Altersarmut: Jahrzehnte gearbeitet und doch nur 600 Euro Rente

Altersarmut ist in Deutschland ein wachsendes Problem, über das viele Betroffene aber nicht reden 
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Altersarmut: Politik diskutiert über Grundrente / Schon heute werden Hilfen oft nicht angenommen

tk. Landkreis. Elfriede S* ist 86 Jahre alt. Sie hat ihr Leben lang hart gearbeitet, selbstständig und angestellt, und drei Jahre lang ihren schwer kranken Mann gepflegt. Heute muss sie mit 600 Euro im Monat auskommen. Die Seniorin aus Buxtehude ist eine von vielen, für die das, was in der Politik kontrovers diskutiert wird, wichtig wäre: eine auskömmliche Grundrente. Die Große Koalition in Berlin streitet darüber, ob es dafür eine Bedürftigkeitsprüfung geben müsse oder die Grundrente ohne dieses Prozedere gewährt werden sollte. Was dabei übersehen wird: Schon das, was es heute an finanziellen Hilfen gibt, wird von vielen Betroffenen nicht angenommen. "Aus Scham", sagt Jenny Rinka, die im Diakonieverband Buxtehude und Stade Sozialberatung anbietet. "Das kommt meist nur nebenbei zur Sprache", ergänzt Uschi Reinke vom SoVD Buxtehude. Altersarmut ist ein Problem, das häufig im Verborgenen bleibt.

Die Zahlen, die oftmals nur geschätzt werden können, sind besorgniserregend: In Buxtehude, so die grobe Vermutung, leben von 9.000 Menschen über 65 Jahren rund 1.000 unterhalb der Armutsgrenze. Die Dunkelziffer könnte noch weitaus höher sein. "Unterschwellig ist das ein Dauerthema", sagt die SoVD-Vorsitzende Uschi Reinke. Allerdings komme kaum ein Senior oder eine Seniorin in die Sprechstunden und benenne das Problem der zu kleinen Renten direkt. Betroffen seien vor allem Frauen, die lange in Teilzeit oder wegen Erziehung der Kinder und Pflege von Angehörigen nur relativ kurze Zeit erwerbstätig waren. "Die Schamgrenze, darüber zu reden, ist sehr hoch", sagt Uschi Reinke.

Das stellt Jenny Rinka vom Diakonieverband ebenfalls fest. Das werde häufig nebenbei ein Thema, wenn eigentlich andere Fragen wie Einsamkeit im Alter oder fehlende Unterstützung im Alltag Gegenstand der Beratung sind. "Die Betroffenen empfinden ihre Situation als sehr belastend, wollen das aber nicht offen ansprechen", so Rinka.
Grundsätzlich gebe es zwei Töpfe, aus denen Senioren Hilfe bekommen können. Zum einen die Grundsicherung, die das Jobcenter gewährt, und zum anderen das Wohngeld. Wobei das nicht darüber hinwegtäuschen darf, dass der Grundbedarf auch kein Garant für ein auskömmliches Einkommen ist. Er liegt bei 424 Euro. Davon muss - mit Ausnahme der Warmmiete - alles bezahlt werden: Lebensmittel, Kleidung, Telefon, auf dem Land vielleicht noch ein kleines Auto und natürlich auch das, was für Freizeitgestaltung übrig bleiben sollte.

Dass Mini-Renten dafür nicht reichen, erlebt Nicole Rüsch, Seniorenbeauftragte der Hansestadt Buxtehude, häufig. Sie organisiert einmal im Monat Ausflüge. Die Kosten für Bus, Eintrittsgelder, Mittagessen und Kaffeetrinken liegen bei rund 40 Euro. "Ich höre öfter, dass sich manche das nicht leisten können, obwohl sie gerne mitfahren würden." Nicole Rüsch denkt daher über eine Bezuschussung nach. "Das müsste aber so verpackt sein, dass es die auch annehmen, die es brauchen." Auch sie weiß, dass die Scham sehr groß ist. "Armut im Alter ist insgesamt ein sehr schwieriges Thema", sagt die Seniorenbeauftragte.

Elfriede S. findet übrigens, dass die Grundrente "ein zweischneidiges Schwert" ist. Die Menschen müssten in ihrem Arbeitsleben so viel verdienen, dass es ihnen im Alter gut geht. Sie hat als junges Mädchen für 25 Mark im Monat gearbeitet, später in Hamburg 100 Mark im Monat verdient. "Ich habe das Gefühl, dass jüngere Menschen heute wieder zu wenig Geld verdienen, um später genug zu haben." Damit hat die 86-Jährige das Grundproblem treffend beschrieben: Wer heute trotz festem Job nicht ausreichend verdient, wird später auch mit einer Grundrente immer am oder unter dem Existenzminimum liegen. 
* Name von der Redaktion geändert

• Das WOCHENBLATT sucht Menschen, die von Altersarmut betroffen sind, obwohl sie lange gearbeitet haben bzw. über Jahrzehnte Kinder großgezogen und Familienangehörige gepflegt haben. Natürlich behandeln wir Ihre Geschichten auf Wunsch anonym. Sie erreichen die Redaktion mit einem Brief an Tom Kreib, Neue Buxtehuder, Bahnhofstr. 46, 21614 Buxtehude, per Mail an thomas.kreib@kreiszeitung.net oder telefonisch unter 04161 - 506325.

Redakteur:

Tom Kreib aus Buxtehude

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