Drei Wochen Zwangsurlaub: Immer mehr Kitas führen lange Sommerschließzeiten ein

Im kommenden Sommer sind viele Kitas für drei Wochen geschlossen
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lt. Horneburg. Wer Familie und Beruf vereinbaren will, braucht eine verlässliche Kinderbetreuung. Doch nach wie vor stellt die Situation in vielen deutschen Kommunen, insbesondere auf dem platten Land, viele Eltern vor große Herausforderungen und bringt große Einschränkungen für Mütter und Väter mit sich. Jüngstes Beispiel sind die langen Sommerschließzeiten, die derzeit in vielen deutschen Kitas eingeführt werden.
Vor allem der viel beschriebene Fachkräftemangel ist ein Grund dafür, dass immer mehr Einrichtungen sich inzwischen an den Sommerferien orientieren und in dieser Zeit für drei Wochen abschließen.
Folge: Nicht nur den Eltern von Schulkindern treten Schweißperlen auf die Stirn, weil sie sich fragen, wie die langen Ferien überbrückt werden können. Auch wer Kinder in der Krippe oder im Kindergarten hat, ist jetzt darauf festgelegt, seinen Jahresurlaub in den Sommerferien zu nehmen und sich womöglich mit den Kollegen anzulegen, die ebenfalls Kinder haben und somit alle zur gleichen Zeit Urlaub einreichen wollen.
Neu ist außerdem die Einführung von einheitlichen Sommerschließzeiten in Kitas in der Region. Ein Beispiel dafür ist die Samtgemeinde Horneburg. Hier sind im Sommer 2018 sechs Kitas zur gleichen Zeit für drei Wochen geschlossen. Als Grund nennt der zuständige Fachbereichsleiter Knut Willenbockel den Wunsch nach einer "einheitlichen Linie" und der "Gleichberechtigung aller Eltern". Im Zuge der Neuerung schließt er allerdings auch eine "Gebührenanpassung" nicht aus. Eine kürzere, z.B. einwöchige Schließung, sei aufgrund der Personalsituation leider nicht möglich, so Willenbockel.
Eine Betreuung der betroffenen Kinder sei trotzdem gewährleistet. Wer eine Bescheinigung des Arbeitgebers vorlegt (erforderlich von beiden Elternteilen) und einen Zusatzbeitrag zahlt, kann sein Kind, bzw. seine Kinder, bis Ende des Jahres in einer Notgruppe anmelden.
Kita-Leiterin Claudia Wegener aus Bliedersdorf sieht in der neuen Regelung "keine Schikane an den Eltern". Sie müssten zwar unter Umständen etwas weiter fahren, um ihr Kind abzugeben und wieder abzuholen, dafür sei aber mindestens ein Erzieher der "Stammkita" vor Ort, damit die Kinder auch weiterhin eine bekannte Bezugsperson vorfinden.
Claudia Wegener geht auch davon aus, dass die Notgruppe gar nicht voll werden wird. Durch die gegebenen Auflagen für die Eltern würden sich vermutlich die meisten doch anders organisieren. Die Plätze sollen eben nur denen vorbehalten sein, die aufgrund ihres Jobs keine andere Möglichkeit haben. Bekanntermaßen sei es ein Problem, dass viele Eltern ihre Kinder am liebsten ständig in der Kita abgeben würden. Dabei bräuchten auch die Kinder dringend mal eine Auszeit.

• Von wann bis wann Kitas geöffnet sind und wie oft im Jahr sie geschlossen sind, ist von Kommune zu Kommune sehr unterschiedlich. Während manche Städte und Gemeinden ihr Betreuungsangebot an die Arbeitsrealität der Eltern anpassen, machen viele Kitas inzwischen im Sommer einheitlich drei Wochen lang dicht. Welches ist der richtige Weg? Sollten Kitas durchgehend geöffnet sein? Ein Pro und Contra:

Pro: Kitas müssen sich Eltern anpassen
Selbstverständlich braucht jeder Urlaub und Auszeiten vom Alltag - Erzieher und Eltern genauso wie Kinder. Trotzdem müssten Kitas und andere Betreuungseinrichtungen - so wie in Schweden vielerorts gang und gäbe - sich den Arbeitszeiten der Eltern anpassen und nicht umgekehrt.
Es kann nicht angehen, dass Eltern gezwungen werden, ihren Urlaub zu einer bestimmten Zeit zu nehmen oder Zusatzgebühren zu zahlen, nur weil die örtliche Kita in dieser Zeit geschlossen ist. Nicht die Eltern, die sich ohnehin schon zwischen der Doppelbelastung zerreißen, sollten benachteiligt werden, sondern sich frei entscheiden können, wann sie gemeinsam mit ihrem Kind eine Auszeit vom Alltag nehmen wollen.
Die langen Schließzeiten hängen ja auch nicht damit zusammen, dass man den Kindern etwas Gutes tun will (ihnen eine Auszeit ermöglichen). Geschlossen werden die Einrichtungen, weil es zu wenig Erzieher gibt und der Job an sich noch immer nicht zu den angesehenen und gut bezahlten Berufen zählt. Daran muss sich dringend etwas ändern. Lena Stehr

Contra: Daueröffnung geht zu weit
Dass Familie und Beruf vereinbar sein müssen, ist unabdingbar und wichtig. Dass berufstätige Eltern ohne Familien-Hilfsnetzwerk auch in den Ferien mitunter eine Notfallbetreuung für ihren Nachwuchs brauchen, steht nicht zur Debatte. Aber: Die Forderung, dass Krippen und Kitas ganzjährig geöffnet sein müssen, geht zu weit. Der Gesetzgeber hat nicht ohne Grund die erlaubte Schließungszeit dieser Einrichtungen geregelt. In den meisten Bundesländern sind das 30 Tage im Jahr. Dabei geht es nicht nur darum, dass auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Urlaub brauchen. Es geht genauso ums Wohl der Kinder. Auch Kita- und Krippenkinder brauchen wie ihre berufstätigen Eltern Ferien statt Vollzeitbetreuung an 365 Tagen im Jahr.
Urlaub lässt sich in der Regel planen und gemeinsame Tage und Wochen mit den eigenen Kindern sollten eine gewollte und schöne Selbstverständlichkeit sein.
Wer die Daueröffnung und - in manchen Metropolen schon vorhanden - die 24-Stunden-Kita fordert, überlässt Erziehung und Verantwortung offenbar lieber den Institutionen und sollte sich die Frage stellen, warum er oder sie eigentlich Vater bzw. Mutter geworden ist.
Tom Kreib

Redakteur:

Lena Stehr

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