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Betrug unter neuem Namen ?
Hinweise deuten darauf hin an, dass Ballonfahrt-Unternehmer Karsten Funk nach wie vor im Geschäft ist

Karsten Funk (re.) mit seinen Anwälten Rainer Frank (li.) und Dr. Sebastian Deichgräbe während der Verhandlung im Amtsgericht Tostedt
  • Karsten Funk (re.) mit seinen Anwälten Rainer Frank (li.) und Dr. Sebastian Deichgräbe während der Verhandlung im Amtsgericht Tostedt
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Foto: Helena GARCIA@AdobeStock.com

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(mum). Nur zu 20 Monaten, die zu einer dreijährigen Bewährungsstrafe ausgesetzt wurden, hatte das Amtsgericht Tostedt den Heißluftballon-Betrüger Karsten Funk Mitte Dezember verurteilt (das WOCHENBLATT berichtete). Möglich wurde das milde Urteil dank eines Deals, den Funks Anwälte mit der Staatsanwaltschaft ausgehandelt hatten. Tausende Kunden, die dem Mann aus Handeloh (Samtgemeinde Tostedt) auf den Leim gegangen sind, haben ihr Geld verloren, denn Funk hatte auch Privatinsolvenz angemeldet. Der Schaden dürfte in die Millionen gehen. Ihm wurden unter anderem gewerbsmäßiger Betrug und "Fliegen ohne Lizenz" vorgeworfen. Laut Staatsanwaltschaft hatte Funk zahlreiche Gutscheine für Ballonfahrten verkauft, aber diese nie durchgeführt. Dabei war, davon ist die Anklage überzeugt, Funk bewusst, dass er die große Anzahl an Gutscheinen nie würde abwickeln können. Die Ballonfahrten wurden immer wieder - meist kurzfristig - abgesagt.
Das Gericht untersagte Funk jegliche Beteiligung an Unternehmen des Luftfahrtgewerbes. Das Verbot trat zum 30. April in Kraft. "So lange bekommt der Verurteilte Zeit, seine Beteiligungen aufzulösen", sagte Richterin Dr. Valentin-Gerecke damals bei der Urteilsbegründung. Das WOCHENBLATT nimmt den Termin zum Anlass, um zu schauen, ob sich Funk wirklich an das Urteil hält.
Ein Blick auf eine der vielen von Funk betriebenen Homepages (www.ballonfahrt.de) deutet zumindest an, dass der Betrüger weiterhin aktiv ist. Laut Impressum ist zwar Piotr Jan Gobelny aus Alfeld (Landkreis Hildesheim) für das Unternehmen zuständig. Doch als Kontaktnummer wird nach wie vor der Anschluss von Funk in Wörme angegeben. Auf Nachfrage teilt Marija Nowicka, eine Mitarbeiterin von "1A Ballonfahrten und Events" mit, "Herr Funk ist und war für uns bisher nicht tätig." In der E-Mail-Signatur wird jedoch nicht Alfeld angegeben, sondern Funks private Wohnadresse in Handeloh. Natürlich gibt es dafür eine Begründung: "Wir haben bis vor einiger Zeit die technischen Facilitäten am Standort Wörme genutzt, bevor wir auf eigene Technik umgezogen sind", teilt Nowicka mit. Ist das glaubhaft? Das WOCHENBLATT sprach mit Opfern und der Justiz.

Ein Mann ohne jegliche Reue?

