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Millionenschaden im Buchholzer Freibad

Holocaust-Überlebender Ivar Buterfas-Frankenthal: "Schützt diese Demokratie"

Ivar Buterfas zeigt das "Nagelkreuz von Coventry", 
ein Symbol für die Völkerverständigung  Foto: mi
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    ein Symbol für die Völkerverständigung Foto: mi
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Veranstaltung mit 400 Schülern in der Lutherkirche in Neu Wulmstorf

mi. Neu Wulmstorf. "Behütet diese Demokratie, lasst sie nicht wieder durch eine 'braune Bande' zerstören" - diesen Auftrag gab der Bundesverdienstkreuzträger und Holocaust-Überlebende Ivar Buterfas-Frankenthal jetzt rund 400 Schülern mit auf den Weg.
Ivar Buterfas-Frankenthal sprach in der Lutherkirche in Neu Wulmstorf vor den Jugendlichen über seine Erlebnisse als Kind während des Nazi-Regimes. Er skizzierte, unterstützt von seiner Frau Dagmar, die Mechanismen und Bedingungen, die erst zur Ausgrenzung, dann zur Entrechtung und schlussendlich zur Ermordung von sechs Millionen Menschen geführt haben. Dabei schlug der Weltfriedens-Preisträger auch immer wieder einen Bogen zu aktuellen Ereignissen wie in Chemnitz und nahm den erstarkenden Antisemitismus in Deutschland in den Blick.
"Vergeben ja, vergessen niemals", von diesem Satz geleitet - ja getrieben - ist Ivar Buterfas-Frankenthal als unermüdlicher Aufklärer unterwegs, als Mahner, als einer, der am eigenen Leibe erfahren hat, was passiert, wenn man die Demokratie Extremisten preisgibt. Er sprach auf 1.500 Schulveranstaltungen, setzte sich maßgeblich für den Schutz und die Errichtung einer Gedenkstätte im ehemaligen Kriegsgefangenenlager in Sandbostel ein sowie für den Erhalt der im Krieg zerstörten Hamburger Nikolai-Kirche als "Mahnmahl für den Frieden". Buterfas-Frankenthal ist Autor diverser Schriften, wurde für sein Engagement u.a. mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet.
Die Veranstaltung in der Lutherkirche vor Lehrern, Schülern und Ehrengästen kam auf Wunsch der Schüler der Oberschule Neu Wulmstorf zustande. Beeindruckt von einem Vortrag Buterfas-Frankethals zum Progrom von 1938 in Hittfeld baten sie den Zeitzeugen, zwei Tage vor dem offiziellen Holocaust-Gedenktag in der Lutherkirche zu sprechen, und übernahmen auch die Moderation des Vortrags. Pastor Florian Schneider stellte sein Gotteshaus gerne dafür zur Verfügung. Er sprach von einer "Sternstunde", wenn interessierte Jugendliche auf einen Zeitzeugen wie Ivar Buterfas-Frankenthal treffen.
Ivar Buterfas-Frankenthal gelang in seinem eineinhalbstündigen Vortrag, was manchem Geschichtslehrer versagt bleibt: Er hatte sofort die Aufmerksamkeit der Schüler, sprach sie immer wieder direkt an. Seine Botschaft - "ihr seid die nächste Generation, schützt diese Demokratie" - kam an. Das wohl auch, weil es dem brillanten Redner Buterfas-Frankenthal immer wieder gelang, den abstrakten Schrecken der Jahre 1933 bis 1945 durch ganz persönliche Erfahrungen für die Jugendlichen emotional erfassbar zu machen. Etwa wenn er davon berichtete, dass seine Schulzeit nach ein paar Wochen vorbei war, als ihn der Schulleiter als sogenannten "Halbjuden" vom Pausenhof weg aus der Schule warf. "Ich wusste mit meinen sechs Jahren gar nicht, was das sein soll, Jude."
Buterfas-Frankenthal berichtete von seinem Vater, der das KZ überlebte, von seiner Flucht mit der Mutter und den Geschwistern nach Polen, von der Rückkehr nach Hamburg und vom Überleben in einem Versteck in Hamburg. "Die ständige Angst, die bleibt. Ich habe heute noch Alpträume" so Buterfas-Frankenthal. Er erklärte, wie Privatleute und vor allem das Regime über die Banken, namentlich die Dresdener Bank, von der Enteignung jüdischen Vermögens profitierten. Anhand von Dokumenten und Gegenständen wie dem "Judenstern" oder dem Buch "Mein Kampf" machte er den Wahnsinn der NS-Ideologie, die auch noch nach dem Krieg in den Köpfen vieler Funktionsträger präsent gewesen sei, deutlich. Buterfas-Frankenthal: "Man wollte mir als Jude noch in der jungen Bundesrepublik nicht die Staatsbürgerschaft geben."
Seinen bewegenden Vortrag beendete Ivar Buterfas-Frankenthal mit einem an das Zitat Dr. Martin Luther Kings angelehnten Satz: "I have a dream". Sein Traum: "100 Jahre Frieden in Europa. Mit euch, mit dieser Jugend, ist mir um Deutschland nicht bange. Ihr werdet unsere Demokratie schützen. Ich bin stolz auf euch", so Buterfas-Frankenthal abschließend. Von den Schülern gab es dafür langen Applaus.

Ivar Buterfas zeigt das "Nagelkreuz von Coventry", 
ein Symbol für die Völkerverständigung  Foto: mi
Eine Schülerin im Interview mit Ivar Buterfas Fotos: mi
Redakteur:

Mitja Schrader

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