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Osterfeuer im Landkreis Stade

Geplanter Ausstieg der Stadt Stade aus der Klinik-GmbH: Streit um den Kaufpreis
Null Euro für 50 Prozent der Elbe Kliniken?

Laut Gutachten haben die Elbe Kliniken ein Wert zwischen 84,8 und 87,6 Millionen Euro | Foto: jab
  • Laut Gutachten haben die Elbe Kliniken ein Wert zwischen 84,8 und 87,6 Millionen Euro
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jd. Stade. Die Elbe Kliniken stehen in dieser Woche im Fokus der Politik: Sowohl auf Kreisebene als auch bei der Stadt Stade wurde bzw. wird in den Finanzausschüssen über den möglichen Ausstieg der Hansestadt aus der Krankenhausgesellschaft diskutiert. Hintergrund ist die Ankündigung aus Stade, den 50-prozentigen Anteil an der Kliniken-Gesellschaft an den anderen Anteilseigner, den Landkreis Stade, abgeben zu wollen. Der politische Wille allein reicht aber nicht: Jetzt muss ein Weg gefunden werden, wie die seit 20 Jahren bestehende Zweck-Partnerschaft zwischen Stadt und Landkreis gelöst werden kann. Wie bei den meisten Trennungen geht es dabei vor allem ums liebe Geld. So soll es zwischen dem Kreishaus und dem Stader Rathaus offenbar erhebliche Meinungsverschiedenheiten zur Höhe des Kaufpreises geben. Der Landkreis würde am liebsten gar nichts zahlen.

Künftiger Zuschussbedarf von 36 Millionen Euro

Der Landkreis befindet sich auch in einer deutlich besseren Verhandlungsposition: Er ist an einem Erwerb der städtischen Anteile gar nicht unbedingt interessiert. Denn bei den Elbe Kliniken wird aufgrund der umfassenden Bautätigkeit in den kommenden Jahren (das WOCHENBLATT berichtete) ab 2022 erstmals ein Zuschussbedarf bei den Investitionen entstehen, der bis 2030 auf rund 36 Millionen Euro anwachsen könnte. Diese Summe müsste dann voll der Landkreis aufbringen, während bei einer Beibehaltung des Status quo die Devise gelten würde: geteiltes Leid, halbes Leid.

Ein weiteres Ärgernis aus Sicht des Landkreises wäre es, dass bei einem möglichen Besitzerwechsel wahrscheinlich auch der Fiskus die Hand aufhält: Der Landkreis müsste als Käufer wohl sieben Millionen Euro an Grunderwerbssteuer zahlen. Auf diese Summe kommt das Wirtschaftsprüfungsgesellschaft "Ernst & Young". Das bekannte Fachbüro war von den beiden Gesellschaftern damit betraut worden, als neutraler Gutachter die rechtlichen Möglichkeiten und finanziellen Aspekte in Hinblick auf einen Ausstieg der Stadt Stade aus der Krankenhaus-Gesellschaft abzuklopfen.

Die Wirtschaftsprüfer haben ihre Analyse in einem sogenannten Eckpunktepapier zusammengefasst. Der 40-seitige Bericht, der als vertraulich gekennzeichnet ist, dient als Grundlage für die Beratungen über die Übernahme der städtischen Klinik-Anteile, die von den politischen Gremien weitgehend in den nicht-öffentlichen Teilen der Sitzungen vorgenommen werden.

Elbe Kliniken: Die Stadt Stade bereitet sich auf den Ausstieg vor

Zwar weisen die Experten von "Ernst & Young" darauf hin, dass die Zahlung der Grunderwerbssteuer durch die Gründung einer Anstalt öffentlichen Rechts (AöR) möglicherweise umgangen werden kann. Doch ob das Finanzamt da mitspielt, ist ungewiss. Angesichts dieser zusätzlichen finanziellen Belastungen nimmt der Landkreis eine klare Position ein: "Zusätzliche Kaufpreiszahlungen an die Hansestadt in welcher Höhe auch immer und die erheblichen Grunderwerbssteuerlasten ... schwächen die Liquidität des Landkreises", heißt es in einer nicht-öffentlichen Verwaltungsvorlage aus dem Kreishaus. Allein wegen der Steuerzahlungen müsse "die Frage der Sinnhaftigkeit eines Anteilserwerbs gestellt" werden. Schließlich lautet das Fazit der Kreisverwaltung: "Aus Sicht des Landkreises kann nur ein Kaufpreis von null Euro angemessen sein."

Gesamtwert von mehr als 80 Millionen Euro

Den Anteil an den Elbe Kliniken quasi verschenken: Dieses Ansinnen des Landkreis stößt bei der Stadt Stade erwartungsgemäß auf wenig Gegenliebe. Immerhin wird der Wert der Elbe Kliniken laut dem Eckpunktepapier inklusive der Grundstücke auf einen Betrag zwischen 84,8 und 87,6 Millionen Euro beziffert. Dabei dürfte es sich um durchaus realistische Zahlen handeln, denn der Wert des maroden Stader Bettenhauses wird beispielsweise mit null Euro angesetzt. Stade würde also auf mehr als 40 Millionen Euro verzichten, sollte es seine Anteile an den Landkreis zum Nulltarif übertragen.

Auch beim Landkreis ist man sich dieser Problematik bewusst. Bei der Hansestadt könne "der Eindruck entstehen, einen Vermögenswert von über 40 Millionen Euro 'unter Wert' wegzugeben", steht in der Verwaltungsvorlage aus dem Kreishaus. Zudem entstehe durch die Übergabe ein zusätzlicher "Bilanzschaden" in Höhe des ursprünglichen Buchwertes von fünf Millionen Euro. Der Landkreis verweist in diesem Zusammenhang auf den Vorschlag der Fachleute von "Ernst & Young", diese Verluste durch das "vertraglich gegebene Versprechen auszugleichen, die Hansestadt anteilig an zukünftigen Erlösen zu beteiligen."

Kredit für Elbe Kliniken: Formaler Rechtsakt soll Einspruch der EU-Wettbewerbshüter verhindern

Ob der Landkreis künftig alleiniger Gesellschafter der Elbe Kliniken wird, dürfte davon abhängen, ob eine Einigung zwischen den beiden Anteilseignern hinsichtlich des Kaufpreises zustande kommt. Aktuell sieht es noch nicht danach aus, dass sich beide Seiten aufeinander zubewegen. Nach den bisherigen Planungen sollen die politischen Gremien noch vor den Sommerferien eine Entscheidung fällen.

Ob dieser Fahrplan angesichts der jetzigen Differenzen eingehalten werden kann, bleibt fraglich. Bisher ist vorgesehen, dass bis Ende des Jahres die Vertragsunterlagen ausgearbeitet werden und die Übergabe der städtischen Anteile bis Mitte 2022 abgewickelt ist. Das funktioniert aber nur, wenn die finanziellen Fragen geklärt sind. Einig ist man sich in der Politik indes, dass eine Übertragung von Anteilen an einen privaten Investor weiterhin nicht in Frage kommt.

Redakteur:

Jörg Dammann aus Stade

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