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Er macht Tiere zu Stars - WOCHENBLATT-Sommer-Interview mit Tiertrainer Marco Heyse

Marco Heyse mit dem Waschbär-Jungen Billy
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(bim). Während der kommenden Wochen präsentiert Ihnen das WOCHENBLATT, liebe Leserinnen und Leser, jeden Samstag das große Sommerinterview. Menschen aus der Region geben spannende Einblicke in ihr Leben, sei es beruflich oder privat. Heute: Marco Heyse (42), Deutschlands erfolgreichster Tiertrainer.
WOCHENBLATT: Hatten Sie schon als Kind Haustiere? Wenn ja, welche?
Marco Heyse: Ich bin in Gifhorn geboren und ganz normal auf dem Dorf mit Hund und Katze aufgewachsen. Auch ein paar Mäuse und einen Wellensittich hatte ich mal.
WOCHENBLATT: Wie wurden Sie hauptberuflicher Tiertrainer?
Marco Heyse: Nach der Hauptschule habe ich eine Elektriker-Lehre begonnen. Kurz vor meinem 18. Geburtstag habe ich gewechselt und mich in einer Filmtierschule bei Braunschweig zum Tierpfleger ausbilden lassen. Dafür hatte ich offensichtlich ein Talent. Als ich nach Hamburg zog, fing ich an, Hunde für Privatleute auszubilden und ließ mich ins Branchenbuch für Filmschaffende eintragen. Internet gab‘s ja noch nicht. Mit Anfang 20 habe ich mich selbstständig und 1997 den ersten Spielfilm gemacht, „Der Hund aus der Elbe“ im ZDF.
WOCHENBLATT: Wofür werden die von Ihnen trainierten Tiere eingesetzt?
Marco Heyse: Vorrangig für Fernsehfilme, auch mal für Fotoshootings für Werbung oder Kinofilme. 2014 habe ich mit Schauspieler Wotan Wilke Möhring und einem Schaf einen Roadmovie in Norwegen gedreht. Anfang dieses Jahres spielten unsere Tiere bei „Pettersson und Findus“ mit. Der Einsatz reicht vom Dackel, der im „Tatort“ eine Leiche im Busch findet, bis zum tierischen Hauptdarsteller wie einem Jack Russel-Terrier in der TV-Serie „Da kommt Kalle“ oder dem Australian Shepherd „Bobby“ als Hund „Timmy“ im Kinofilm „Fünf Freunde“. In der Werbung machen wir sehr viel für Tchibo und Lidl.
WOCHENBLATT: Nennen Sie uns ein Beispiel.
Marco Heyse: Zum Beispiel bei Tierspielzeug und Leinen mit Tieren auf der Produktverpackung und für Flyer.
WOCHENBLATT: Wie bekommen Sie die Aufträge?
Marco Heyse: In der Regel rufen Werbeagenturen oder Filmproduzenten bei uns an, die ein bestimmtes Tier brauchen, das eine bestimmte Leistung erbringen muss. Ich führe dann ein Tier vor. Es kann sein, dass das dann nicht gefällt, dass ein Hund struppiger sein soll oder ein Pferd einer bestimmten Rasse verlangt wird. Dann kommen Castingtage hinzu, an denen ich Tiere caste, die infrage kommen.
WOCHENBLATT: Was geschieht mit den tierischen Stars, wenn Serien und Filme abgedreht sind?
Marco Heyse: Wir versuchen mit Tieren zu arbeiten, die ein gutes Zuhause haben. Die holen wir zum Arbeiten ab. Und die haben dann wie Herrchen oder Frauchen einen ganz normalen Arbeitstag. Die Tiere mögen das. Sie stehen den ganzen Tag im Mittelpunkt und kriegen Leckerlies. Wenn ich Hunde abhole, höre ich manchmal: „So freut er sich nicht mal, wenn mein Mann nach Hause kommt.“ Aber es müssen schon Haudegen sein, die Lust dazu haben, keine ängstlichen Tiere.
Tiere, die für ihre Rollen von uns von Hand aufgezogen werden, werden in ein gutes Zuhause vermittelt oder bleiben bei uns.
WOCHENBLATT: Sie haben für diverse TV- und Filmproduktionen Tiere trainiert und mit vielen Stars zusammengearbeitet. Welcher Dreh hat Ihnen am meisten Spaß gemacht, welcher gar nicht?
Marco Heyse: Manche Sachen sind toll, manche Pflicht. Derzeit arbeiten wir mit Begeisterung für die NDR-Krimireihe „Nord bei Nordwest“. Die Darsteller sind alle nett und haben unseren Tieren gegenüber keine Berührungsängste.
