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Blindenfußball und Tischtennis im Rollstuhl: Gelungener Projekttag an der Waldschule in Buchholz

Wo ist der Ball? Waldschüler probieren sich im Blindenfußball. 
Tipps erhielten sie von Bundesliga-Spieler Jens Pleier (im Hintergrund)
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  • Wo ist der Ball? Waldschüler probieren sich im Blindenfußball.
    Tipps erhielten sie von Bundesliga-Spieler Jens Pleier (im Hintergrund)
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as. Buchholz. Der Ball rasselt, laute Rufe hallen über das Spielfeld. Banden grenzen das Feld links und rechts zur Seite ein. Die Neuntklässler der Waldschule in Buchholz bewegen sich vorsichtig mit ausgestreckten Armen. Auf dem Kopf tragen sie einen Helm, der aus einer Art Ski-Brille und vielen Polstern besteht. Sie bewegen sich meist im Pulk, und erst nach mehreren Tritten in die Luft trifft einer der Schüler den Ball. „Kommunikation ist beim Blindenfußball alles“, sagt Blindenfußball-Bundesliga-Spieler Jens Pleier, der gemeinsam mit Selcuk Cetin, Europameister und ehemaliger Vizeweltmeister im Rollstuhl-Tischtennis, am Projekttag „Hamburger Weg Inklusionswochen“ an die Waldschule gekommen ist.
Die Waldschule hat sich bei der HSV-Stiftung „Der Hamburger Weg“ für den für die Schule kostenfreien Projekttag beworben. „Was das Wort Inklusion bedeutet, können die Kinder hier selbst erleben. Das finde ich toll“, sagt Schulleiterin Kirsten Fuhrmann. Die HSV-Stiftung hat alles organisiert und auch das Equipment von Rollstuhl bis Tischtennisplatte mitgebracht. Insgesamt versuchten sich 120 Schüler im Blindenfußball und im Rollstuhl-Tischtennis.
„Viele Menschen denken, dass blinde Fußballer nur auf dem Platz stehen würden“, sagt Jens Pleier, der behende den Ball dribbelt. „Die meisten sind dann überrascht, wie schnell und wendig blinde Fußballspieler sind“, sagt Pleier, der für den FG Seckbach spielt. Er beantwortet geduldig die Fragen der Schüler. Spielen die Fußballer mit einem Blindenstock? Sind alle Spieler blind? Woher wissen sie, wo sie sind?
Bei den Blindenfußballern darf die Sehstärke bis zu zehn Prozent betragen.
Damit alle Spieler die gleichen Chancen haben, setzen sie eine Art Schlafbrille auf, die die Augen völlig abdunkelt. Torwart und Schiedsrichter können sehen. Zudem gibt es noch sogenannte Guides, die ebenfalls sehen können. Sie helfen den Spielern, indem sie ihnen Richtungsangaben und Tipps zurufen. Denn wie die Schüler am eigenen Leib erfahren, ist es gar nicht so einfach, im Spiel die Orientierung zu behalten. Sie müssen anhand der rasselnden Kügelchen im Ball hören, wo sich der Fußball befindet. Wer als Gegenspieler auf den ballführenden Spieler zugehen möchte, ruft laut „Voy“ (Spanisch „Ich gehe“). „Das Unterlassen dieser Orientierungshilfe ist das häufigste Foul im Blindenfußball“, sagt Jens Pleier. Anhand der Stimmen können die Spieler sich orientieren. „Mein Gehör ist durch meine Blindheit schärfer geworden, ich kann den Ball und die Stimmen meiner Mitspieler differenziert hören“, sagt Jens Pleier. Er arbeitet hauptberuflich als Programmierer, denn auch wenn er in der Bundesliga spielt - davon leben kann man im Blindenfußball nicht.
Auch Selcuk Cetin, der schon mehrmals für Deutschland bei den Paralympics an den Start ging, muss einem geregelten Beruf nachgehen, um sich seinen Lebensunterhalt zu finanzieren. Er arbeitet als Kaufmännischer Angestellter in einem Krankenhaus. Er hat extra einen Tag Urlaub genommen, um seinen Sport an der Waldschule vorzustellen und die Fragen der Schüler zu beantworten. „Viele können sich gar nicht vorstellen, dass man Tischtennis auch im Sitzen spielen kann“, sagt Cetin. Vier bis fünf Mal pro Woche trainiert er mit „Fußgängern“, Menschen ohne Behinderung, wie er sagt, im Tischtennisverein. „Mit und ohne Stuhl, beim Tischtennis kann jeder gegen jeden spielen. Einfach den Schläger in die Hand nehmen und los. Hier wird Inklusion gelebt“, sagt Cetin.
Sich auf das Spiel zu konzen­trieren und gleichzeitig den Rollstuhl zu bedienen, um auf den Ball reagieren zu können, stellt sich als Herausforderung für die Schüler dar. „In einem Rollstuhl sitzend zu spielen ist gar nicht so einfach“, sagt Achtklässler Steven Hänschen.
Der an Kinderlähmung erkrankte Selcuk Cetin ist seit seinem ersten Lebensjahr von der Hüfte abwärts gelähmt. Er beantwortet den Kindern in der Abschlussbesprechung ganz offen ihre Fragen zu seinem Leben und seinem Alltag. Von Hemmungen gegenüber Cetin und Pleier spürt man bei den Kindern nichts. Die Schüler sind von den Erfahrungen an diesem Projekttag beeindruckt. „Das war toll“, sagt Steven Hänschen.
Die HSV-Stiftung „Der Hamburger Weg“ setzt sich neben Nachwuchsförderung im Sport auch für das inklusive Miteinander unter Jugendlichen ein.

Redakteur:

Anke Settekorn aus Jesteburg

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