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"Autisten fallen durch das Raster"

Finn Ole hilft seinem Vater gerne bei handwerklichen Arbeiten
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Foto: Helena GARCIA@AdobeStock.com

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Mutter aus Himmelpforten enttäuscht: Geistig behinderter Sohn (12) machte kaum Fortschritte an der Förderschule in Stade

tp. Himmelpforten. Desillusioniert blickt Kristina Paulsen (43) aus Himmelpforten auf die bisherige Schullaufbahn ihres autistischen Sohnes Finn Ole (12) zurück. Nach den von Schwierigkeiten begleiteten fünfeinhalb Jahren, die der frühkindliche Autist mit geistiger Beeinträchtigung an der Förderschule in Stade-Ottenbeck verbrachte, sagt die Mutter: Die politisch gewollte Gleichbehandlung und Einbindung andersartiger Menschen im Sinne der Inklusion habe versagt. Und: "Autistische Kinder fallen an Förderschulen durchs Raster."

Bei Finn Ole ist früh Autismus diagnositziert worden. Autismus ist eine eine tiefgreifende Entwicklungsstörung. Autisten haben in der Regel Schwierigkeiten im sozialen Umgang, bei der sprachlichen und nicht-sprachlichen Verständigung, zeigen eingeschränkte Interessen mit stereotypen, sich wiederholenden Verhaltensweisen.

Bis vergangenes Jahr besuchte Finn Ole die "Förderschule geistige Entwicklung" in Stade, erhielt dort Einzelbetreuung durch einen qualifizierten Schulbegleiter. Dennoch habe es die Schule nicht geschafft, ihn entsprechend seiner Möglichkeiten vor allem in der sozialen Interaktion zu fördern, kritisiert Kristina Paulsen.

Die Mutter räumt krankheitsbedingte besondere Umstände ein, die auch die vierköpfige Familie im Alltag vor große Herausforderungen stelle: Finn Ole wird in besonderen, für ihn belastenden Ausnahmesituationen gegenüber seinen Mitmenschen gewalttätig. Auf Übergriffe gegenüber Mitschülern und Lehrern reagierte die Schule laut Kristina Paulsen mehrfach mit Ordnungsmaßnahmen: Finn Ole durfte die Schule vorübergehend nicht besuchen. Nachdem im vergangenen Jahr der Schulbegleiter aufgrund hoher emotionaler Belastung kündigte und Finn Ole ohne Schulbegleitung nicht zum Unterricht erscheinen durfte, wurde letztlich die Beschulung Finn Oles in beiderseitigem Einverständnis beendet.
Inzwischen besucht Finn Ole die Tagesbildungsstätte in Selsingen (Landkreis Rotenburg), wo man sich auf die Betreuung autistischer Kinder spezialisiert hat.

Kristina Paulsen ist enttäuscht von der Stader Förderschule: "Es ist ein Armutszeugnis, dass es eine Schule, die sich auf Kinder mit speziellem Förderbedarf einstellt, nicht schafft, auf diese Kinder individuell einzugehen." Zahlreiche Gespräche, auch mit der Beratungseinrichtung Autismus-Therapzentrum der "Börne" Stade, habe nicht den gewünschten Erfolg gebracht. "In den fünf Jahren hat er kaum etwas gelernt."

Ihr Sohn könne weder lesen noch schreiben und rechnen und spreche lediglich Ein- bis Zwei-Wort-Sätze. Der schwerbehinderte Junge trägt noch Windeln. Dabei wünscht sich Kristina Paulsen - wie jede Mutter - nur das beste für ihr Kind. Denn auch Finn Ole habe gute Seiten und Begabungen: "Finn kann toll und ansteckend lachen, ist freundlich, aber auch körperlich stark und hat in seinem Rahmen eine besondere Auffassungsgabe." Er mag Puzzle, spielt gerne mit Lego-Steinen und Spielzeugautos, hilft seinem Vater beim handwerklichen Arbeiten und im Haushalt. Seit Kurzem kann er sich selbstständig ankleiden. "Und er will lernen", ist seine Mutter überzeugt.

Kristina Paulsen ist Mitglied der Stader Selbsthilfegruppe Autismus und Moderatorin des Selbsthilfe-Forums Autismus-Forum Deutschland.

• Die Leiterin der Förderschule, Frauke Thews, möchte und darf aus Gründen des Persönlichkeits- und Datenschutzes keinen Kommentar zu dem Einzelfall geben.

• http://www.autisten-kinder.com

"Bitte keine Schuldzuweisungen"
(tp). Stefanie Mencke, Geschäftsführerin der Gemeinnützigen Gesellschaft für Soziale Dienste, "Die Börne", die Trägerin des Autismus-Therapiezentrums ist, darf aus Datenschutzgründen keine Auskunft zu Einzelfällen erteilen. Sie rät in jedem Fall von Schuldzuweisungen ab. In der Regel würden sich alle Beteiligten von Familie über Schule bis Hilfseinrichtungen nach Kräften bemühen und trotzdem nicht selten an ihre Grenzen stoßen. Mencke verweist überdies auf hohe Kosten für die Betreuung der an Autismus erkrankten Menschen.
Umso mehr freut sich die "Börne"-Chefin über den positiven Förderbescheid über 120.000 Euro für Personalkostenförderung ambulanter Wohnbetreuung für Autisten. Die "Aktion Mensch" stellt das Geld noch in diesem Jahr für Projekte im Landkreis Stade zur Verfügung.

Redakteur:

Thorsten Penz aus Stade

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