Niedrigere Preise gleich mehr Umsatz?
Das sagen Unternehmen zur Senkung der Mehrwertsteuer

Mit einer Senkung der Mehrwertsteuer von 19 auf 16 Prozent soll die Wirtschaft gefördert werden | Foto: Adobe Stock/Fokussiert
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bim/jab. Landkreis Stade/Harburg. Bundestag und Bundesrat haben am Montag die Senkung der Mehrwertsteuer auf Zeit beschlossen. Der Steuersatz wird ab sofort bis zum 31. Dezember von 19 auf 16 Prozent bzw. von sieben auf fünf Prozent herabgesetzt. Die Regierung erhofft sich durch diese Maßnahme aus dem Konjunkturpaket einen Aufschwung für die von der Corona-Krise gebeutelte Wirtschaft. Der Kaufreiz soll erhöht, der Konsum angekurbelt werden.

Die Senkung der Mehrwertsteuer um drei Prozentpunkte, die ab dem heutigen Mittwoch gilt, bedeutet im Optimalfall für die Kunden auch eine Senkung der Preise. Was sich beim Wocheneinkauf zwar nicht ganz so gravierend auswirkt, zeigt sich dagegen bei Elektronikartikeln und Autos umso mehr. Die Bundesregierung erhofft sich von dieser Maßnahme einen Aufschwung für die Wirtschaft. Laut Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) stehen den Bürgern bis Jahresende 20 Milliarden Euro mehr an Kaufkraft zur Verfügung. Doch was denken die Unternehmen der Region darüber? Rechnen sie tatsächlich mit Mehreinnahmen oder nur mit einem Mehraufwand? 

"Umkennzeichnen der Ware bedeutet einen riesen Mehraufwand"

Die Unternehmen sind nicht dazu verpflichtet, die Steuersenkung an die Käufer weiterzugeben. Auf den Kassenzetteln angeben müssen sie die angepasste Mehrwertsteuer dennoch. Die meisten Unternehmen, mit denen das WOCHENBLATT gesprochen hat, geben allerdings die Mehrwertsteuersenkung eins zu eins an ihre Kunden weiter. Und das, obwohl die Umstellung einen erheblichen Mehraufwand bedeutet. Eine Umsatzsteigerung durch die niedrigeren Preise erwarten jedoch die wenigsten. So auch Christian Drewes von Edeka Drewes in Dollern: "Für uns bedeutet das Umkennzeichnen der Ware einen riesen Mehraufwand." Er bezweifelt zudem, dass die Kunden ab sofort auch spürbar mehr kaufen.

Katharina Kalinowsky, Obermeisterin der Friseur-Innung des Landkreises Harburg:
"Eine Kurzumfrage in unseren Betrieben ergab, dass kein Betrieb diese Senkung der Mehrwertsteuer an seine Kunden weitergeben kann. Unter anderem, weil die Senkung an sich schon immense Kosten verursacht: Neuprogrammierungen von Kassen, Websites und das neue Drucken von Preislisten und Flyern zehrt schon diese zwei Prozent vollkommen auf. Wir würden nichts lieber tun, als unsere Kunden finanziell zu entlasten, aber nicht zu diesem hohen Preis.

Friseure sind meist inhabergeführte Kleinstunternehmen, nicht milliardenschwere Großkonzerne. Die Gewinne in unserem personalintensiven Handwerk liegen so niedrig, dass es den meisten einfach nicht möglich sein wird, die Mehrwertsteuersenkung 1:1 an den Kunden weiterzugeben. Durch die vergrößerten Mindestabstände sind viele Betriebe gar nicht zu betreiben, ohne Teile des Personals in Kurzarbeit zu schicken und damit eben auch erheblichen Umsatz einzubüßen. Bei uns wird es - wenn irgendwie möglich - zuerst darum gehen, nach dem Unternehmer auch die Mitarbeiter zu entlasten, die unter diesen extremen Bedingungen jeden Tag mit Maske arbeiten und eben auch noch mit den Folgen der Kurzarbeit kämpfen müssen. Dies wird dann in Form eines Bonus zum Jahresende erfolgen, wenn absehbar ist, wie es dem Unternehmen unter diesen Umständen geht."

Jochen Weiß, Bäckermeister aus Tostedt:
"Wir machen da mit, senken aber nicht alle Artikel zum 1. Juli. Der Aufwand wäre viel zu groß. Stattdessen bekommen unsere Kunden ab 1. Juli über mehrere Monate ein Bonusheft, mit dem der Rabatt deutlich höher als durch die Mehrwertsteuersenkung ist. Und unsere Mitarbeiter bekommen mit dem Juni-Entgelt eine steuerfreie Bonuszahlung."

Henning Schleemann, Geschäftsführer vom Modehaus Stackmann in Buxtehude:
"Wir haben ca. 100.000 Teile, die zudem vom Lieferanten vorausgezeichnet sind. Die nun anders zu kennzeichnen, geht gar nicht. Da wären der Aufwand und Mitarbeitereinsatz viel zu groß. Stattdessen gewähren wir Kunden mit einer Kundenkarte eine Gutschrift über den Betrag, den sie durch die Mehrwertsteuersenkung sparen würden. Sie kann später dann wieder bei uns eingelöst werden. 85 Prozent unserer Kunden haben bereits eine Kundenkarte. Jeder kann sich jederzeit registrieren lassen.

Grundsätzlich sehe ich die Mehrwertsteuersenkung kritisch. Ich denke, dass wir nicht mehr Umsätze durch die Maßnahmen generieren können. Schließlich machen diese drei Prozent keine großen Beträge aus. Beim Sommerschlussverkauf hingegen erzielen Kunden weit höhere Rabatte als mit dieser Steuersenkung."

Christian Drewes, Edeka Drewes aus Dollern:
"Edeka hat sich dazu entschlossen, die Senkung der Mehrwertsteuer an die Kunden weiterzugeben. Das bedeutet für uns einen einmaligen Mehraufwand. Am Sonntag mussten fast 100 Prozent aller Preise umgesteckt werden. Die Kassensysteme wurden von der IT-Abteilung umgestellt. Das ist nochmal ein großer Aufwand.

Während des Corona-Lockdowns sind wir ganz gut weggekommen, auch wenn wir kurzfristig mehr Personal zur Verfügung stellen und das Geschäft Corona-sicher machen mussten, was zu Mehrausgaben geführt hat. Eine Prognose ist für die nächsten sechs Monate schwer zu erstellen, aber es wird wohl zu keinen enormen Steigerungen beim Umsatz kommen."

Birte Lüsebrink, Marketingleiterin Autohaus Kuhn+Witte in Jesteburg:
"Die Maßnahme zur Mehrwertsteuersenkung wurde bei uns positiv aufgenommen. Es ist gut, dass jetzt etwas passiert. Es gab intensive Gespräche. Letztlich geben wir die Senkung vollständig an unsere Kunden weiter, was sich in unserem Preissegment durchaus lohnt.

Während des Lockdowns war es für Autohäuser eine traurige Zeit. Nach und nach sind Steigerungen bei der Nachfrage wieder zu erkennen. Durch die guten Angebote und die Steuersenkung bietet sich jetzt zusätzlich eine gute Gelegenheit, über eine Anschaffung nachzudenken."

Redakteur:

Jaana Bollmann aus Stade

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