Jetzt sind die Genossen am Drücker

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463.723 SPD-Mitglieder entscheiden in den kommenden zwei Wochen über das Zustandekommen der Großen Koalition

(kb). Der Koalitionsvertrag zwischen Union und SPD auf Bundesebene steht, die Ministerien sind verteilt - ob die Große Koalition in Berlin aber tatsächlich kommt, ist noch nicht entschieden. Klarheit wird die Befragung der insgesamt 463.723 SPD-Mitglieder bringen, die in den kommenden Wochen ansteht. Echte Begeisterung über das Ergebnis der teils zähen Verhandlungen in Berlin will derzeit weder bei der Union noch bei der SPD aufkommen. Umso gespannter blicken alle Beteiligten auf die Stimmung unter den Genossen.
Wir haben bei SPD-Mitgliedern in den Landkreisen Harburg und Stade nachgefragt. Werden sie für oder gegen die GroKo stimmen und weshalb?

Prof. Dr. Jens-Rainer Ahrens aus Asendorf (Samtgemeinde Hanstedt), seit 1965 in der SPD: „Der Koalitionsvertrag enthält eine ganze Reihe von sozialdemokratischen Positionen, ausgezeichnet finde ich z.B. die stärkere Beschränkung von befristeten Arbeitsverhältnissen, die stärkere Förderung im Bildungsbereich und die Aussagen zur Europa-Politik. In der Gesamtschau führt das dazu, dass meine Bedenken in den Hintergrund treten - ich werde zustimmen. Bei der Diskussion in unserem Ortsverein haben sich aber auch anderslautende Entscheidungen abgezeichnet.“

Bernhard Augustin, SPD-Ratsherr aus Stade, seit fünf Jahren auf SPD-Liste in der Kommunalpolitik aktiv, aber erst seit diesem Jahr SPD-Mitglied: „Ich persönlich war nie ein Freund davon, nicht in eine Große Koalition einzutreten. Abzusteigen, um sich zu erneuern, macht keinen Sinn. Nachdenklich stimmen mich aber die schlechten Umfragewerte. Ich bin schon der Meinung, dass die SPD in den vergangenen Jahren viele gute Projekte angeschoben hat.“

Jürgen Beyer, SPD-Ortsvereinsvorsitzender aus Garstedt (Samtgemeinde Salzhausen), seit 1981 in der SPD: „Ich werde gegen die Große Koalition stimmen, weil mich das Ergebnis der Koalitionsverhandlungen nicht überzeugt. Es gab einige „rote Linien“, die unterschritten wurden, z.B. bei der angestrebten Bürgerversicherung, aber auch bei den befristeten Arbeitsverträgen. Meiner Meinung nach hat sich die SPD diese Ziele durch Ministerien abkaufen lassen. Dennoch glaube ich, dass es eine Mehrheit für die GroKo geben wird.“

Horst Subei, SPD-Ratsherr aus Buxtehude und seit zehn Jahren Mitglied der Partei: „Die SPD kann mit den Ergebnissen zufrieden sein. Besonders, weil sie drei wichtige Ministerien bekommen hat. Etwas dürftig sind zwar die Ergebnisse bei Befristungen von Arbeitsverträgen und der Bürgerversicherung, doch unterm Strich können wir zufrieden sein. Ich stimme daher für den Koalitionsvertrag. Was ich aber nicht gut finde, ist, dass Schulz Außenminister und dafür Gabriel ‚in die Wüste geschickt‘ wird.“

Frank Piwecki, SPD-Ratsherr aus Buchholz und seit 1983 in der Partei: „Ich habe mich schon relativ früh dafür entscheiden, für die Koalition zu stimmen, auch wenn nicht alle Kompromisse zu meiner Zufriedenheit ausgehandelt wurden. Die Regelung bei den befristeten Arbeitsverhältnissen geht nicht weit genug und bringt wenig, auch die Bürgerversicherung kommt nicht - da hätte man vielleicht mehr erreichen können. Zufrieden bin ich mit den geplanten Investitionen im sozialen Wohnungsbau, auch die Gleichstellungspolitik wird vorangebracht - das ist erfreulich. Grundsätzlich bin ich aber nicht sicher, ob das Verfahren überhaupt fair ist. Als SPD-Mitglied freue ich mich, dass ich gefragt werde - als Bürger sehe ich das durchaus kritisch.“

Timea Baars, SPD-Ratsfrau aus Neu Wulmstorf, seit 2013 in der Partei: „Ich bin gegen die Große Koalition: Mir fehlt, dass Weichen für die Zukunft gestellt werden, Beispiel Rentenpolitik: Hier gibt es keine große Zukunftsvision, sondern nur kleine Änderungen. Außerdem finde ich es frustrierend, dass es erst heißt, es werde keine GroKo geben - und jetzt plötzlich doch. Martin Schulz wollte kein Amt übernehmen, auch das hat sich geändert. Das finde ich unglaubwürdig. Außerdem frage ich mich, was ein Heimatministerium soll. Da gibt es wichtigere Themenfelder, die angepackt werden müssen, zum Beispiel ein Ministerium für Digitalisierung. Dazu kommt eine gewisse Unehrlichkeit bei Änderungen, Beispiel: Abschaffung des Kooperationsverbotes. Das ist im Grundgesetz verankert und für eine Änderung bedarf es einer Zwei-Drittel-Mehrheit. So etwas sollte unter Vorbehalt beschlossen werden.“

