Ganztagsbetreuung in Wald-Kitas: Warum nach fünf Stunden der Forst gefährlich sein soll

Fünf Stunden im Wald sind genug, sagt das Landesjugendamt 
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Wald-Kitas kämpfen für Ganztagsbetreuung / Ein Beispiel aus Buxtehude / Politik will helfen

tk. Landkreis. Weil der Aufenthalt im Wald der pädagogische Kern eines Waldkindergartens ist, darf die Öffnungszeit in Niedersachsen nicht auf eine Ganztagsbetreuung ausgedehnt werden. Denn mehr als fünf Stunden im Wald gelten nach Maßstäben des Landesjugendamtes als zu anstrengend für Kinder im Alter von drei bis sechs Jahren. Das ist, zusammengefasst, das Problem vieler Waldkindergärten, die ihre Betreuungszeit ausdehnen wollen. Aktuell würde die Buxtehuder Waldkita im Neukloster Forst ihre Öffnungszeiten verlängern, darf das aber nicht.

Das grundsätzliche Problem: Nach einem Modellversuch von 1996 bis 1999 hat das Landesjugendamt Standards und Öffnungszeiten festgelegt. Die waren seinerzeit mit den Waldkitas abgestimmt. Regulär darf eine solche Einrichtung im Forst vier Stunden öffnen und eine Stunde zusätzlich anbieten. Mehr als fünf Stunden sind aber nicht möglich.
Inzwischen, das hat der Buxtehuder Waldkindergarten jüngst bei einem Besuch des Stader CDU-Bundestagsabgeordneten Oliver Grundmann deutlich gemacht, hat sich der Bedarf bei den Eltern stark verändert. Viele wünschen sich eine längere Öffnungszeit bzw. Ganztagsbetreuung. In Kitas mit einem festen Dach über dem Kopf eine Selbstverständlichkeit.

Das Niedersächsische Kultusministerium erklärt, dass eine längere Öffnungszeit - also nach maximal fünf Stunden - nur dann genehmigt werde, wenn die Kinder "feste Räumlichkeiten" zur Verfügung haben. Das könnte, so Sprecherin Tanja Meister, etwa in Kooperation mit einer anderen Kindertagesstätte geschehen.

In der Realität verhindert jedoch der Mangel an Kitaplätzen eine solche Zusammenarbeit. Beispiel Buxtehude: Dort fehlen so viele Krippen- und Kitaplätze, dass die Stadt vier Container aufstellen wird, um schnell die ärgste Not zu lindern. Eine Zusammenarbeit mit dem Waldkindergarten käme also gar nicht in Frage.

Wer jetzt denkt, dass vielleicht ein zweiter Bauwagen im Wald reichen würde, damit Kinder zum Beispiel ihren Mittagsschlaf dort halten können, irrt. "Ein Bauwagen gilt nicht als feste Räumlichkeit", so Ministeriumssprecherin Meister. Angesichts der Pläne in vielen niedersächsischen Waldkitas, die Betreuungszeiten auszudehnen, verweist das Ministerium darauf, dass den Eltern bei der Anmeldung das besondere Konzept und damit verbunden auch die Betreuungszeit erklärt werde.

Die Waldkitas, nicht nur in Buxtehude, stecken also in einem Betreuungs-Dilemma. Bei einem Treffen verschiedener Einrichtungen wurde daher eine Petition vorbereitet. Kernaussage: Die Öffnungszeiten von Waldkitas müssen unbedingt an die soziale Wirklichkeit der Familien angepasst werden. Und das bedeutet, dass Ganztagsbetreuung möglich werden muss.

Oliver Grundmann hat nach seinem Besuch in Buxtehude seinen Landtagskollegen Kai Seefried eingeschaltet. Der Generalsekretär der Niedersachsen-CDU war in der vergangenen Legislaturperiode der bildungspolitische Sprecher der Christdemokraten. "Ich weiß um die Regelung und die damit verbundenen Probleme", sagt Seefried dem WOCHENBLATT. Er werde das Thema mit dem Kultusminister diskutieren. Ziel müsse es sein, so Seefried, eine lebensnahe Lösung für Waldkindergärten zu finden. Die Gesetze und Normen, die gemeinsam vom Landesjugendamt und der Politik festgelegt werden, sollen Kinder schützen. Das ist ja grundsätzlich auch richtig - und überzeugt doch nicht immer. Wieso ist es Kindern zwischen drei und sechs Jahren nicht zuzumuten, länger als fünf Stunden im Wald zu bleiben?

Kommentar
Das überzeugt mich nicht!
Es habe sich gezeigt, so das Kultusministerium in einer Antwort an das WOCHENBLATT, dass sich Kinder erfahrungsgemäß nach vier Stunden im Freien in geeigneten Räumlichkeiten ausruhen müssten. Warum das im Wald, etwa in einem separaten Bauwagen, einer Extra-Hütte, nicht geht, sagt das Ministerium nicht. 
Kann es pädagogisch nicht sogar klug sein, vor allem im Sinn einer engen und frühzeitigen Bindung unserer Kinder zur Natur, wenn sie sich so lange wie möglich dort aufhalten? Ist das nicht eine sehr viel nachhaltigere Erziehung für künftige Umweltschützer?
Ich finde, dass es in der Diskussion über Kita-Betreuung eine Schieflage gibt. Mehr als maximal fünf Stunden Wald sind schädlich, möglichst früh Fremdsprachen und Naturwissenschaften und am besten auch schon moderne Medien im Freispiel fördern dagegen die frühkindliche Bildung.  
Die Landespolitik sollte die Fünf-Stunden-Regel für Waldkitas über Bord werfen. Oder nachweisen, dass zu viel Wald der kindlichen Entwicklung schadet. Ich glaube, letzteres wird schwierig.
Tom Kreib 

Redakteur:

Tom Kreib aus Buxtehude

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