Zu alt zum Autofahren? - Senioren: Die "graue Gefahr" im Straßenverkehr

In Bendestorf rauschte eine 86-Jährige mit ihrem Pkw ungebremst unter einen geparkten Sattelzug | Foto: Polizei
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Dramatisch: Unfallzahlen mit Senioren im Landkreis um 23 Prozent angestiegen

(thl). Am Dienstag wollte eine 89-jährige Pkw-Fahrerin in Jesteburg einen Ford Fiesta überholen und übersah dabei, dass dessen Fahrerin (66) links abbiegen wollte. Beim Zusammenstoß trat die Seniorin noch einmal auf das Gaspedal, sodass sie in der Folge noch gegen drei hintereinander am Fahrbahnrand geparkte Fahrzeuge prallte. An allen fünf Fahrzeugen entstand ein Sachschaden von rund 10.000 Euro.
Dieser Unfall mit Senioren am Steuer ist einer von zahlreichen tragischen Verkehrsunfällen im Landkreis: Anfang der Woche fuhr eine Rentnerin (76) mit ihrem Pkw einen Rollerfahrer um, weil dieser beim Abbiegen verkehrsbedingt halten musste. Eine andere Seniorin (86) fuhr mit ihrem Pkw in Bendestorf nahezu ungebremst unter einen geparkten Sattelzug. Und vor wenigen Wochen schob ein Rentner (97) in Buchholz drei Autos zusammen, als er seinen Wagen vor einem Altersheim einparken wollte. Die Liste ließe sich beliebig fortsetzen.
Dieses Unfallgeschehen ist kein Zufall. Verkehrsunfälle, die durch Senioren ausgelöst werden, nehmen signifikant zu. Allein im Landkreis Harburg sind die Zahlen innerhalb von zwei Jahren um rund 23 Prozent angestiegen. Die Ursachen dafür sind vielfältig.

Deutliche Statistik: Autofahrer ab 75 Jahren sind in 98 Prozent schuld an Unfällen

Allein im Landkreis Harburg sind die Zahlen der Verkehrsunfälle, die von Senioren verursacht wurden, in den vergangenen zwei Jahren um rund 23 Prozent gestiegen. "Die Ursachen dafür sind vielfältig", sagt Polizeisprecher Jan Krüger. "Die Menschen werden immer älter und wollen möglichst lange am Leben teil haben. Gerade in unserer ländlichen Gegend spielt Mobilität eine große Rolle. Da ist die Angst vor einem drohenden Fahrverbot und der Abhängigkeit von anderen groß", so Krüger weiter. Dabei werden oftmals gesundheitliche Beeinträchtigungen ignoriert. Sei es die nachlassende Sehfähigkeit oder die fehlende Einschätzung für die Geschwindigkeit des Gegenverkehrs. Körperliche Einschränkungen führen oftmals dazu, dass Senioren den Schulterblick beim Abbiegen außer Acht lassen. "Auch die Einnahme von Medikamenten kann die Fahrtüchtigkeit beeinflussen", weiß der Polizeisprecher.
Die Verkehrswacht Harburg-Land bietet in Zusammenarbeit mit Fahrschulen zwar den Präventionskurs "Senioren fit am Steuer" an, doch dabei werden meist nur die Senioren erreicht, die ohnehin noch sicher fahren.
Auch ohne Unfälle fallen Senioren immer häufiger negativ im Straßenverkehr auf. "Sie haben oft das Gefühl, sie fahren sicher, sind dann aber besonders langsam unterwegs und stellen dadurch ein Hindernis dar", erklärt Jan Krüger.
"Aus diesem Grund führt der Landkreis Harburg jedes Jahr mehr Überprüfungen der Fahrtauglichkeit bei Senioren durch", erklärt Sprecher Johannes Freudewald. Waren es 2014 noch 108 Fälle, stieg die Zahl im Jahr 2015 um rund 30 Prozent auf 141 Fälle. "In diesem Jahr werden es rund 160 Fälle sein", so Freudewald. Das macht in zwei Jahren einen Anstieg von rund 50 Prozent aus. Im vergangenen Jahr blieben dabei elf Prozent der Überprüfungen ohne Maßnahmen. Aber in 23 Prozent der Fälle wurde die Fahrerlaubnis entzogen. Und weitere 40 Prozent verzichteten nach einer intensiven Beratung durch die Führerscheinstelle freiwillig auf ihre Fahrerlaubnis. Bezeichnend: Nur etwa ein Betroffener pro Jahr gibt seinen Führerschein ohne vorherige Einbindung der Führerscheinstelle freiwillig ab.
Was geschieht bei einer Überprüfung? "Generell handelt es sich um eine medizinische Beurteilung. Diese umfasst die Stellungnahme des Hausarztes und unter Umständen folgend ein fachärztliches Gutachten", erklärt Freudewald. Auch die Einbindung der Seniorenberatung zusätzlich zur Führerscheinstelle finde in manchen Fällen statt. Es gehe dabei nicht unbedingt immer nur um die Entscheidung, den Senioren den Führerschein zu entziehen. "Eine andere Option ist, dass die Fahrer die Fahrerlaubnis unter bestimmten Auflagen, z.B. einem Nachtfahrverbot bei eingeschränktem Sehvermögen oder der Nutzung eines Automatik-Fahrzeuges, behalten dürfen", so Freudewald.
Seiner Meinung nach wäre eine generelle Gesundheitsüberprüfung aller Fahrzeugführer - ähnlich wiederkehrend wie bei den Fahrerlaubnissen im Lkw- und Busverkehr - von Vorteil, um Unfälle zu vermeiden. "So, machen es andere EU-Länder auch", sagt Johannes Freudewald. Mit gutem Grund: Statistiken zufolge sind die Fahrer ab 75 Jahren bereits an 98 Prozent der Unfallgeschehen, in die sie verwickelt sind, schuldhaft beteiligt.
• Liebe WOCHENBLATT-Leser, wie stehen Sie zu dem Thema? Soll es ab einem bestimmten Alter einen vorgeschriebenen Gesundheitscheck für Senioren geben, um die Gültigkeit der Fahrerlaubnis so zu verlängern? Oder soll vielleicht sogar jeder über 75 Jahren seinen Führerschein abgeben müssen? Schreiben Sie uns Ihre Meinung:
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Redakteur:

Thomas Lipinski aus Winsen

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