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ERHEBLICHE STAUGEFAHR AUF DER A1 AM WOCHENENDE

Flüchtlinge während Corona-Pandemie allein gelassen
Landkreis Stade wehrt sich gegen Kritik der Bürgerinitiative Menschenwürde

Gemeinschaftsunterkünfte sind der BI Menschenwürde besonders in Zeiten von Corona ein Dorn im Auge | Foto: tk
  • Gemeinschaftsunterkünfte sind der BI Menschenwürde besonders in Zeiten von Corona ein Dorn im Auge
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jab. Landkreis. Für eine dezentrale Unterbringung in Einzelwohnungen der Geflüchteten im Landkreis Stade setzt sich seit Jahren die Bürgerinitiative (BI) Menschenwürde ein. Nun kritisieren sie in einer Pressemitteilung gemeinsam mit dem Flüchtlingsrat Niedersachsen in diesem Zusammenhang auch die schlechte Informationspolitik des Landkreises Stade zum Thema Corona und Impfungen in den Unterkünften. "Die Geflüchteten wurden damit allein gelassen und die Aufgaben auf die Ehrenamtlichen abgewälzt", sagt Ingrid Smerdka-Arhelger, Co-Sprecherin der BI Menschenwürde.

Das sind die Vorwürfe

In der Mitteilung werfen die BI und der Flüchtlingsrat dem Landkreis u.a. Planlosigkeit und verhaltenes Engagement nach den ersten Corona-Fällen in Gemeinschaftsunterkünften vor. Der Landkreis sei nicht gut vorbereitet und hätte keine Handlungsstrategie. "Die Bewohner haben kaum Informationen erhalten. In Buxtehude wurde lediglich ein Info-Zettel vorbei gebracht", sagt Smerdka-Arhelger. Das reiche nicht aus, man müsse die Geflüchteten kontinuierlich begleiten. Bei den Ehrenamtlichen würden die Telefone heiß laufen. Dabei seien die Ehrenamtlichen es leid, für die fehlenden Strukturen des Landkreises, z.B. den Abbau der Sprachmittler, einzuspringen.

Es fehlen Ansprechpartner für Flüchtlinge

Bei positiven Tests, deren Ergebnisse mehrfach zum Wochenende kamen, sei beim Landkreis niemand erreichbar gewesen. "Die Bewohner haben sich teilweise nicht mehr in die Unterkunft getraut, weil sie niemanden anstecken wollten", so die Sprecherin. Denn eine Absonderung, wie es die Allgemeinverfügung fordert, sei in den Unterkünften nicht möglich. Küche, sanitäre Anlagen und Waschräume werden gemeinsam genutzt. "In Harsefeld wurde dann schnell mal eine FFP2-Maske besorgt, um wenigstens etwas Schutz zu liefern."

Ein weiterer großer Kritikpunkt sei die Impfung der Geflüchteten. Nach Empfehlung der STIKO wurden die Bewohner von Gemeinschaftsunterkünften im Februar der ehemaligen Priorisierungsgruppe 2 zugeordnet. Erst im Mai wurde durch die AWO in den Unterkünften darüber informiert, Mitarbeiter von Behörden und Ämtern seien nicht oder nur kaum in die Unterkünfte gekommen. "Ohne die Initiative der AWO wäre bis heute wohl nichts passiert", so Smerdka-Arhelger.

Das zögerliche Verhalten der Geflüchteten gegenüber der Corona-Impfung erklärt sich die BI-Sprecherin damit, dass sie zu wenig informiert wurden. Damit seien sie empfänglich für jegliche Infos aus dem Internet und aus ihren Familien. Daher fordert sie mehr Initiative und Informationen durch den Landkreis. Gleichzeitig sollen aber auch die Gemeinschaftsunterkünfte geschlossen bzw. wohnungsähnlich umgebaut werden.

