Maut auf Bundesstraßen: Mindestens zwei Milliarden Euro Mehreinnahmen

In dieser Woche wurde die Maut-Kontrollsäule an der B3 bei Welle (Samtgemeinde Tostedt) installiert, eingerichtet von Markus Fuß (li.) und Manuel Nilsson
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  • In dieser Woche wurde die Maut-Kontrollsäule an der B3 bei Welle (Samtgemeinde Tostedt) installiert, eingerichtet von Markus Fuß (li.) und Manuel Nilsson
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Foto: Helena GARCIA@AdobeStock.com

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(bim). Hilft diese Maßnahme, um den Schwerlastverkehr auf den Bundesstraßen zu reduzieren? Zum 1. Juli wird die Maut für alle Fahrzeuge ab 7,5 Tonnen zulässigem Gesamtgewicht auch auf alle Bundesstraßen ausweitet. Expertenschätzungen gehen davon aus, dass dann weitere rund 30.000 Unternehmen unter die Mautpflicht fallen. "Neben Logistikunternehmen, die im Nahverkehr unterwegs sind, sollten sich auch Unternehmen aus anderen Branchen frühzeitig informieren, ob ihre Fahrzeuge unter die Mautpflicht fallen", rät das Unternehmen "Toll Collect", das im Auftrag des Bundes das Mautsystem betreibt.
Die propagierte Idee der Lkw-Maut, die 2005 zunächst auf Deutschlands Autobahnen eingeführt wurde: Straßensanierungen und -ausbau sollen möglichst nicht zulasten der Steuerzahler gehen, sondern von denen bezahlt werden, die die Verkehrsinfrastruktur nutzen und stark beanspruchen. Im Jahr 2016 spülte die Maut Rekordeinnahmen von 4,63 Milliarden Euro in die Bundeskasse. Davon wurden rund 3,4 Milliarden Euro der Gesamtinvestitionen von 7,3 Milliarden Euro in Autobahnen und Bundesstraßen investiert, der Rest u.a. für die Erhebung und Kontrolle der Maut verwendet.
Wenn im Juli alle insgesamt 40.000 Kilometer Bundesstraßen für Lkw mautpflichtig sind, rechnet das Bundesverkehrsministerium mit Mehreinnahmen von jährlich zwei Milliarden Euro.
Um zu kontrollieren, ob ein Fahrzeug mautpflichtig ist und die Gebühr korrekt entrichtet wird, installiert "Toll Collect" derzeit an den Bundesstraßen nach und nach bundesweit 600 Kontrollsäulen. Die blauen, vier Meter hohen Pfosten dienen ausschließlich der Mautkontrolle und blitzen keine Geschwindigkeitssünder, wie von vielen Kraftfahrzeugführern bereits befürchtet, als jetzt an der B3 bei Welle (Samtgemeinde Tostedt) eine der ersten Säulen aufgebaut wurde.
Während viele Bürger und Bürgermeister durch die neue Maut auf eine Entlastung vom Schwerlastverkehr hoffen, fürchten andere Kommunen, dass die Brummis dann auf Landes- und Kreisstraßen ausweichen könnten.

