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Neu Wulmstorf: "Große Koalition durch die Hintertür" / CDU-Fraktionschef zurückgetreten

Malte Kanebley (CDU)
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Foto: Helena GARCIA@AdobeStock.com

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Neu Wulmstorf CDU und SPD planen enge Zusammenarbeit / CDU-Chef Malte Kanebley zurückgetreten

mi. Neu Wulmstorf. Alles Friede, Freude, Eierkuchen! So verkaufte Malte Kanebley - bis vor Kurzem Fraktionschef der CDU Neu Wulmstorf - die Situation seiner Partei noch am vergangenen Freitag in einem Gespräch mit dem WOCHENBLATT. Gerüchte, er wäre als Kandidat für die Wahl zum Fraktionsvorsitzenden umstritten, dementierte der Christdemokrat genauso, wie er vergaß zu erzählen, dass er bereits seit einigen Wochen dieses Amt nicht mehr bekleidet. Denn in der CDU Neu Wulmstorf gärt es. Hintergrund ist ein Hinterzimmer-Abkommen mit der SPD, das manchem in der Partei sogar als ein verkappter "Koalitionsvertrag" gilt - ein Kurs, dem längst nicht alle Parteimitglieder folgen wollen.
Die Ausgangslage: Im kommenden Gemeindehaushalt steht ein Minus von drei Millionen Euro, die bisher nicht ausgeglichen werden können. Folgt man der Logik des politischen Systems, so wäre es an der SPD, die seit über zehn Jahren sowohl den Bürgermeister als auch die größte Fraktion im Rat stellt, die politische Verantwortung für den finanziellen Scherbenhaufen zu übernehmen. Um den Kopf aus der Schlinge zu ziehen, gehen die Sozialdemokraten jetzt auf die CDU zu. Der Deal: Keine politische Demontage der Genossen, dafür gemeinsame Entscheidungen mit einer komfortablen Zweidrittelmehrheit. In der SPD hat man dazu ein Strategiepapier entwickelt, das die Eckpunkte dieser Zusammenarbeit festklopfen soll. Vordergründig geht es darum, alles dafür zu unternehmen, die Haushaltslage der Gemeinde zu stabilisieren. Doch das Papier ist nicht ohne Brisanz: Darin ist von Arbeitsgruppen die Rede, die im Vorfeld - also vor den offiziellen Gremien in Ausschüssen und Ratssitzungen - die politische Marschrichtung festlegen sollen.
Auf den Tisch kommen sollen Themen wie "Maßnahmen bei der Steuerreduzierung" - sprich Steuererhöhungen, Beitragsanpassungen in Krippen, Ortsentwicklung, Gewerbeentwicklung - also quasi alles, was Kommunalpolitik ausmacht. Außerdem sollen regelmäßige Treffen der Fraktionsspitzen Teil der Vereinbarung sein. Ziel ist es, Zitat: "...fair miteinander umzugehen und geschlossen auch unpopuläre Maßnahmen zu verkünden." Die Aussicht für die Rolle des SPD-Juniorpartners, das eigene Parteiprogramm teilweise aufzugeben, kam allerdings in der CDU-Fraktion schlecht an. Auf einer parteiinternen Sitzung am 25. September wurde entschieden, das SPD-Papier nicht zu unterschreiben. Fraktionschef Malte Kanebley trat daraufhin zurück. Den Vorsitz übernahm Stellvertreter Gerhard Peters und damit auch einer der schärfsten Kritiker Kanebleys. Dem WOCHENBLATT sagte Peters: "Ich teile die Auffassung, dass die Konsolidierung des Haushalts das oberste Ziel ist, allerdings müssen alle Parteien mit ins Boot geholt werden. Auch die Ortsverbände der CDU sind einzubeziehen. Wichtiger ist aber noch: Die wesentliche Diskussion muss in den Gremien zwischen allen Fraktionen stattfinden und nicht in informellen Arbeitsgruppen zwischen zwei Parteien." Er könne jeden verstehen, für den das Angebot der SPD ein "Geschmäckle" habe. Vieles spricht somit dafür, dass die Neuwahl des Fraktionsvorsitzenden am kommenden Dienstag auch eine Abstimmung über den künftigen Kurs der CDU darstellt. Auch die SPD bewegt sich mit dem inoffiziellen Anbandeln mit der CDU auf einem schmalen Grat. Denn bei den Sozialdemokraten hatte man nach der Wahl ein Zusammengehen mit anderen Fraktionen ausgeschlossen. Wenn jetzt von geschlossenem Auftreten mit der CDU die Rede ist, kann das schnell als "Koalition durch die Hintertür" (miss)verstanden werden.
Malte Kanebley (CDU) und Tobias Handtke (SPD) bemühen sich deshalb jetzt um Schadensbegrenzung. SPD-Fraktionschef Tobias Handtke widerspricht der Leseart des Papiers als verkapptem Koalitionsvertrag und verweist auf die Haushaltssituation, die keinen Platz für Parteienzwist ließe. Alles sei fernab von "Großer Koalition" oder Gruppenbildung. Absprachen zwischen Parteien gebe es immer. Handtke bekräftigte: Es solle nichts im Verborgenen passieren. Hier muss sich der Fraktionschef aber fragen lassen, warum die SPD denn nicht auch auf die anderen Parteien mit einem schriftlichen Angebot zugekommen ist.
Malte Kanebley hat (wieder einmal) eine ganz andere Version der Geschichte um seine Personalie: Demnach sei deutlich geworden, dass er die Fraktion nicht wie bisher ohne Geschäftsordnung führen könne. Sein Rücktritt wäre damit aus rein formalen Gründen erfolgt. Auch von einer "Koalition durch die Hintertür" will Kanebley nicht sprechen. "Inhalte wurden noch überhaupt nicht diskutiert, außerdem sind auch andere Fraktionen in den Arbeitsgruppen willkommen." Allerdings: In einem internen CDU-Papier wirkt das Ganze anders. Hier stellt Kanebley die Partei vor zwei Varianten: Entweder ohne Chance auf Mitgestaltung, die SPD zum Haushalts-Sündenbock machen. "Eine plausible Argumentationskette ließe sich konstruieren." Oder aber das Angebot der SPD anzunehmen, unter dem Diktat der Haushaltskonsolidierung mit der CDU zusammenzugehen. Die Einladung der anderen Parteien sollen "mehr als Alibi" erfolgen, weil deren Interesse bekanntlich sehr gering sei.
Dass es bei der Zweckehe mit der SPD um viel mehr geht als nur den Haushalt, wird deutlich, wenn Kanebley schreibt: "Die kommenden Jahre werden wir im Haushalt eh nicht viel retten können." und weiter: "Zu einem Konzept gehört für mich eine klare Perspektive in Sachen Ortsentwicklung (Gewerbe UND Wohnen)."
Ein Schulterschluss mit der SPD beim Thema Wohnbebauung, davon hätte Kanebley ganz persönlich was. Denn mit der komfortablen Zweidrittelmehrheit wäre die Bebauung seiner Grundstücke im südlichen Elstorf in greifbarer Nähe, obwohl es in der Neu Wulmstorfer Politik starke Vorbehalte gegen eine Entwicklung der Flächen dort gibt, weil hier die dringend benötigte Ortsumgehung verlaufen könnte. Es zeigt sich: Mit der neuen Neu Wulmstorfer "Groko" wird wohl so einiges möglich - auch für Malte Kanebley. 

