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Harsefelder "Schwarzbau": Sieben Familien droht jetzt der Ruin

Möchte als Experte helfen: Anwalt Ingo Ebling vor dem vom Teilabriss bedrohten Neubau
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Foto: Helena GARCIA@AdobeStock.com

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(jd). Bau-Skandal in Harsefeld: Rechtsanwalt hält versuchten Wohnungsverkauf nach Stilllegung der Baustelle für „fast kriminell“. „Das ist der krasseste Fall, der mir je untergekommen ist“. Dem Buxtehuder Rechtsanwalt Ingo Ebling steigt beim Thema „Harsefelder Schwarzbau“ die Zornesröte ins Gesicht. Als Vertrauensanwalt des Bauherren-Schutzbundes habe er schon manchen Ärger auf Baustellen erlebt. Doch wie hier seitens der Baufirma mit Menschen umgegangen werde, sei skandalös. Ebling vertritt die Interessen von sieben Käufern der Eigentumswohnungen. Diese wandten sich hilfesuchend an den Anwalt, nachdem sie aus dem WOCHENBLATT (siehe Artikel "Hausbau gerät aus den Fugen") erfahren hatten, dass der Landkreis für ihr künftiges Zuhause einen Baustopp verhängt hat. Grund: Die laut Bebauungsplan zulässige Länge des Acht-Familien-Hauses von 20 Metern wurde um fast acht Meter überschritten. Nun droht der (Teil-)Abriss. „Das würde den finanziellen Ruin für die Wohnungskäufer bedeuten“, meint Ebling.

Einer der Mandanten - ein junger Mann, der mit seiner Freundin das erste Weihnachten in der eigenen Wohnung feiern wollte - bestätigt das: „Dieses Haus ist nach der Stilllegung quasi eine Bauruine und für unsere Bank als Sicherheit derzeit nichts wert.“ Er habe wie die anderen Käufer den Wohnungskauf weitgehend über einen Kredit finanziert. Die Baudarlehen könnten sofort gekündigt werden. „Dann“, so der junge Mann, „müssten wir wohl Privatinsolvenz anmelden.“ Und das offenbar nur, weil ein Architekt nicht in der Lage sei, die Bestimmungen eines Bebauungsplanes zu verstehen, und einer Baufirma, deren Strukturen undurchsichtig seien. Da die Wohnungsinhaber, deren Eigentum noch nicht ins Grundbuch eingetragen ist, nur im Vertragsverhältnis mit der Firma stehen, können keine Regressforderungen gegen den Architekten gestellt werden.

Als fast schon kriminell bezeichnet Anwalt Ebling die Tatsache, dass die achte Wohnung noch nach der Verhängung der Baustopps verkauft werden sollte: „Das grenzt an Betrug, wenn einem Käufer ein solch wichtiger Fakt verheimlicht wird.“ Raus kam die Sache erst, als der Käufer zu seiner Bank zitiert wurde, die ihm eröffnete, dass sie den zugesagten Kredit für den Wohnungskauf nicht gewähren könne. Als Grund sei der Artikel im WOCHENBLATT angeführt worden. „Der gute Mann fiel aus allen Wolken und trat sofort vom Kaufvertrag zurück“, berichtet Ebling.

Diese Option sieht er für seine Mandanten nicht: Die meisten hätten zwischen 80 und 90 Prozent des Kaufpreises - je nach Wohnungsgröße zwischen 104.000 und 140.000 Euro - bezahlt. Und zwar nicht auf ein Notar-Konto, sondern direkt an die Baufirma. Bei Vertrags-Rücktritt wäre das Geld wahrscheinlich futsch. Denn die Baufirma hat offensichtlich keine Rücklagen. Sie war zwischenzeitlich schon in die Insolvenz geschliddert.

