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"Der Rat muss sich der Verantwortung stellen"

Die Gemeinde Jesteburg galt viele Jahre als reichstes Dorf der Nordheide. Nun mahnt Rathaus-Chef Hans-Heinrich Höper einen Sparkurs an | Foto: Bernd Jost
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  • Die Gemeinde Jesteburg galt viele Jahre als reichstes Dorf der Nordheide. Nun mahnt Rathaus-Chef Hans-Heinrich Höper einen Sparkurs an
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Jesteburgs Gemeindedirektor Höper übt scharfe Kritik am Haushalt / „Der Verwaltung soll der 'schwarze Peter' zugeschoben werden“.

mum. Jesteburg. Das ist starker Tobak! Jesteburgs Gemeindedirektor Hans-Heinrich Höper hat den Ratsmitgliedern deutliche Worte zum Haushalt mit auf den Weg gegeben! Doch geholfen hat es nicht. Die einst so reiche Gemeinde macht weiterhin fleißig Schulden (siehe Kasten). Bereits vor Weihnachten hatte Höper die Jesteburger Politik in seiner Funktion als Gemeindedirektor scharf kritisiert. Dabei warf er der Politik vor, das Rathaus mit Anträgen und Anfragen zu überschwemmen.
Höpers Haushalts-Kritik im Wortlaut (gekürzt):
• „Aus Sicht der Verwaltung halte ich es für unbedingt notwendig, erste verbindliche Schritte bereits zum Haushaltsplan 2018 einzuleiten. Bei dem bisher formulierten Auftrag an die Verwaltung, bis März 2018 konkrete Kürzungsvorschläge vorzulegen, sehe ich die Gefahr, dass hier der 'Schwarze Peter' der Verwaltung zugespielt werden soll. Es gab in der Vergangenheit immer wieder Hinweise der Verwaltung zur Entwicklung der finanziellen Situation und den Folgen. Diese Hinweise wurden nicht aufgegriffen. Es wurden Entscheidungen im Rat getroffen, die die heutige finanzielle Situation mit verursacht haben. Deshalb muss sich der Rat seiner Verantwortung stellen. Wenn der Rat etwa entscheidet, dass man keine gewerbliche Entwicklung will, um das Ortsbild zu erhalten, ist das eine Entscheidung, die der Rat treffen kann, die allerdings finanzielle Folgen hat. Das muss den Bürgern gesagt werden. Auch, dass dann finanzielle Mittel für freiwillige Leistungen nicht zur Verfügung stehen.
• Der Vorschlag aus dem Finanzausschuss, jeden Teilhaushalt pauschal um einen bestimmten Prozentsatz zu kürzen, greift zu kurz. Es ist zu hinterfragen, ob das Projekt Kunstpfad ausgesetzt werden soll, bis die finanzielle Situation wieder stabil ist.
• Zur Finanzierung der Investitionen von Pflichtaufgaben, etwa dem Bau einer weiteren Kindertagesstätte, muss geprüft werden, welches Vermögen nicht für die Erfüllung von Pflichtaufgaben benötigt wird und deshalb veräußert werden kann. Das können Grundstücke, aber auch Gebäude sein.
• Zu den freiwilligen Leistungen gehört auch das Thema Tourismus. Bei der Übernahme der Tourist-Info (TI) wurde angesprochen, dass die TI auf die Ebene der Samtgemeinde gehoben werden kann, damit die Angebote in alle Mitgliedsgemeinden über die TI vermarktet werden. Die übrigen Mitgliedsgemeinden haben sich aber dagegen entschieden. Trotzdem ignoriert die TI die Angebote in den anderen Gemeinden nicht, sondern orientiert sich an den Bedürfnissen der Kunden. Vor dem Hintergrund des Defizits im Haushaltsplan, muss die Gemeinde überlegen, ob sie diese Aufgabe weiterhin wahrnehmen möchte. In diesem Zusammenhang könnte man auch über eine Tourismusabgabe nachdenken.
• Hinweise auf die enormen Kosten im Bereich der Kindertagesstätten wurden ignoriert. Diese Kosten sind wegen des gesetzlichen Anspruches, geplanter weiterer gesetzlicher Ansprüche und durch die von den Gerichten formulierten Ansprüche nicht zu reduzieren. Wenn die Belastungen aber so sind, muss darauf auch politisch reagiert werden. Ein Schritt kann sein, dass im freiwilligen Bereich mit dem Hinweis auf die Kosten der Kindertagesstätten Leistungen gestrichen werden.
• Jesteburg ist bei der Entwicklung der Gewerbesteuer im Vergleich zu anderen Kommunen im Landkreis weit zurückgefallen. Diese Steuereinnahmen fehlen. Ansätze, Gewerbe anzusiedeln sowie Gewerbeflächen im vertretbaren Ausmaß innerhalb der Gemeinde auszuweisen, wurden ständig abgelehnt. Es ging dabei nicht um Logistikhallen, sondern um interessante Betriebe. Der Verzicht auf Gewerbeflächen war eine bewusste Entscheidung des Rates. Damit ist es auch Sache der Politik, die Folgen daraus zu tragen.
• In den vergangenen Jahren bestand Konsens, dass wir als kleine Gemeinde mit einer möglichst kleinen schlagkräftigen Verwaltung auskommen. Das ist aber nur möglich, wenn Rat und Verwaltung zusammenarbeiten. Der Rat in der jetzigen Legislaturperiode zeichnet sich aber dadurch aus, dass er die Verwaltung laufend mit Geschäftsordnungsanträgen und Anfragen beschäftigt. Die Ratsmitglieder schaufeln die Verwaltung mit Arbeit zu und fragen hinterher, warum die Arbeit nicht erledigt wird.
• Trotz der finanziell angespannten Situation werden immer wieder neue Aufgaben kreiert, neue Zuschüsse gezahlt, neue weitere freiwillige Aufgaben finanziert. Die Folgen dürfen aber nicht auf die Verwaltung abgewälzt werden.
• Alle Versuche, Aufgaben auf der Ebene der Samtgemeinde zu bündeln, sind bisher gescheitert. Die Samtgemeinde mit ihren
Mitgliedsgemeinden vergibt damit eine Chance, sich fit für künftige Herausforderungen zu machen.“

