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Millionenschaden im Buchholzer Freibad

Eklat im Kreisschulausschuss
Eltern wollen mehr IGS - Politik spielt auf Zeit

Eltern aus Hollenstedt demonstrierten vor der Sitzung für eine IGS in Hollenstedt | Foto: bim
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  • Eltern aus Hollenstedt demonstrierten vor der Sitzung für eine IGS in Hollenstedt
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JOBS und KARRIERE

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bim. Nenndorf. Das Votum der Eltern und Schüler ist eindeutig: Sie wünschen sich mit überwältigenden Mehrheiten die Umwandlung von Oberschulen in Integrierte Gesamtschulen (IGS). Aber die Kreispolitik kann sich trotz Empfehlungen eines Gutachters und einer fraktionsübergreifenden Arbeitsgruppe nicht zu einer Entscheidung durchringen, weil das Auswirkungen auf die gesamte Schulstruktur hätte. Jetzt kam es wegen eines Antrags der Gruppe Grüne/Linke auf Umwandlung der Oberschulen in Hanstedt, Hollenstedt, Jesteburg und Rosengarten in IGS im Kreisschulausschuss zum Eklat. Statt den Antrag zu beraten, (siehe unten stehenden Artikel), berichtete Ordnungsdezernentin Annerose Tiedt über den Sachstand der Beratungen und klärten Susan Kletzin und Maren Kuhlmann von der Landesschulbehörde über schulfachliche und schulrechtliche Umwandlungsvoraussetzungen auf.

Hintergrund: Für die drei integrierten Gesamtschulen im Landkreis Harburg in Buchholz, Winsen und Seevetal haben im Herbst vergangenen Jahres 691 Schülerinnen und Schüler die Aufnahme beantragt, jedoch gab es für 261 Schüler keine Plätze.
In Hollenstedt hatten sich in einer Befragung 97,7 Prozent der Eltern von Kindergarten- und Grundschulkindern für eine IGS ausgesprochen. In Jesteburg waren es 89 Prozent. Die Samtgemeinderäte beider Kommunen haben entsprechende Resolutionen verabschiedet. 

Annerose Tiedt erläuterte, dass die fraktionsübergreifende Arbeitsgemeinschaft, die sich mit der künftigen Schullandschaft im Landkreis Harburg befasst, zunächst weitere Informationen zu Wechselwirkungen zwischen den Standorten aufzeigen, mögliche Veränderungen nach Pro und Kontra bewerten und Empfehlungen für alle Standorte ableiten solle. Dann werde u.a. in "Szenarienarbeit" nochmal jeder Standort angeschaut, eine inhaltliche Elternbefragung konzipiert und weitere schulorganisatorische Fragen geklärt, bevor in den Gremien entschieden werde. Ziel sei es, bis zum 31. Oktober 2022 Anträge an das regionale Landesamt für Schule und Bildung zu stellen, sodass eine Umsetzung zum Schuljahr 2023/24 realistisch sei.
Umwandlung von Oberschulen
muss wohlüberlegt sein

Die Umwandlung von Oberschulen in IGS müsse wohl überlegt sein und dem Elternwillen entsprechen. Es handele sich um einen fünfjährigen Prozess, bei dem die auslaufende Schulform "aussterbe" und die neue "aufwachse", erläuterten Susan Kletzin und Maren Kuhlmann. Die Schüler der auslaufenden Oberschulen würden nicht automatisch Schüler der IGS. Realistische Zehn-Jahres-Prognosen bei den Schülerzahlen seien Voraussetzung. Vom Gesetzgeber vorgegeben sei bei den IGS eine Vierzügigkeit mit 24 Schülern pro Klasse. In Ausnahmefällen könne vorübergehend eine Dreizügigkeit erlaubt werden, wenn eine andere IGS unter zumutbaren Schulweg-Bedingungen nicht erreichbar sei. Und als zumutbar wird für Schüler der Sekundarstufe I ein 75-minütiger Schulweg je Richtung angesehen.

Auch Außenstellen seien mit Genehmigung der Schulbehörde nur vorübergehend möglich, wenn u.a. Schulleitung, Schulvorstand und Konferenz die Aufgaben ordnungsgemäß erfüllen könnten, es ein ausreichend differenziertes Unterrichtsangebot und eine gute Erreichbarkeit gebe.
Jedes Format hat Auswirkungen
auf alle Schulformen

Jedes Format der Schulentwicklung habe Auswirkungen auf alle Schulformen. Und die Integrierten Gesamtschulen dürften sich nicht gegenseitig kannibalisieren, also gegenseitig die Schüler abwerben, machten die Vertreterinnen der Landesschulbehörde deutlich.