Kommunen hoffen auf Entlastung
vom Lkw-Ausweichverkehr

(bim/bc). Welche zum Teil drastischen Folgen der Lkw-Ausweichverkehr haben kann, zeigt ein bekanntes Beispiel aus dem Landkreis Harburg. Gemeint ist die B75. Am Trelder Berg nahm der Lkw-Verkehr im ersten Halbjahr der Mauteinführung auf Autobahnen im Jahr 2005 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum am Tag um 58,3 Prozent und nachts um 86,3 Prozent zu und war damit Spitzenreiter bei den niedersachsenweit ermittelten Werten an Dauerzählstellen.
Besonders betroffen sind vom Autobahn-Ausweichverkehr die Bürger in der Tostedter Ortsdurchfahrt. Der damalige Samtgemeinde-Bürgermeister Heinz Oelkers hatte daher bereits im April 2005 einen Brandbrief an den früheren Bundesverkehrsminister Manfred Stolpe geschrieben und auf die Problematik hingewiesen, wurde aber nicht gehört. Umso stärker setzte man in den vergangenen Jahren die Hoffnung in eine Umgehungsstraße, die jedoch im Bundesverkehrswegeplan (BVWP) 2030 herabgestuft worden war.
"Ich begrüße, dass nun die Maut auf Bundesstraßen kommt", sagt Tostedts amtierender Samtgemeinde-Bürgermeister Dr. Peter Dörsam. "Nur auf Autobahnen Maut zu verlangen, war ein Fehl-Anreiz und hat den Lkw-Verkehr erst vermehrt auf die Bundesstraßen getrieben. Eigentlich müsste die Maut auf Bundesstraßen höher sein, weil die Menschen dort stärker vom Lkw-Verkehr beeinträchtigt sind", so Dörsam. Er geht davon aus, dass es durch die Mauteinführung eine Verbesserung gibt und zumindest der überregionale Lkw-Verkehr wieder verstärkt Autobahnen nutzt. Die Gefahr, dass die Brummis dann auf Landes- und Kreisstraßen ausweichen, sieht er für die B75 und B3 zumindest nicht. "Parallel dazu gibt es keine sinnvolle Alternative", sagt er.
• Im Landkreis Stade gibt es ebenfalls zahlreiche Kommunen, die unter zunehmendem Lkw-Verkehr leiden. Eine ist die Gemeinde Mittelnkirchen im Alten Land. Sie liegt an der viel befahrenen L140. Bürgermeister ist Joachim Streckwaldt. Gewählt wurde er u.a. auch deswegen, weil er sich intensiv mit der Problematik in der Bürgerinitiative "Verkehrsflut" auseinandergesetzt hat und es immer noch tut. Er sagt: "In den vergangenen Jahren habe ich öfter Lkw beobachtet, die neben der A26 die Bundesstraße 73 genutzt haben, um offensichtlich die Maut zu umgehen. Die werden zukünftig die Autobahn nehmen, denn die Parallelfahrt bringt keine Vorteile mehr."
Auf der anderen Seite werde es sicherlich auch Lkw-Fahrer geben, die auf die untergeordneten Straßen ausweichen und in Zukunft Landes-, Kreis- und kommunale Straßen belasten, um der Maut grundsätzlich aus dem Wege zu fahren. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt sei das jedoch Kaffeesatz-Leserei. Streckwaldt: "Zählungen der zuständigen Behörden vor dem 1. Juli und danach werden belastbare Zahlen auswerfen, mit denen man dann argumentieren kann."

Land hat ein Auge auf Mautflüchtlinge

(bc). Offiziell hat die Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr mit der Einführung der Maut ab Juli auf allen Bundesstraßen deutschlandweit nichts zu tun. Trotzdem will sie die Auswirkungen möglicher "Maut-Flüchtlinge" genau beobachten. "Es gibt durchaus die Befürchtung, dass der Lkw-Verkehr teilweise auf Landes- und Kreisstraßen ausweicht", sagt Hans-Jürgen Haase, Leiter der Landesbehörde im Geschäftsbereich Stade, die für gut 300 Kilometer Bundesstraßennetz in den Landkreisen Stade, Cuxhaven, Osterholz und Rotenburg zuständig ist.
Haase hat Zählungen veranlasst. Vorher-Nachher-Zählungen, um mögliche Ausweichstrecken zu identifizieren. In Kürze sollen diese Verkehrszählungen starten. Im Landkreis Stade könnte so eine Parallelstrecke zum Beispiel die Landesstraße 123 von Horneburg über Kutenholz nach Bremervörde sein, die quasi neben der B74 verläuft und ohnehin schon stark durch den Lkw-Verkehr belastet ist. Weitere mögliche Mautflucht-Pisten wäre die L140 im Alten Land oder die L111 durch Drochtersen.
Für den Landkreis Harburg ist der Geschäftsbereich Lüneburg zuständig. Leiter Dirk Möller hält neuerliche Zählungen gegenwärtig für unnötig. Er zieht seine Daten aus der jüngsten Statistik von 2015 und will dann vergleichen, ob sich der Verkehr auf das untergeordnete Straßennetz verlagert habe. Sofern das der Fall sein sollte, "müssten Einzelmaßnahmen ergriffen werden". Wie die aussehen könnten, steht noch nicht fest.

