Eigentlich klappt die Absprache gut. Der Austausch findet statt, auch wenn es vielleicht in der Öffentlichkeit nicht immer so rüberkommt.
WOCHENBLATT: Wieso kommt es derzeit trotzdem zum Stau?
Wilhelm Buhr: Das Verkehrsnetz in Richtung Hamburg ist begrenzt. Es gibt nur zwei Achsen nach Hamburg. Diese Strecken weisen ohnehin eine starke Verkehrsbelastung auf. Auf der A1 ist der Verkehr von 99.100 Fahrzeugen pro Tag (2010) auf 103.400 Fahrzeuge (2015) gestiegen. Auf der A7 sind es jetzt täglich 58.400 Fahrzeuge statt 45.100 (2010). In Hamburg ist die einzige Möglichkeit, auf das Stadtnetz auszuweichen, und das ist auch an der Belastunggrenze.
Bei einem so stark frequentierten Netz kommt es bei einer Störung zwangsläufig zum Stau. Es gibt derzeit einfach keine Alternativen, außer vielleicht Hamburg weiträumig zu umfahren. Eine Entlastung des Verkehrsnetzes, z.B. durch die "Hafenspange", ist in den nächsten drei Jahren nicht zu erwarten.
Zusätzlich ist die A255 in Richtung Elbbrücken am Kreuz Süd zum Nadelöhr geworden, der Verkehr wurde auf einen Fahrstreifen verengt. Das merken wir dann auch hier bei uns, am Mittwoch hatten wir einen erheblichen Rückstau bis kurz vor Dibbersen. Kommt es dann noch zu einem Unfall und einer Vollsperrung, kommt das ohnehin angespannte Verkehrsnetz zum Erliegen.
WOCHENBLATT: Wieso sind im Moment auch Umleitungen häufig "dicht"?
Wilhelm Buhr: Das nachgeordente Straßennetz, also alle sonstigen Straßen außer Autobahnen, im Landkreis Harburg ist zu bestimmten Zeiten bereits von Haus aus stark belastet. Wenn dann noch zusätzlicher Verkehr hinzukommt, kann das zum Kollaps führen.
Deshalb ist es das polizeiliche Ziel, nach Möglichkeit den Verkehr gar nicht von der Autobahn in das nachgeordnete Netz zu leiten, sondern schnellstmöglich die Störstelle zu beseitigen oder zumindest eine eingeschränkte Verkehrsfreigabe von einzelnen Fahrstreifen herzustellen. Verhindern, dass die Fahrer sich Schleichwege abseits der Autobahn suchen, können wir aber nicht.
WOCHENBLATT: Kommt es durch die Baustellen/Umleitungen zu mehr Verkehrsunfällen?
Wilhelm Buhr: Ja. Wobei die Polizei in Zusammenarbeit mit den Straßenverkehrsbehörden bereits bei der Baustellenplanung intensiv darauf hinarbeitet, dass am Ende einer Baumaßnahme möglichst wenig Unfälle zu verzeichnen sind.
Und wir begleiten die Planung ständig weiter, versuchen sie zu optimieren. Z.B. waren auf einer Baustelle im Buchholzer Kreuz die Fahrstreifen zu eng. Pkw und Lkw fuhren auf zwei Spuren recht dicht nebeneinander. Das kann bei ängstlichen Fahrern zu Unsicherheiten führen. Jetzt achten wir darauf, dass die Fahrstreifen ausreichend breit sind.
Zusätzlich wird im Rahmen eines besonderen Störfallmanagementes mit der Feuerwehr, dem Rettungsdienst, den jeweiligen Straßenbaubehörden und den Leitstellen die Baustelle im Vorwege analysiert und ein Masterplan für die Störfallbeseitigung erarbeitet. Wir spielen vorab sämtliche Szenarien durch.
Auch wenn Autofahrer, die im Stau stehen, vielleicht anderer Ansicht sind: Unser vorrangiges Ziel ist es, die Sicherheit und Leichtigkeit im Verkehr herzustellen. Kommt es zu einem Unfall, setzen wir alles daran, den Verkehr schnellstmöglich wieder zum Fließen zu bringen. Denn sobald der Verkehr sich verlangsamt, steigt das Unfallrisiko, z.B. von Auffahrunfällen, am Stauende. Deshalb ist so wenig Stau wie möglich unser Ziel.
Ich möchte bei dieser Gelegenheit noch einmal an die Verkehrsteilnehmer appellieren, die Rettungsgasse zu bilden. Fahrer sollten die Rettungsgassenposition schon dann einnehmen, wenn der Verkehr noch rollt und nicht warten, bis der Verkehr steht. Erschreckend ist, dass viele Fahrer, nachdem der erste Rettungswagen durchgefahren ist, die Rettungsgasse wieder auflösen. Kommt dann der zweite Rettungswagen angefahren, müssen sie dann rangieren, um wieder die Gasse zu bilden, und wertvolle Zeit geht verloren.
WOCHENBLATT: Haben Sie Tipps für Hamburg-Pendler?
Wilhelm Buhr: Wer nicht unbedingt fahren muss, sollte die Zeiten von Verkehrsspitzen, z.B. den morgendlichen Berufsverkehr von 6 bis 9.30 Uhr, meiden. Zusätzlich sollte man Verkehrsinfos abrufen. Bevor ich morgens losfahre, schaue ich auf einer App nach, ob auf der Autobahn Stau herrscht und mit wieviel Verspätung zu rechnen ist. Viele der gängigen Routenplaner bieten kostenlos eine Stauübersicht, teilweise auch mit Zeitangabe, an. Wenn die Verspätung bei rund 20 Minuten liegt, lohnt es sich in der Regel nicht, über Land auszuweichen, da man durch den Umweg oft länger unterwegs ist als man mit dem Stau braucht. Beträgt die voraussichtliche Verspätung aber 40 Minuten und mehr, z.B. bei einer Vollsperrung, schaue ich nach Alternativrouten - oder ich verschiebe den Termin.
WOCHENBLATT: Und noch eine persönliche Frage: Gibt es ein Stau-Erlebnis, das Ihnen besonders im Gedächtnis geblieben ist?
Wilhelm Buhr: Vor ein paar Jahren geriet auf der A7 an der Anschlussstelle Garlstorf in Fahrtrichtung Norden ein Autotransporter in Brand. Die Löscharbeiten waren aufwendig und zogen sich über Stunden. Die Fahrbahn musste vollständig gesperrt werden, bis sichergestellt war, dass das Feuer gelöscht ist. Die Fahrzeuge standen auf allen drei Spuren im Stau mit Blick auf die Einsatzstelle. Da bat mich ein Mann, sein Fahrzeug durchzulassen. Seiner hochschwangeren Frau ging es offensichtlich nicht gut, er wollte mit ihr ins Krankenhaus fahren. Bei dem Stau wäre kein Rettungswagen schnell genug da gewesen. Also habe ich in diesem Notfall ausnahmsweise das Auto der beiden an der Unfallstellstelle vorbei geführt. Unglaublich, wie ich daraufhin von den anderen Verkehrsteilnehmern beschimpft wurde. Die aufgebrachten Fahrer beschwerten sich, dass ich dieses eine Auto aus dem Stau geholt hatte, sie hätten schließlich auch Termine einzuhalten. Mit so einem egoistischen Verhalten der anderen Verkehrsteilnehmer hatte ich nicht gerechnet.