Das Trauma der Flucht verarbeiten

Widerspruch aus dem Kreishaus

Die Kreisdezernentinnen Susanne Brahmst und Nicole Streitz widersprechen diesen Vorwürfen. Einige Aussagen seien schlichtweg falsch, so Streitz. Zudem hätten sich die Vertreter der BI in den vergangenen Monaten nicht mit den beiden in Verbindung gesetzt.

"Es stimmt beispielsweise nicht, dass sich niemand kümmert", sagt Brahmst. Zwischen Landkreis und Kommunen bestünden seit Jahren Verträge zur Unterbringung von Asylbewerbern. Danach werden die Personen nicht zentral in Großeinrichtungen, sondern dezentral in kleineren Gemeinschaftseinrichtungen oder auch in Wohnungen untergebracht. In den Verträgen sind die Aufgaben und die Finanzierung geklärt sowie die "Kümmererstrukturen" vor Ort. Brahmst: "Sofern die Kommunen über genügend Wohnraum verfügen, wird bereits jetzt schon regelmäßig in kleinere Wohneinheiten umverteilt. Problematisch ist aber, dass im Kreisgebiet bezahlbarer Wohnraum fehlt."

Außerdem fördert der Landkreis Projekte und Maßnahmen, z.B. die kreisweite Migrations- und Integrationsberatung durch die AWO, die u.a. auch die Aufklärung über Corona-Impfung mit Sprachmittlern oder mehrsprachigen Flyern in den Unterkünften übernommen hat. Zudem kooperiert der Landkreis mit weiteren Beratungsstrukturen bzw. Trägern in der Integrationsarbeit. Vor allem aber kümmern sich die Kommunen sowie ehrenamtlich Tätige um die Bewohner der Unterkünfte. Aber: "Nicht jeder Bewohner ist übrigens so hilflos, dass er oder sie Unterstützung braucht oder möchte", erklärt Brahmst.

Dass die Bewohner bei einem positiven PCR-Befund allein gelassen werden, stimme ebenfalls nicht. Denn dann werde das Gesundheitsamt benachrichtigt, das mit der Ermittlung der Umstände und der engen Kontakte beginnt. "Sofern es sich um eine Person handelt, die in einer Gemeinschaftsunterkunft wohnt, findet auch ein Kontakt mit dem kommunalen Träger der Einrichtung statt", erklärt Brahmst. Dann werde das Risiko für weitere Bewohner abgeschätzt. Die Zusammenarbeit mit den Mitarbeitern der Kommunen funktioniere da sehr gut. Brahmst gibt an, dass die Isolierung einzelner Personen auch hier funktioniert. "Unsere Erfahrung ist, dass eine gute Aufklärung das A und O des Gelingens ist. Die Menschen möchten niemanden anstecken und machen daher erfahrungsgemäß bereitwillig mit, wenn die Versorgungsstrukturen geklärt sind."

Und auch zum Thema Impfen gebe es falsche Behauptungen, so Streitz. Erst am 17. Februar habe der Landkreis mit der Impfung der Priorisierungsgruppe 1 begonnen. Der Erlass, dass die zweite Gruppe geimpft werden darf, sei am 15. März gekommen. Die Öffnung sei - nicht zuletzt wegen des fehlenden Impfstoffs - sehr kleinteilig von statten gegangen. Seit der Aufhebung der Priorisierung Anfang Juni spiele nur noch die Warteliste eine Rolle, die noch immer ca. 16.000 (Stand 24. Juni) Personen aufweist. Davon seien auch noch Personen über 80 Jahre dabei, sogar ca. 400 Personen über 70 Jahre sowie etliche mit Vorerkrankungen. "Geplante Sonderimpfaktionen im Bereich der Gemeinschaftsunterkünfte scheiterten im Übrigen am Impfstoffmangel und den strengen Verwendungsvorgaben des Landes für die Impfzentren", so Streitz.

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Redakteur:

Jaana Bollmann aus Stade

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