So funktioniert die Maut-Erhebung

Der durchschnittliche Mautsatz liegt zurzeit bei 13,8 Cent pro Kilometer. "Das liegt daran, dass die meisten Lkw den Schadstoffklassen Euro 5 und 6 angehören. Allein auf die Schadstoffklasse Euro 6 entfallen rund 70 Prozent der mautpflichtigen Fahrleistung", erläutert das Unternehmen "Toll Collect", das auf WOCHENBLATT-Nachfrage das Maut-System erläutert:
"Im Mautsystem von "Toll Collect" gibt es zwei Möglichkeiten, die Maut zu entrichten:
• Mit dem Fahrzeuggerät (OBU, On Board-Unit) werden mautpflichtige Strecken automatisch während der Fahrt erfasst.
• Per App, online oder am Mautstellen-Terminals werden mautpflichtige Fahrten vor Fahrtantritt gebucht.
Voraussetzung für die automatische Mauterhebung mit der OBU ist die Registrierung des Transportunternehmens und seiner Fahrzeuge bei 'Toll Collect'. Anschließend werden die Fahrzeuge in einer Servicepartner-Werkstatt mit Fahrzeuggeräten ausgestattet. Registrierte Kunden zahlen die Mautgebühr mit ihren Kredit- oder Tankkarten oder von einem Guthabenkonto. Die Unternehmen erhalten regelmäßig, einmal im Monat, eine Mautaufstellung, sofern Maut angefallen ist.
Die automatische Mauterhebung mit der OBU ist der einfachste und komfortabelste Art die Maut zu bezahlen. Die OBU schaltet sich automatisch beim Betätigen der Zündung ein. Auf der OBU sind die mautrelevanten Fahrzeugdaten des Lkw gespeichert: Anzahl der Achsen, Schadstoffklasse und zulässiges Gesamtgewicht. Der Fahrer ist verpflichtet, die eingegebenen Daten vor jeder Fahrt zu überprüfen und gegebenenfalls anzupassen (Achszahl und zulässiges Gesamtgewicht können sich beim Wechsel vom Fahren mit und ohne Anhänger ändern).
Die OBU sendet die mautrelevanten Fahrzeugdaten und Fahrtdaten verschlüsselt an das Rechenzentrum. Nach erfolgreicher Übertragung an das Rechenzentrum werden die Fahrtdaten im Fahrzeuggerät gelöscht. Das Rechenzentrum entschlüsselt die Daten in einem besonders gesicherten Bereich, verarbeitet die mautpflichtigen Abschnitte und berechnet die Mautgebühr. Durch Datensparsamkeit, Datenvermeidung und ein konsequentes Löschkonzept ist der Datenschutz umfassend gesichert.
Wählt das Transportunternehmen die manuelle Mauterhebung, sind mautpflichtige Strecken vor Fahrtantritt mit der 'Toll Collect'-App, online oder an Mautstellen-Terminals zu buchen. Eine vorherige Registrierung des Transportunternehmens bei Toll Collect ist dafür nicht notwendig. Die Mautgebühr kann mit Kredit- und Tankkarten, Bargeld oder – anstelle von Bargeld – mit Paysafecard bezahlt werden."

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Redakteur:

Bianca Marquardt aus Tostedt

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