Erwin Cordes, SPD-Ratsherr in Harsefeld und seit 53 Jahren Genosse: „Grundsätzlich bin ich seit jeher wenig davon begeistert, wenn mal wieder eine Große Koalition gebildet wird. Dennoch muss sich die SPD der Realität stellen. Neuwahlen würden kein anderes Ergebnis bringen und nur den Parteien an den politischen Rändern nützen. Von dem Gerede, unsere Partei könne sich nur in der Opposition erneuern, halte ich nicht viel. Wer sich in der Regierungsverantwortung befindet, hat viel mehr Möglichkeiten, die Gesellschaft zu gestalten. Am liebsten wären mir aber klare Verhältnisse im Land: Eine Partei regiert mit knapper Mehrheit, die anderen betreiben konstruktive Oppositionspolitik.“

Frauke Bai, SPD-Ratsfrau aus Seevetal und seit 1989 in der Partei: „Ich war am Anfang sehr dafür, in die Opposition zu gehen. Nachdem die Jamaika-Koalition nicht zustande gekommen ist, finde ich es aber richtig, dass die SPD politische Verantwortung übernimmt. Ich glaube, das erwarten die Bürger auch. Neuwahlen will kaum jemand. Ich werde also für die Große Koalition stimmen, auch wenn bei den Verhandlungen sicher nicht all unsere Ziele erreicht werden konnten. Aber man wünscht sich immer mehr.“

Das steht im Koalitionsvertrag:

Bildung - Änderung des Grundgesetzes, damit der Bund sich stärker am Ausbau von Ganztagsschulen beteiligen kann; Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung; sechs Milliarden Euro für ein Bildungs-, Digital- und Forschungspaket
Arbeitsmarkt - Begrenzung der sachgrundlosen Befristung von Arbeitsverträgen auf eineinhalb statt zwei Jahre; Abschaffung von Kettenbefristungen; Rückkehrrecht von Teilzeit in Vollzeit für Firmen ab 45 Mitarbeitern
Rente - Stabilisierung des Rentenniveaus bis 2025 bei mindestens 48 Prozent und des Beitragssatzes bei maximal 20 Prozent; Ausweitung der Mütterrente
Familien - das Kindergeld steigt um 25 Euro pro Kind und Monat; Anstieg des Kinderfreibetrags sowie des Kinderzuschlags für Einkommensschwache; Verankerung der Kinderrechte im Grundgesetz
Wohnen - zwei Milliarden Euro fließen in den sozialen Wohnungsbau; Familien profitieren vom „Baukindergeld“, um die Eigentumsbildung zu fördern; Verschärfung der Mietpreisbremse; Reform der Grundsteuer
Gesundheit und Pflege - es soll geprüft werden, wie die Honorare für Ärzte für die Behandlung von gesetzlich und privat Versicherten angeglichen werden können, Vorschläge sollen bis 2019 vorliegen; Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung sollen zu gleichen Teilen von Arbeitnehmern und -gebern gezahlt werden; Verbesserung von Arbeitsbedingungen und Bezahlung in Altenheimen und Kliniken
Digitalisierung - bis 2025 flächendeckende Gigabit-Netze; zehn bis zwölf Milliarden Euro fließen in den kommenden Jahren in den Breitbandausbau
Europa - Stärkung des Europäischen Parlaments und der Arbeitnehmerrechte in der EU; gerechte Besteuerung von Internetgiganten
Finanzen - schrittweise Abschaffung des Solidaritätszuschlags; Haushaltsziel „Schwarze Null“; acht Milliarden Euro bis 2021 für die Länder für Flüchtlingskosten
Flüchtlinge - der Zuzug von Flüchtlingen soll die Zahl 220.000 pro Jahr nicht überschreiten; Asylverfahren sollen künftig in zentralen Einrichtungen stattfinden; der Nachzug von Familienangehörigen von Flüchtlingen soll begrenzt werden
Inneres - der Verfassungsschutz soll gestärkt werden und in den Behörden sowie in der Justiz Tausende zusätzliche Stellen geschaffen werden; Programme gegen politischen oder religiösen Extremismus sollen ausgebaut werden
Umwelt - das Klimaschutzziel für 2030 soll erreicht und eneuerbare Energien schneller ausgebaut werden
Verkehr - die Angebote im Bahnverkehr sollen deutlich ausgebaut und Investitionen beschleunigt werden.

So läuft das Mitglieder-Votum:

Beim Mitgliedervotum werden alle 463.723 SPD-Mitglieder befragt. Einzige Voraussetzung für eine Mitgliedschaft ist die Vollendung des 14. Lebensjahres, die deutsche Staatsbürgerschaft ist nicht notwendig. Die Abstimmungsunterlagen werden bis zum 20. Februar versandt, Auslandsmitglieder können ab dem 20. Februar online abstimmen. Stichtag für die Einsendung der Abstimmungsunterlagen ist der 2. März. Die Auszählung und Bekanntgabe des Ergebnisses soll am 4. März erfolgen. Damit das Votum gültig ist, müssen sich mindestens 20 Prozent der Stimmberechtigten beteiligen. Dann ist das Ergebnis bindend.

Redakteur:

Katja Bendig aus Seevetal

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