Auf ein Wort 

Wer lügt hier? In seinem Brief an die CDU-Mitglieder geht Malte Kanebley auch auf die Wirkung in der Presse ein, Zitat: "Wenn wir in der Presse schlechter wegkommen, dann liegt das entweder an uns selbst oder möglicherweise an der Darstellung in dem jeweiligen Organ (LÜGENPRESSE!...)" Lieber Herr Kanebley, ich will jetzt gar nicht davon anfangen, dass der Pegida-Schlachtruf "Lügenpresse" seinen Ursprung in der Nazizeit hat... Eines möchte ich hier jedoch einmal klarstellen:
In der Causa Kanebley, ja, da wurde gelogen! Aber nicht vom WOCHENBLATT, sondern im WOCHENBLATT. Wer einen handfesten Machtkampf, der im eigenen Rücktritt endete, als Formalie verschleiert, wer seinen Rücktritt verschweigt, wer unter dem Deckmantel der Haushaltskonsolidierung die Weichen für eine langfristige Zusammenarbeit stellt, ohne das auf Nachfrage zu kommunizieren, lieber Herr Kanebley, der sagt, um mit den Worten des SPD-Politikers Herbert Wehner zu sprechen, die "Unwahrheit, und das mit Absicht" - sowas kann man eine Lüge nennen.
Mit Ihrem Herumlavieren machen Sie sich darüber hinaus als Politiker unglaubwürdig.
Bei den Fraktionswahlen am kommenden Dienstag wird sich zeigen, ob ein "Baron Münchhausen" wirklich der richtige für den Posten ist oder ob man in der CDU so mutig ist, einen Nobody ans Ruder zu lassen. Das fragt sich sicher nicht nur die sogenannte "Lügenpresse".
Mitja Schrader

Malte Kanebley (CDU)
Gerhard Peters (CDU) Fotos: Archiv
Redakteur:

Mitja Schrader

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