Eine gymnasiale Oberstufe werde nicht bei einer Neugründung, sondern erst in einem zweiten Schritt genehmigt, wenn der neunte Jahrgang erreicht sei und mindestens 54 Jugendliche erweiterte SEK-I-Abschlüsse anstreben. Diese Zahlen müssten stabil nachgewiesen werden.

Schäfer droht Bock mit Klage

In der Sitzung des Kreisschulausschusses standen nur zwei relevante Themen auf der Tagesordnung. Neben einer Förderrichtlinie für Technik zum "infektionsschutzgerechten Lüften" an Schulen der Antrag der Gruppe Grüne/Linke auf Umwandlung von vier Oberschulen in Integrierte Gesamtschulen (IGS). Für den waren eine Reihe von Eltern u.a. aus Jesteburg und Hollenstedt zur nachmittäglichen Sitzung in Böttchers Gasthaus in Nenndorf gekommen. Auf die Beratung des Antrags hatte Ausschussvorsitzender André Bock (CDU) aber keinen Bock und stellte einen Antrag zur Geschäftsordnung auf Nichtbefassung, den Grünen/Linken-Antrag also nicht zu beraten. Das wurde vom Ausschuss zur Empörung der Eltern mehrheitlich angenommen. Als Dr. Erhard Schäfer (Grüne) den Antrag der Gruppe begründete, schnitt Bock ihm das Wort ab.

Rückblick: Im November 2017 hatte die Gruppe CDU/WG die Erstellung einer Studie "Schullandschaft und Schulstandorte 2030 im Landkreis Harburg" beantragt. Ergebnisse wurden im September 2019 vorgelegt. Die aber reichten Kreisverwaltung und Kreispolitik offenbar nicht für eine Entscheidung. So wurde gemäß dem Motto "Und wenn du nicht mehr weiterweißt, gründest du einen Arbeitskreis" eine fraktionsübergreifende AG gegründet. Die tagte seit September 2020 mehrfach. Doch auch deren Ergebnisse reichten nicht. So beschloss der Kreistag im März, die Arbeit der Arbeitsgruppe solle mit externer Moderation fortgeführt werden, um die Entwicklung nebst Maßnahmen zu vertiefen und zu konkretisieren sowie zeitnah erste Handlungsempfehlungen vorzulegen.

Dr. Erhard Schäfer zweifelte am Willen des Ausschusses, zu einem Ergebnis zu kommen. Im Oktober 2020 sei ein Thesenpapier eingebracht, aber weiter debattiert worden. Es sei auch nicht der Wille da, den Elternwillen zu berücksichtigen. Schäfer verwies u.a. auf vorliegende Stellungnahmen der betroffenen Gemeinden und Ergebnisse von Elternbefragungen sowie auf die bekannten Schülerzahlen samt der von der Landesschulbehörde geforderten Zehn-Jahres-Prognose.

Antragsteller das
Wort abgeschnitten

Da schnitt André Bock ihm das Wort ab und beantragte die Nichtbefassung. Bocks Begründung: Es gebe den Kreistagsbeschluss vom 25. März, dass die Arbeitsgruppe weiter tagen soll. Und die Ausführungen der beiden Landesschul-Vertreterinnen hätten für ihn deutlich gemacht, was zu beachten ist, damit die AG die weiteren Schritte bewerten könne.

Schäfer betonte, dass der Antrag vom 17. August fristgerecht eingereicht worden sei und die Gruppe ein Recht darauf habe, dass er behandelt werde. "Wenn Sie uns das Recht nehmen wollen, werden wir uns juristisch auseinandersetzen", kündigte Schäfer an.

Auf ein Wort: Die nächste Landtagswahl kommt

Das Gezerre zwischen Oberschule und Gesamtschule ist nicht neu und von Beginn an politisch gefärbt. Das von der CDU-Landesregierung präferierte Oberschul-Modell wird jetzt vom Elternwillen abgestraft. Das kann André Bock, Vorsitzender des Kreisschulausschusses und seit 2013 CDU-Abgeordneter im niedersächsischen Landtag, natürlich nicht hinnehmen.

Und - seien wir ehrlich: In Wahrheit trauen sich die meisten Politiker doch einfach nicht, eine Entscheidung herbeizuführen, weil es eben - wie die Landesschulvertreterinnen verdeutlicht haben - Auswirkungen auf alle Schulstandorte hat. Deshalb wird rumgeeiert, bis Tausende Euro in diverse Gutachten und Planungsbüros versenkt wurden und das Thema - mit etwas Glück - in der Versenkung verschwindet.

Einen berechtigten Antrag jetzt derart abzubügeln, weil er vom politischen Gegner kommt, ist anmaßend und arrogant. Aber: Die nächste Landtagswahl steht 2022 an. Und dann will André Bock womöglich wieder kandidieren. Die Eltern werden sein Verhalten in dieser Sache nicht vergessen. Bianca Marquardt

Redakteur:

Bianca Marquardt aus Tostedt

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