Verschuldung steigt auf sieben Millionen Euro

Der Ergebnishaushalt schließt mit einem sehr hohen Defizit von 557.200 Euro ab. „Eine Ursache hierfür ist der Rückgang bei der Einkommenssteuer durch eine Neufestlegung des Verteilungsschlüssels“, erklärt Kämmerer Henning Oertzen. Da in den kommenden Jahren dort mit Steigerungen gerechnet wird, werden geringere Defizite erwartet. Die Gemeinde muss aber, um zukünftig Darlehen tilgen zu können, bei den laufenden Auszahlungen zu Einsparungen kommen. Der Finanzausschuss soll daher in der nächsten Sitzung über Einsparvorschläge diskutieren und gegebenenfalls einen Nachtragshaushaltsplan aufstellen. „Im Haushaltsplan sind Kreditaufnahmen in Höhe von 3.536.000 Euro vorgesehen. Die Gesamtverschuldung könnte auf fast sieben Millionen Euro steigen“, so Oertzen. Durch Veräußerung des Festhallengrundstückes (an „Famila“) und des Reitplatzes im Jahr 2021 werden aber Einzahlungen in Höhe von fünf Millionen Euro erwartet. Eine Verschuldung von zwei Millionen Euro würde dann unterhalb des Landesdurchschnitts liegen.
Größte Investition sind Grundstückskäufe in Höhe von 2.551.500 Euro, Straßenbaumaßnahmen mit 680.000 Euro und Baumaßnahmen im Zuge der Städtebauförderung in Höhe von 1.070.000 Euro (werden zu zwei Drittel bezuschusst).

„Das ist ohne jede Vernunft!“

Während SPD, CDU und Grüne dem Haushalt zustimmten, sparte UWG Jes!-Vorsitzender Hansjörg Siede nicht mit Kritik. „Entgegen jeder haushaltspolitischen Vernunft hat der Rat noch einmal eine kräftige Schulden-Schippe nachgelegt und eine weitere Neuverschuldung von fast 3,4 Millionen Euro durchgewunken. Der Ergebnishaushalt weist eine bisher nie für möglich gehaltene Deckungslücke auf, die gegenüber 2017 noch einmal um über 30 Prozent gewachsen ist.“ Siede weiter: „Über Monate hatten wir gemeinsam mit den Ratskollegen eine Kehrtwende erarbeitet, doch nun scheint das alles nur noch Makulatur zu sein.“

Auf ein Wort

Wirtschaft statt Kunst?

In Jesteburg läuft gewaltig etwas falsch. Innerhalb von wenigen Wochen nimmt sich Gemeindedirektor Hans-Heinrich Höper mehrfach die Ratsherren zur Brust. Ungewohnt scharf kritisiert der sonst für moderate Töne bekannte Verwaltungschef die Politik. Wichtig: Höper schließt alle im Rat vertretenen Parteien in seine Kritik ein. SPD, CDU und Grüne würden es sich deutlich zu leicht machen, wenn sie die Schuld nur bei den „Neuen“ von der UWG Jes! suchen.
Die Wählergemeinschaft mag zwar für eine Flut von Anträgen verantwortlich sein. Doch für die finanzielle Schieflage kann sie - noch - nichts. Immerhin gehört die UWG Jes! erst seit etwas mehr als einem Jahr dem Rat an. Höper macht deutlich, dass Jesteburg dringend umdenken muss: Wirtschaftsförderung statt Kunstgenuss? Pflichtaufgaben statt freiwilliges Sponsoring? Höper mahnt Sparsamkeit an - und bekommt nur von der UWG Unterstützung. Wie so oft reden die etablierten Parteien das Defizit schön. Da passt es ins Bild, dass sich nur die UWG gegen die jüngsten Grundstückskäufe ausgesprochen hat.
Sascha Mummenhoff

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Redakteur:

Sascha Mummenhoff aus Jesteburg

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