Nach Unfall mit Verletzen
PETA fordert Kutschenverbot im Kreis Stade
tk. Stade. Fünf Menschen sind in der vergangenen Woche bei einem Kutschenunfall in Agathenburg verletzt worden. Die Tierrechtsorganisation PETA nimmt das zum Anlass, in einem offenen Brief an Stades Landrat Kai Seefried ein Verbot von Kutschfahrten zu fordern. "Pferde sind Fluchttiere, daher ist es generell fahrlässig, sie vor Kutschen einzusetzen", begründet PETA den Vorstoß, der bei Reitern wie Fahrern auf Unverständnis und Erstaunen stößt. Jürgen Endrukat, Fahrwart im Kreisverband Stader-Altländer Reitervereine, sagt: "Unfälle passieren zwar, sie sind aber extrem selten." Und: Fahrerinnen und Fahrer seien in aller Regel gründlich ausgebildet und fahren mit Verlasspferden.
Dass es bei dem PETA-Vorstoß eher um Aufmerksamkeit denn um Fakten geht, machen die Tierschützer selber deutlich: Bei 35 Kutschunfällen in Deutschland sind 2021 48 Menschen verletzt worden, einer starb. Vier Pferde wurden bei diesen Unfällen tödlich verletzt, steht in der Pressemitteilung. Zum Vergleich der Größenordnung: 2.569 Menschen sind bei Verkehrsunfällen in Deutschland 2021 ums Leben gekommen.
Peter Höffken, PETA-Fachreferent, urteilt dennoch: "Schwere Unfälle mit Kutschen sind programmiert." Schließlich würden die Gefährte weder über Bremssysteme, Airbags oder eine Knautschzone verfügen. In Rothenburg ob der Tauber sei daher ein Kutschenverbot für die Innenstadt ausgesprochen worden.
Jürgen Endrukat, der seit 30 Jahren Kutsche fährt und in der Ausbildung von Kutscherinnen und Kutschern aktiv ist, hält dagegen: Es stimme nicht, dass Kutschen keine Bremssysteme haben. "Moderne Kutschen verfügen über eine Feststellbremse sowie pedalgesteuerte Bremsen für Vorder- und Hinterachse."
Die Ausbildung in den verschiedenen Klassen für Kutschenfahrer sei zudem umfangreich und gründlich. Zudem seien verantwortungsvolle Fahrerinnen und Fahrer nie alleine unterwegs. "Ich habe immer jemanden dabei", sagt Endrukat. Wenn es zum Beispiel ein Problem mit dem Geschirr gebe, sei es notwendig, dass dann jemand anders für die Pferde da sei.
Jürgen Endrukat findet den PETA-Vorstoß noch aus einem anderen Grund überflüssig: "Mit Kutschen waren die Menschen unterwegs, als es das Auto noch gar nicht gab", sagt er und fügt hinzu: "Kutschpferde sind dermaßen gelassen und kommen auch im Straßenverkehr bestens klar. Für mich sind sie daher sogar die besseren Reitpferde."
KOMMENTAR: Diese PETA-Aktion ist nur peinlich
Die Arbeit von Tierschützern finde ich häufig wichtig und richtig. Dass die "Soko Tierschutz" dafür gesorgt hat, dass die Tierquäler in Mienenbüttel einpacken mussten, ist großartig. Was PETA in Sachen Kutschenunfall jetzt vorlegt, ist dagegen peinlich und zielt darauf ab, Schlagzeilen zu produzieren, auf sich aufmerksam zu machen und den ein oder anderen Spenden-Euro einzusammeln.
Liebe PETA-Aktivisten: In Sachen Tierschutz und Pferde könntet ihr viel erreichen. Das setzt aber Arbeit und Recherche vor Ort voraus. Eine reflexartig rausgehauene Pressemitteilung, mit Allgemeinplätzen ("Pferde benötigen gutes Futter und stets frisches Wasser") genügt da nicht.
Ich kenne Ställe zwischen Lüneburg und Cuxhaven, in denen ich nicht einmal ein Meerschweinchen als Einsteller unterbringen würde. In einem Fall war das dem Veterinäramt übrigens schnuppe.
Also raus aus dem Tierschutzbüro und rein ins echte Tierschützerleben. Es gibt viel zu tun.
Ach ja, wenn mangels belastbarer Fakten die Pressemitteilung aufgepeppt wird und über gute Haltungsbedingungen geschrieben wird, dann bitte richtig: Pferde und Ponys brauchen nicht nur "natürliches Sonnenlicht und frische Luft" - gemeint ist wohl Offenstallhaltung -, sondern auch einen festen Unterstand. Tom Kreib
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