Sind Existenzen bedroht?

Das Interesse an der Informations-Veranstaltung war groß. Die Stühle im neuen Schützenhaus reichten nicht aus
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Neues Naturschutzgebiet "Seeve": Bürger konfrontieren Untere Naturschutzbehörde mit vielen Fragen.

mum. Jesteburg. Die Untere Naturschutzbehörde des Landkreises Harburg hatte am Mittwoch zu einer Info-Veranstaltung nach Jesteburg eingeladen. Wie berichtet, bereitet der Landkreis die Neuausweisung des Naturschutzgebiets "Seeve" vor. Dieses soll gemäß den Vorgaben der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH) der Europäischen Union unter besonderen Schutz gestellt werden. Das geplante Naturschutzgebiet erstreckt sich über das Gebiet der Samtgemeinden Hanstedt, Jesteburg und Tostedt, der Gemeinde Seevetal und der Stadt Buchholz. Es verläuft entlang des Ober- und Mittellaufes der Seeve vom Quellbereich östlich von Handeloh bis zum Rangierbahnhof Maschen im Norden. So waren unter anderem die Samtgemeinde-Bürgermeister Hans-Heinrich Höper (Jesteburg) und Olaf Muus (Hanstedt), Seevetal-Bürgermeisterin Martina Oertzen und diverse Ortsbürgermeister - darunter Handelohs Bürgermeister Heinrich Richter - im Publikum.
"Auch für uns ist das Thema spannend", so Höper. "Bislang liegen uns keine Unterlagen vor, sodass wir nicht einschätzen können, ob das neue Naturschutzgebiet Konsequenzen für unsere Samtgemeinde hat", so Höper.   
Zuletzt hatte es großen Widerstand gegen die Ausweisung eines anderen FFH-Gebiets an der Este zwischen Moisburg und Bötersheim gegeben. Landwirte, Eigenheim- und Waldbesitzer werden dort in ihren Möglichkeiten stark eingeschränkt - die Betroffenen sprechen teilweise sogar von Enteignung. Und auch in Jesteburg war die Atmosphäre aufgeladen. Betroffene kritisierten, dass sie zu kurzfristig - und nur über die Presse - über das Thema und den Termin informiert wurden. Dem trat Detlef Gumz, Leiter der Abteilung Naturschutz und Landschaftspflege, entgegen. "Eigentlich müssten wir gar nicht zu so einer Veranstaltungen einladen."
Landwirte machen deutlich, dass sie um ihre Existenz fürchten. "Ihre Pläne betreffen gut ein Viertel meiner Weiden", sagte ein Landwirt. "Für diesen Fall sind jährlich abrufbare Erschwernisausgleichs-Zahlungen von bis zu 385 Euro pro Hektar vorgesehen", entgegnete Gumz. Diese gelten jedoch nur für den Bewirtschafter der Fläche, nicht für den Besitzer. "Das ist nichts anderes als Enteignung", schallte es aus dem Publikum. "Dann soll der Landkreis meine Flächen doch kaufen." Laut Gumz sei dies sogar in Einzelfällen möglich.
Gumz forderte Betroffene auf, sich einen Termin bei den Mitarbeitern seiner Behörde zu holen. "Wir werden dann individuell die Situation besprechen." Im Anschluss hätten dann die Bürger die Möglichkeit, Einwände geltend zu machen. Allerdings besteht dazu nur bis Ende Oktober Gelegenheit. "Wir haben das Ziel, spätestens im November der Kreispolitik etwas zur Diskussion vorzulegen", so Gumz.
Dem Chef der Unteren Naturschutzbehörde gelang es mit Versprechungen, vielen Bürgern Ängste zu nehmen. Unter anderem versprach er, dass Eigentümer im neuen Naturschutzgebiet ihre Häuser wieder aufbauen dürfen, wenn diese etwa durch Feuer zerstört werden. Landwirte seien kaum betroffen. Konkret an die Jesteburger gewendet, sagte Gumz: "Hier gibt es keine Flächen, die eingeschränkt werden." Dabei sollten Betroffene wissen, dass Eigentümer von Flächen im neuen Naturschutzgebiet mit teilweise erheblichen Einschränkungen rechnen müssen. Mahd, Düngung, Aufforstung, Bauten, Entwässerung, Holzeinschlag und teilweise sogar das Betreten sind streng geregelt oder müssen vorher bei der Unteren Naturschutzbehörde beantragt werden.  