Im Stau richtig verhalten

Der ADAC hat folgende Tipps für das Verhalten im Stau zusammengestellt:
• Rettungsgasse bilden: Die Rettungsgasse muss gebildet werden, sobald der Stau entsteht, also auch schon bei stockendem Verkehr. Die Rettungsgasse wird immer zwischen dem linken und den übrigen Fahrstreifen gebildet. Wer sich nicht daran hält, muss mit einem Bußgeld von mindestens 200 Euro rechnen.
• Standstreifen frei halten: Der Standstreifen bleibt auch im Stau frei. Nur im Notfall, z.B. bei einer Panne, oder wenn Verkehrszeichen es erlauben, darf der Standstreifen befahren werden. Wer die Standspur nutzt, um z.B. am Stau vorbei schnell zur Raststätte zu fahren, riskiert ein Bußgeld von 75 Euro und einen Punkt.
• Telefonieren verboten: Solange der Motor läuft, ist das Telefonieren ohne Freisprechanlage strikt verboten, das gilt auch im Stau. Wer beim Telefonieren erwischt wird, muss mit einem Bußgeld von 100 bis 200 Euro, zwei Punkten und einem Fahrverbot rechnen.
• Ab durch die Mitte: Auch wenn die Verlockung groß ist, dürfen sich Motorradfahrer nicht zwischen den anderen Verkehrsteilnehmern hindurchschlängeln. Wer es trotzdem tut, riskiert eine Geldbuße von 100 Euro und einen Punkt.
• Beine vertreten: Auf der Autobahn auszusteigen ist laut Straßenverkehrsordnung auch im Stau nicht erlaubt. Steht der Verkehr allerdings für lange Zeit, z.B. bei einer Vollsperrung, wird ein kurzes Aussteigen und Beine vertreten vermutlich von der Polizei toleriert.

"Die Baustellen verursachen viele Rückstaus", sagt Wilhelm Buhr,  Leiter des Autobahnpolizeikommissariates Winsen | Foto: as
In den Morgenstunden kommt derzeit regelmäßig der Verkehr in Richtung Hamburg zum Erliegen | Foto: ADAC Maps
Redakteur:

Anke Settekorn aus Jesteburg

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