Eine blau-gelbe Freundschaft
jd. Harsefeld. Pfadfinder planen Jugendaustausch mit der Ukraine / Um die Reisekosten zu zahlen, werden Spenden gesammelt. Dieses Land liegt nur rund acht Autostunden von Deutschland entfernt und doch ist es für die meisten Bundesbürger ferner als die Karibik: die Ukraine. Die wenigsten Leute hierzulande kämen auf die Idee, dorthin zu reisen. Doch eine Handvoll junger Leute hat genau das vor: Pfadfinder aus Harsefeld wollen in den Sommerferien in das krisengeschüttelte Land fahren. Kontakte sind bereits geknüpft. Zuvor steht über Pfingsten ein Besuch der ukrainischen Scouts in Deutschland an. Die aber haben nach der drastischen Abwertung ihrer Währung kein Geld für die Fahrtkosten. Nun läuft eine Spendenaktion.
"2.100 Kilometer Straße trennen Freundschaften!" - so lautet das Motto des Aufrufs, den Pfadi-Aktivist Niklas ins Online-Spendenportal betterplace.org gestellt hat. Das ist die Entfernung zwischen Harsefeld und der in der Südukraine gelegenen Industriestadt Mykolajiw. Die dortigen Pfadfinder lernte der Auszubildende über ein internationales Projekt aus dem Vorjahr kennen: Mit dem "Scouting-Train", einem Sonderzug für Pfadfinder, reisten Jugendliche aus West- und Osteuropa auf der Strecke der Transsibirischen Eisenbahn quer durch Russland. Sie wollten damit zum 25. Jahrestag des Falls des Eisernen Vorhangs ein Zeichen setzen für ein Europa ohne Krieg und ideologische Grenzen.
Bei dem jetzt geplanten Besuch spielt die große Politik keine Rolle: Die Harsefelder Pfadis wollen sich in der Ukraine-Krise nicht auf die Seite einer der Konfliktparteien schlagen. Ihnen geht es um die Grundidee des Weltpfadfindertums, die auf die Überwindung nationalistischer Denkweisen und ein friedliches Miteinander der Völker abzielt. "Außerdem möchten wir uns auf der Ukraine-Tour selbst ein Bild davon machen, inwieweit die Berichterstattung in den westlichen Medien zutrifft", erklärt Niklas.
Einen ersten Eindruck konnten er und sein Mitstreiter Hendrik vor Kurzem gewinnen: Die beiden fuhren übers Wochenende nach Kiew, um den Ukraine-Austausch vorzubereiten. Gemeinsam mit anderen deutschen Pfadis erlebten sie komprimiert, in welchem rasantem Umbruch sich die ukrainische Gesellschaft befindet. Während in angesagten Clubs, die genauso gut in Berlin, London oder Paris stehen könnten, die Schickeria feiert, schlagen sich viele Menschen am Rande des Existenzminimums durch. So verlor die Landeswährung Hrywnja binnen weniger Wochen rund Zweidrittel ihres Wertes. Das durchschnittliche Monatseinkommen liegt jetzt nur noch bei umgerechnet 130 Euro.
Dieser gewaltige Kursverlust könnte auch für den geplanten Austausch das Aus bedeuten: Der für Pfingsten angepeilte Besuch von 14 ukrainischen Pfadfindern in Harsefeld und deren anschließende Teilnahme an einem großen Lager mit mehr als 1.200 Pfadis aus ganz Niedersachsen stehen auf der Kippe, weil sich die Gäste nicht mehr in der Lage sehen, die Reisekosten zu zahlen. "Wir wollten uns aber nicht damit abfinden, dass eine so tolle Sache am Geld scheitert", berichten Niklas und Hendrik. So starteten sie den Spendenaufruf. Dessen Symbol ist ein blau-gelbes Halstuch: Diese Farben werden traditionell von den deutschen als auch den ukrainischen Pfadis getragen.
Ihr Ziel sei es, rund 2.500 Euro zusammen zu bekommen, erklären die beiden. So könne man den Gästen mit Beträgen zwischen 25 und 200 Euro finanziell unter die Arme greifen. Wer helfen will, sollte nicht zu lange warten: Die Visa und die Tickets müssen demnächst beschafft werden, denn der Besuch aus der Ukraine steht schon in zwei Monaten an.
• Infos zur Spendenaktion unter: www.bit.ly/2100km.
• Spendenkonto: "Pfadfinder Harsefeld", IBAN: DE33 2415 1116 0000 7302 42, BIC: NOLADE21STK, Stichwort: "Ukraine"
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