Wundertinktur in Hollenstedt gefunden
Archäologen finden Fläschchen aus dem 18. Jahrhundert
mi. Hollenstedt. Die Landschaft rund um die Samtgemeinde Hollenstedt scheint eine Fundgrube für Archäologen zu sein: Erst kürzlich legten die Archäologen des Archäologischen Museums Hamburgs bei Appel einen weiteren Teil eines weitläufigen Urnengräberfelds frei. Jetzt fanden die Wissenschaftler im Bauschutt eines Bauernhauses, das in Hollenstedt abgebrochen wurde, ein kleines grünes Glasfläschchen mit einer interessanten Geschichte.
„DIE KEISSERLICHE PRIVILEGIRT ALTONATICHE W. KRONESSENTS“ - dieser Schriftzug ist auf die Flasche geprägt. Übersetzt steht dort: "Die kaiserlich privilegierte atonarische Wunder Kronessents". Dank des Schriftzugs konnten die Experten des Museums die Herkunft der Flasche ermitteln. Sie stammt mit höchster Wahrscheinlichkeit aus den Beständen des Altonaer Hugenotten, Kurpfuschers und Schusters Johann Peter Menadier (1735-1797). Seit den 1770er Jahren produzierte er in Altona seine Wundermedizin, füllte sie in Flaschen wie diejenige aus Hollenstedt ab und verkaufte sie im wahrsten Sinne des Wortes in alle Welt.
Hintergrund: Im 18. und 19. Jahrhundert waren Wundertinkturen wie die von Menadier weit verbreitet. Sie sollten gegen Wehwehchen aller Art helfen - von Fieber über geschwollene Beine, Blutstürze, Gicht, allerlei Ausschläge, Koliken bis Monatsbeschwerden. Im Museum ist man sich sicher, dass der Begriff "keiserlich" ein verkaufsfördernder Marketing-Schwindel war. Verbrieft ist, dass die Menadier-Wundermittel bis ca. 1930 verkauft wurden. Erfunden wurde die Tinktur in Schweden. Von dort schwappte das erst noch geheime Rezept später auch in das damals dänische Altona (heute Hamburg). Noch heute sind Varianten des Rezepts als "Schwedenbitter" im Handel. Ein ähnliches Fläschchen wie das in Hollenstedt gefundene wurde übrigens auch bei Ausgrabungen in Manhattan (New York) gefunden.
Redakteur:Mitja Schrader |
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