FHH-Richtlinie gibt es seit 1992

(mi). 1992 wurde von der EU die so genannte FFH-Richtlinie erlassen und so die Rahmenbedingungen für die zwingende Ausweisung eines zusammenhängenden Netzes von speziell geschützten Naturräumen (Natura 2000) in allen Mitgliedstaaten geschaffen. Das Ziel: Wild lebende Arten in ihrer Vielfalt zu bewahren und natürliche Lebensräume zu schützen. Dafür wurde auch Deutschland aufgefordert, Flächen nach Brüssel zu melden.
Heute gibt es in den Kreisen Harburg und Stade jeweils 14 solcher FFH-Flächen. Das Problem: EU-rechtskonform sind davon im Landkreis Harburg noch längst nicht alle. Das muss sich jetzt bis Herbst 2018 ändern. Noch 2014 waren mehr als zwölf Prozent der niedersächsischen FFH-Flächen nicht EU-konform. Deutschlandweit sieht es nicht viel besser aus. Wegen dieses mangelnden Engagements hat die EU mittlerweile ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland eingeleitet. Die Folge: Die Bundesregierung macht den Ländern und die wiederum den Landkreisen Druck.
Im Landkreis Harburg hatte man die Flächen 2005 nach Hannover gemeldet. Seitdem wurde allerdings im Kreishaus das Ziel anscheinend mit nur mäßigem Elan verfolgt. Man hat offenbar jahrelang in die falsche Richtung gearbeitet. Zumindest wurden nicht die Schritte durchgeführt, die heute von der EU gefordert werden. Bis zum Regierungswechsel 2013 setzte man in Hannover offenbar voll auf den sogenannten "Vertragsnaturschutz". Nicht die hoheitliche Ausweisung von Naturschutzgebieten, sondern privatrechtliche Sicherung der Gebiete war Handelsmaxime. Die Kreise wurden angehalten, die Sicherung der Flächen durch Verträge vorzunehmen.
Damals war dieses Vorgehen eine Win-Win-Situation: Beim Landkreis Harburg musste man sich nicht mit den aufwendigen Verfahren zur Ausweisung von Naturschutzgebieten befassen und bei der CDU-Landesregierung stellte man sich mit den Landwirten - einer wichtigen Klientel - weiterhin auf guten Fuß. 
Doch jetzt stellt die EU klar: FFH-Gebiete müssen grundsätzlich durch die Ausweisung von Naturschutzflächen hoheitlich gesichert werden.

Unterlagen liegen aus

(mum). Das öffentliche Beteiligungsverfahren für das geplante Naturschutzgebiet "Seeve" wird der Landkreis Harburg von Montag, 27. August, bis Freitag, 26. Oktober, durchführen. Der Entwurf der Naturschutzgebietsverordnung inklusive der Begründung und Gebietskarten werden in diesem Zeitraum beim Landkreis Harburg in der Abteilung Naturschutz und Landschaftspflege, Gebäude B, Zimmer -309, Schloßplatz 6, 21423 Winsen (Luhe), ausliegen sowie in den folgenden Gemeinden:
• Samtgemeinde Hanstedt, Zi. 17 im EG, Rathausstraße 1
• Samtgemeinde Jesteburg, Neues Rathaus, Zimmer 23, Niedersachsenplatz 5
• Samtgemeinde Tostedt, Fachbereich Bauen und Planung, Zimmer 414 – 1. OG, Schützenstraße 26a
• Gemeinde Seevetal, Raum B 213, Kirchstraße 11
• Buchholz, Stadtplanung, 1. Stock, Rathausplatz 1
• Ab Montag, 27. August, können die Unterlagen auch im Internet unter https://www.landkreis-harburg.de/nsgseeve eingesehen werden. Eine Beteiligung ist auch digital möglich. Anregungen und Bedenken können per E-Mail an naturschutzgebiete@lkharburg.de eingebracht werden.

Redakteur:

Sascha Mummenhoff aus Jesteburg

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