Behandlung auf Abstand
Physiotherapeuten schlagen angesichts Covid-19 Alarm

"Empfehlungen helfen uns nicht weiter": Petronella Demuth-de Graaf | Foto: sb/Archiv
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sb. Düdenbüttel. Vor schier unlösbaren Aufgaben stehen im Zusammenhang mit der Covid-19-Pandemie derzeit die örtlichen Physiotherapeuten. Weil sie als systemrelevant gelten, sollen sie ihre Praxen bis auf Weiteres nicht schließen - sie sind gesetzlich verpflichtet, ihren Betrieb zumindest für die dringendsten Fälle aufrechtzuerhalten.

Aber wie können die Gesundheitsfachleute, die ganz nah am Patienten arbeiten, sich und andere schützen? "Abstand halten geht bei uns einfach nicht", sagt Petronella Demuth-de Graaf, Inhaberin einer Praxis für Physiotherapie in Düdenbüttel. "Ob Lymphdrainage, manuelle Therapie oder neurologische Behandlungen - wir sind an unseren Kunden ganz dicht dran."

Als Farce empfindet sie deshalb die Empfehlungen des örtlichen Gesundheitsamts, die sie in der vergangenen Woche per Mail bekam. "Das sind die Maßnahmen, die alle bekommen, da wird nichts erwähnt, was uns weiterhilft“, ärgert sich die Unternehmerin. In ihrer Praxis gibt es jetzt Mundschutz, diese haben Freunde und Patienten genäht, und durch gute Kontakte ist noch medizinischer Mundschutz dazugekommen. Einweghandschuhe werden knapp - und Nachschub ist nicht in Sicht. "Wir behandeln derzeit nur noch Patienten, für die eine mehrwöchige Therapiepause katastrophale gesundheitliche Folgen hätte", sagt Petronella Demuth-de Graaf.

Durch die sich regelmäßig ändernden Anordnungen sind sowohl die Verantwortlichen als auch die Dienstleister derzeit überfordert. Aus der Anordnung von Sonntag, 22. März, geht laut Demuth-de Graaf z.B. nicht klar hervor, ob Patienten erst mit der Heilmittelverordnung zurück zum Arzt gehen müssen, um bescheinigt zu bekommen, dass ihre Behandlung unaufschiebbar ist, oder ob eine Heilmittelverordnung an sich ausreicht. "Auch hier kann das Gesundheitsamt keine weiteren Angaben machen. Erst am Ende des Arbeitstages wird klar, wie es zu laufen hat, und so ist es immer", beschwert sich die Physiotherapeutin. Und: "Durch diese unklaren Formulierungen brechen noch mehr Patienten weg. Man weiß selber nicht mehr, was richtig ist. Wie sollen es da die Patienten wissen?"

Sie wird weiterkämpfen: Für bessere Arbeitsbedingungen für sich und ihre Kollegen sowie für bessere Therapiemöglichkeiten der Patienten. "Bis dahin arbeiten wir mit den Möglichkeiten, die uns bleiben." Hände desinfizieren sofort nach Betreten der Praxis funktioniere schon super. Nach jeder Behandlung wird zudem alles desinfiziert - von der Liege über die Türklinke bis zum Schuhlöffel und Kugelschreiber. Gearbeitet wird streng getrennt in mehreren Schichten. So will die Unternehmerin verhindern, dass bei einem Coronafall im Team alle in Quarantäne müssen.

"Wir Physiotherapeuten brauchen Hilfe - sowohl bei der Beschaffung von Schutzmaterial als auch finanziell", fordert sie. "Derzeit fühlen wir uns einfach nur im Stich gelassen. Wir werden nur für die Behandlungen am Kunden bezahlt. Dienstleistungen anbieten sollen wir, aber behandeln dürfen wir trotzdem nicht. Finanziell ist dies ein Desaster."

Das sagen Landkreis und Verband

Zu den Arbeitsbedingungen in Praxen für Physiotherapie teilte der Landkreis Stade auf WOCHENBLATT-Anfrage am Dienstag, 24. März, mit:
"Entsprechend der Allgemeinverfügung des Landes Niedersachsen vom 23. März 2020 sind alle nicht dringend notwendigen Dienstleistungen, bei denen der Mindestabstand von 1,5 Meter von Mensch zu Mensch nicht eingehalten werden kann, untersagt. Dies gilt insbesondere für Physiotherapeuten, es sei denn, eine Behandlung ist durch ärztliche Bescheinigung als unaufschiebbar erklärt. Die Praxen sind demnach geschlossen. Behandlungen werden nur noch durchgeführt, wenn ärztlich erforderlich. Die Einhaltung der entsprechenden Hygienevorschriften und persönliche Schutzausrüstung zum Eigenschutz der Mitarbeiter sind zu empfehlen."

Bezüglich der ärztlichen Verordnung informiert der Deutsche Verband für Physiotherapie (ZVK) auf seiner Internetseite (Stand: Montag, 23. März):
"Nach Rücksprache mit dem Gesundheitsministerium in Niedersachsen bescheinigt die ärztliche Verordnung die Erfordernis der Therapie auch unter den aktuell geltenden Ausgangsbeschränkungen. Bei älteren Verordnungen entscheidet jeder Behandler im Einzelfall, ob die Behandlung unter den gegebenen Umständen dringend erforderlich ist oder nicht. Dabei sind auch die Hinweise zum Patientenmanagement und dem Hygienemanagement zu beachten."

Redakteur:

Stephanie Bargmann aus Stade

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