Interview
Niedersachsens Wirtschaftsminister Bernd Althusmann gibt den Osterurlaub nicht auf

Niedersachsens Wirtschaftsminister Dr. Bernd Althusmann (CDU)
im Niedersächsischen Landtag | Foto: CDU in Niedersachsen/Tobias Koch
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    im Niedersächsischen Landtag
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(ts). Kein Osterurlaub in diesem Jahr. Davon zumindest geht Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) aus - und hat eine Debatte ausgelöst. Niedersachsens Wirtschaftsminister Dr. Bernd Althusmann (CDU) teilt diese pessimistische Einschätzung nicht. Im Gespräch mit WOCHENBLATT-Redakteur Thomas Sulzyc sagt er, warum vorsichtige Lockerungen geboten sind.
WOCHENBLATT: Die Osterferien in Niedersachsen beginnen am 29. März. Ein Fahrplan aus dem Lockdown fehlt bis heute. Sollen Menschen den Gedanken an einen Osterurlaub in Niedersachsen aufgeben?
Bernd Althusmann: Nein. Auf keinen Fall dürfen wir die Hoffnung aufgeben. Wir alle sehnen uns nach zwölf Monaten voller Einschränkungen unseres Alltags nach ein wenig Normalität. Wir sollten das insgesamt sinkende Infektionsgeschehen und die deutlich gesunkenen Krankenhausbelegungen seriös bewerten und dann in vorsichtigen Schritten lockern, wo es möglich und verantwortbar ist. Allein mit Impfungen wird das nicht gelingen. Weil sich nicht alle Menschen impfen lassen und weil die Impfstoffe offenbar unterschiedliche Wirkungsgrade haben. Hinzu kommt, dass das Coronavirus aktuell rasant mutiert und noch ansteckender ist, es lernt erstaunlich schnell. Aber: Mit dem Fortschritt bei den Impfungen in Verbindung mit einer klugen Teststrategie werden wir hoffentlich vorsichtig lockern können, zumal Hotellerie und Gastgewerbe umsichtige und effektive Hygienekonzepte entwickelt haben.
WOCHENBLATT: Die Diskussion um den Osterurlaub ist auch Ausdruck dafür, dass die Menschen Kontaktbeschränkungen und Stubenarrest nicht mehr länger aushalten. Wie lange lässt sich der Lockdown überhaupt noch verlängern, ohne dass die Akzeptanz schwindet?
Bernd Althusmann: Medien berichten zurzeit viel über eine sinkende Akzeptanz. Das ist ein wenig wie die sich selbst erfüllende Prophezeiung. Ich erlebe viele Menschen, die unseren strikten Kurs für richtig halten. Es ist richtig: Einige Corona-Schutzmaßnahmen sind gut nachvollziehbar, andere weniger. Wir müssen also noch mehr erklären, warum wir welche Maßnahmen ergreifen. Uns allen - jedem politisch Verantwortlichen und jedem Mitbürger - ist bewusst, dass Kinder unter den Kontaktbeschränkungen und der eingeschränkten Schulsituation und natürlich ältere Menschen unter der Einsamkeit besonders leiden.
WOCHENBLATT: Ganze Wirtschaftszweige leiden unter dem Lockdown. Aus welchen Gründen verzögern sich die Corona-Hilfen für betroffene Betriebe?
Bernd Althusmann: Im Januar haben notwendige Neu-Programmierungen der Antrags-Plattform des Bundes zu Verzögerungen geführt. Das ist extrem ärgerlich. Auch können die Regularien der einzelnen Programme noch unbürokratischer und verständlicher gefasst werden. Das Bundesfinanzministerium hat inzwischen fast 40-seitige Vollzugshinweise der einzelnen Förderprogramme entwickelt. Mancher Steuerberater verliert da den Überblick, unsere Mitarbeiter auch. Andererseits ist aber auch richtig: In den letzten Monaten hat das Bundeswirtschaftsministerium rund sechs Milliarden Euro an Hilfen für unsere Betriebe bereits bewilligt. Die Novemberhilfe ist in Niedersachsen durch unsere NBank zu 92 Prozent ausgezahlt, die Dezemberhilfe zu 52 Prozent. Hinzu kommt die Überbrückungshilfe II, die bereits zu mehr als 85 Prozent den Betrieben zugewiesen wurde, immerhin rund 135 Millionen Euro. In Niedersachsen sind im vergangenen Jahr Betriebe aller Branchen mit rund einer Milliarde Euro mit Bundes- und Landesgeldern unterstützt worden. Das ist ein riesiges Förderprogramm.
WOCHENBLATT: Haben Sie Kenntnis von Insolvenzen infolge der Corona-Beschränkungen in Ihrem Wahlkreis (die Gemeinden Seevetal, Rosengarten und Neu Wulmstorf)?
Bernd Althusmann: Ich biete vor Ort regelmäßig Bürgersprechstunden an und informiere mich auch selber bei Betriebsinhabern. Ein Gespräch mit einer selbständigen Friseurmeisterin hat mich sehr bewegt. Für Soloselbständige konnte auf Druck Niedersachsens jetzt eine Betriebskostenpauschale von 7.500 Euro auf den Weg gebracht werden. Einige Einzelhändler und kleine Zulieferbetriebe sind offensichtlich leider bereits von einer möglichen Insolvenz betroffen. Sämtliche Rücklagen sind aufgebraucht. Ich rechne allerdings erst für April und Mai damit, dass sich im ganzen Land eine erste Welle von Insolvenzen infolge der Pandemie aufbauen wird.
WOCHENBLATT: Nach dem Friseurhandwerk und dem Gartenbau: Welche Branchen machen besonders auf sich aufmerksam und drängen auf Lockerungen?
Bernd Althusmann: Aus allen Teilen der Wirtschaft erreicht mich der Wunsch nach Aufhebung oder Lockerung der Corona-Auflagen. Das ist auch nur verständlich – wirtschaftliche Existenzen stehen auf dem Spiel, das geht mir oft sehr nahe. Speziell der Einzelhandel und die Gastronomie drängen auf Öffnungen. Wir dürfen uns nicht länger von Corona-Gipfel zu Corona-Gipfel weiterhangeln. Schneller impfen, breit angelegt testen - gerade in Schule und Kita, aber auch in unseren Betrieben - und unsere Wirtschaft stützen, dieser Dreiklang führt uns raus aus der Krise. Wir müssen unsere Corona-Müdigkeit jetzt überwinden, dann werden wir Corona überwinden. Wir werden sicherlich eine gewisse Zeit mit dem Coronavirus leben müssen. Umso wichtiger, dass wir in der Abwägung zwischen Infektionsschutz und Wirtschaftsschutz zeigen: wann wir was wo öffnen können. Aber mit Augenmaß und Verantwortung. Das Infektionsgeschehen durch das mutierte Virus könnte manche Hoffnung zerstören und wäre womöglich noch teurer. Dennoch brauchen wir nach einem Jahr in der Pandemie eine realistische Perspektive. Der Stufenplan für Niedersachsen, den Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) und ich gemeinsam entworfen und vorgestellt haben, könnte dabei eine Blaupause für Deutschland sein.

Redakteur:

Thomas Sulzyc aus Seevetal

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