In der NDR-Reihe „Neues aus Büttenwarder“ sind wir seit zehn Jahren mit Hühnern und einer Ziege dabei. Da ist die Arbeit wie ein Familientreffen, das macht Spaß.
Auch „Nils Holgersson“ war eine traumhafte Produktion mit einem tollen Team und vielen unserer Tiere. Da wird man als Tiertrainer ganz anders wahrgenommen, als wenn bei einem Dreh eine Katze im Hintergrund Milch süppelt. Es ist eine schöne Bestätigung, wenn ein Plan aufgeht, nachdem man ein Tier monatelang trainiert hat.
Nervig wird es, wenn mehrere Takes nötig sind, bei denen die Tiere „funktionieren“, und ein Schauspieler jedes Mal über seinen Text stolpert oder sich von Satz zu Satz hangelt und dann dem Hund die Schuld gibt, wenn er nur einmal einen Fehler macht. Das kommt zum Glück nicht oft vor, die meisten Schauspieler sind sehr professionell.
WOCHENBLATT: Wieviel verdienen Sie mit Ihrer Arbeit?
Marco Heyse: Reich wird man davon nicht. Wir haben im Monat einige Tausend Euro an Kosten. Wir haben zwei Angestellte und unheimlich hohe Fahrtkosten von 2.000 bis 3.000 Euro im Monat. Auch im Winter, wenn wir nichts verdienen, weil da wenig gedreht wird, fallen Kosten an. Leider schmeißen die Produktionen auch nicht mit Geld um sich. Das ist jedes Mal eine Riesen-Feilscherei.
WOCHENBLATT: Wie oft im Jahr sind Sie für Dreharbeiten unterwegs?
Marco Heyse: Ich bin die Hälfte des Jahres unterwegs, überwiegend in Hamburg, aber auch im umliegenden Ausland wie Spanien, Norwegen, Dänemark, Skandinavien, Rumänien und der Schweiz. 2014 war ich für zwei Monate in Tunesien, davor drei Monate in Thailand.
WOCHENBLATT: Wie kommt Ihre Familie mit Ihrem Beruf zurecht?
Marco Heyse: Wenn ich nicht da bin, muss meine Frau alles meistern und gucken, dass alles läuft. Sie macht auch die Buchhaltung. Wenn es sein muss, ist sie auch zur Stelle und springt bei Dreharbeiten bei der Tierbetreuung ein.
WOCHENBLATT: Wieviele Tiere haben Sie derzeit?
Marco Heyse: Etwa 150 Tiere, vor allem Hunde sowie Katzen, Waschbären, Füchse, Damwild, einen Raben, Falken, Eulen, Kleingetier wie Hamster und Mäuse sowie die Bauernhofbesetzung: Schweine, Ziegen, Hasen und Gänse.
WOCHENBLATT: Was sind Ihre nächsten Projekte?
Marco Heyse: In Vorbereitung ist der Film „Neben der Spur“ mit Ulrich Nöthen. Mit ihm haben wir auch den ersten Teil von „Pettersson und Findus“ gedreht. Im zweiten Teil wirken unsere Tiere auch mit, allerdings mit einem anderen Hauptdarsteller. Außerdem drehen wir den Fernsehfilm „Alles Klara“.
WOCHENBLATT: Sie haben bereits mit US-Stars wie Jeff Goldblum und Willem Dafoe gearbeitet. Gibt es weitere Anfragen aus Hollywood?
Marco Heyse: Ausländische Produzenten rufen nicht an, wenn sie in Hollywood drehen, aber wenn Hollywood bei uns in Deutschland dreht. So wie bei dem Film „Wer ist Hanna“, in dem unser Schäferhund mitspielte. Wenn so ein Anruf kommt, ist das eine schöne Bestätigung. Da freue ich mich.
WOCHENBLATT: Herr Heyse, vielen Dank für das Gespräch.

Zur Person

Marco Heyse lebt mit seiner Frau Manja, den Kindern Malia (9), Mano (6) und Mavi (2) sowie ca. 150 Tieren auf einem 1,5 Hektar großen Waldgrundstück in Wenzendorf (Samtgemeinde Hollenstedt). Seine tierischen Darsteller sind aus vielen TV- und Filmproduktionen wie „Neues aus Büttenwarder“ und „Fünf Freunde“ bekannt. Aber auch bei Hollywood-Produktionen waren seine Vier- und Zweibeiner mit Fell und Federn schon gefragt.

Redakteur:

Bianca Marquardt aus Tostedt

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