(mum). "Ich bin ratlos. Was soll ich machen?", fragt Julia Ditmann aus Eicklingen (Landkreis Celle). Ihre Mutter hatte ihr zu Weihnachten vergangenen Jahres einen Gutschein im Wert von 380 Euro geschenkt. Erworben hatte sie die Ballonfahrt für zwei Personen über die Homepage "www.ballonfahrt.de", die erst von dem verurteilten Betrüger Karsten Funk und später von Piotr Jan Gobelny betrieben wurde. "Seit diesem Zeitpunkt habe ich mehrfach telefonisch und via E-Mail versucht, das Unternehmen zu kontaktieren, um einen Termin zu vereinbaren", erzählt Ditmann. Bislang blieben alle Bemühungen erfolglos. "Nur einmal erklärte mir eine Frau am Telefon, dass Termine erst nach Ostern vergeben werden", erinnert sich die junge Frau. Doch auch fast vier Wochen nach Ostern konnte Ditmann keinen Termin vereinbaren. Auf Nachfrage teilte das Unternehmen mit, dass der Vorgang nicht bekannt sei. "Es wurden in den vergangenen Jahren erhebliche Mengen an Gästen gefahren, die allesamt schöne Fahrten hatten", so Mitarbeiterin Marija Nowicka. "Obendrein wurden sogar Gäste der insolventen Heide Luftfahrt GmbH gefahren."
Wer im Internet allerdings recherchiert oder die Verhandlung gegen Karsten Funk aus Handeloh (Samtgemeinde Tostedt) vor dem Amtsgericht Tostedt Anfang Dezember verfolgte, den wundern die Schilderungen von Julia Ditmann nicht. Funk war direkt an 13 Unternehmen beteiligt, über die er Tickets für Ballonfahrten angeboten beziehungsweise Ballonfahrten abgewickelt hat. Die Ermittlungen von Staatsanwaltschaft und Polizei lassen den Schluss zu, dass zum Zeitpunkt der Verhandlung fast 7.000 Tickets noch offen waren. Funk hat in dieser Zeit mutmaßlich Einnahmen von fast zwei Millionen Euro generiert. Erschreckend: Die umfangreichen Ermittlungen umfassten nur den Zeitraum von 2011 bis 2014. Experten gehen davon aus, dass Funk vor dem Beginn der Ermittlungen bereits Gutscheine in beträchtlicher Anzahl verkaufte - und bis heute damit nicht aufgehört hat.
"Das macht mich richtig sauer", sagte damals Ballon-Unternehmer Axel Ockelmann. "Funk hat in den vergangenen Jahren so viel Geld beiseite geschafft und kommt damit jetzt auch noch durch. Offensichtlich ist die Staatsanwaltschaft mit so einem gerissenen Betrüger überfordert." Zudem habe Funk den Ruf einer ganzen Branche ruiniert.
"Die Akte Funk liegt bei der zuständigen Richterin auf Wiedervorlage", sagt Dr. Christian Gude, der stellvertretende Tostedter Amtsgerichtsdirektor. "Sie wird im Laufe der nächsten Wochen überprüfen, ob sich Karsten Funk an die Bewährungsauflagen hält, die er bis zum 30. April zu erfüllen hatte. Hierzu kann sie alle zur Verfügung stehenden Erkenntnisquellen nutzen. Welche Schritte sie dabei konkret für geeignet hält, liegt im Ermessen der Richterin."
Wertvolle Hinweise könnte der Landkreis Harburg liefern. Wie berichtet, hat das zuständige Amt gegen die Firma Aeolus Aviation GmbH und gegen Karsten Funk ein Gewerbeverbot ausgesprochen. Dagegen hatte der Handeloher zwar Rechtsmittel eingelegt - jedoch erfolglos. "Die Untersagung ist rechtskräftig", so Landkreis-Sprecherin Andrea Deutschmann. Nach der Abschaltung der Seiten seien diese über einen anderen Provider wieder online gestellt worden. Der Landkreis Harburg versuchte diese ebenfalls abschalten zu lassen.
"Das Gewerbe wurde zwar abgemeldet, es erfolgten jedoch keine Nachweise über eine tatsächliche Aufgabe durch Herrn Funk", so Deutschmann weiter. Aus diesem Grund und wegen der weiterhin verfügbaren Internetseiten bestehe aus Sicht des Landkreises der begründete Verdacht, dass Funk weiterhin tätig sei. Deshalb seien vom Landkreis Zwangsmittel angewendet beziehungsweise Ersatzzwangshaft beantragt worden.
"Auf entsprechende Strafantragstellung durch den Landkreis wegen Verstoßes gegen die Gewerbe-Untersagung wurde aber von der Staatsanwaltschaft kein Verfahren eröffnet", so Deutschmann.
"Der Tatvorwurf betrifft einen Zeitraum vor Prozessende", so Oberstaatsanwalt Kai Thomas Breas aus Stade. "Da davon auszugehen ist, dass sich die Strafe aus dem Urteil wegen der neuen Vorwürfe nicht wesentlich erhöht, haben wir davon abgesehen, Anklage zu erheben." Zu prüfen, ob sich Funk an die Bewährungsauflagen hält, sei Aufgabe des Gerichts. Breas bestätigte, dass immer noch ehemalige Kunden von Funk und seinen Unternehmen Anzeige erstatten.
• Der Landkreis Harburg ermittelte gegen Funk auch in einem anderen Fall: Auf einem riesigen Wald-Grundstück in Handeloh hatte Funk mehrere Dutzend alte Autos unter freiem Himmel abgestellt. "Wir haben ihn aufgefordert, diese zu entfernen", so Sprecher Bernhard Frosdorfer Ende Dezember. "Der Großteil der Autos ist bereits durch den Insolvenzverwalter, mit dem der Landkreis Harburg in Kontakt steht, verkauft oder entfernt worden", teilt der Landkreis mit. "Es befanden sich zum Zeitpunkt der letzten Ortsbesichtigung im April noch fünf abgemeldete Autos auf dem Grundstück, von denen noch zwei entfernt werden, da es sich zweifelsfrei um Altautos handelt." Der Auftrag sei vom Insolvenzverwalter bereits erteilt worden. "Unter einem Unterstand stehen noch weitere drei Autos, die zwar abgemeldet aber in einem guten Zustand sind und laut Herrn Funk dort verbleiben sollen."

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Redakteur:

Sascha Mummenhoff aus Jesteburg

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