Wohnungsinhaber sind mit den Nerven am Ende

Die Eigentümer der Wohnungen im Harsefelder „Schwarzbau“ sind mit den Nerven am Ende. Sie fühlen sich vom Bauträger, einer Firma aus der Nähe von Kiel, hinters Licht geführt. Nach der behördlich verfügten Stilllegung der Baustelle plagen die Betroffenen Existenzängste. Sie stehen vor der privaten Pleite, denn wegen des drohenden Teil-Abrisses ist das rund eine Million Euro teure Haus derzeit keinen Cent mehr wert. Die Wohnungsinhaber wandten sich jetzt an das WOCHENBLATT, um auf ihre verzweifelte Lage aufmerksam zu machen. Sie bitten Politiker und Behörden um Hilfe und die Leser um Verständnis: „Wir sind schließlich nicht die Täter, sondern selbst Opfer des Fehlverhaltens einer Baufirma.“

„Das konnte ja nichts Gutes bedeuten“, sagt Inga D.*: Das Richtfest habe man ausgerechnet an einem „Freitag dem 13.“ gefeiert. Damals im Juni gab es noch keine Probleme. Doch im Sommer passierte wochenlang nichts. So befindet sich die linke Gebäudehälfte noch immer im Rohbau-Zustand. Rechts hingegen sind bereits D. und zwei Nachbarn eingezogen. Da wussten sie noch nicht, dass sie in einem illegal errichteten Haus wohnen. „Erst als das WOCHENBLATT die Sache aufgedeckt hat, meldete sich der Architekt bei uns und versuchte, das Ganze abzuwiegeln“, berichtet D.

Architekt habe gesprochen wie ein Kaffeefahrt-Verkäufer

Sie und ihre „Leidensgenossen“ erinnern sich noch gut an das Gespräch mit dem Architekten, der gleichzeitig Bauleiter ist: „Der hat uns erklärt, dass seine Firma Insolvenz anmelden muss, wenn auch nur einer vom Kaufvertrag zurücktritt.“ Der Architekt habe auf sie eingeredet wie ein Wolldecken-Verkäufer auf einer Kaffeefahrt, so ein weiterer Betroffener: „Das Perfide daran ist, dass bereits ein Tag vorher das Insolvenzverfahren gegen die Baufirma eröffnet worden ist.“

Die Wohnungseigentümer wollen erfahren haben, dass der Antrag von einer Krankenkasse als Gläubiger gestellt worden sein soll - wegen nicht gezahlter Versicherungsbeiträge. Dieses Verfahren ist laut Amtsgericht Kiel zwar wieder eingestellt worden, doch die Wohnungsinhaber fürchten, dass die Baufirma Konkurs anmeldet, sobald der Landkreis ein Bußgeld verhängt.

„Wir sind umzingelt von Problemen“, sagt Anwalt Ingo Ebling, der sich nun bemüht, den Schaden für die Eigentümergemeinschaft möglichst gering zu halten. Ihm steht eine Herkules-Aufgabe bevor. Er muss vor allem Gemeinde und Landkreis davon überzeugen, eine Lösung im Sinne seiner Mandanten zu finden. Das drängendste Problem sei derzeit die fehlende Heizung, so Ebling. Das Haus werde derzeit provisorisch über eine Elektroanlage beheizt und mit Warmwasser versorgt. Diese E-Heizung falle bei Temperaturen unter fünf Grad aus, erklärt Ebling: „Sollen die Menschen, die hier jetzt wohnen, den Winter bibbernd in Wolldecken verbringen?“ Eine Familie habe ein fünf Monate altes Baby. „Das ist ein menschliches Drama, das mich tief berührt“, sagt Ebling.

Sensations-Touristen pilgern zum "Schwarzbau"

• “Als wenn das alles nicht schon schlimm genug wäre, ergötzen sich jetzt auch andere an unserem Leid“, sagen die „Schwarzbau“-Geschädigten. Das Haus sei mittlerweile ein beliebtes „Ausflugsziel“. An Wochenenden würden die Menschen scharenweise dorthin pilgern. „Wir kommen uns vor wie im Zoo“, meinen die Hausbewohner. Sie seien sogar von Passanten aufgefordert worden, sofort wieder auszuziehen. „Meine Mandaten möchten alle herzlich bitten, die Privatsphäre zu achten“, sagt Ebling. Für ihn klingt der Werbespruch der Baufirma wie blanker Hohn. „Rundum sorglos“ steht auf deren Fahrzeugen.

Laut Ebling reagiert die Baufirma bislang nicht auf seine Anfragen. Wir haben die Firma um eine Stellungnahme gebeten, aber keine Antwort erhalten. Das WOCHENBLATT wird auf jeden Fall am Thema dranbleiben.

* Name v.d. Red. geändert

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Redakteur:

Jörg Dammann aus Stade

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