Horror-Fahrt im Bahnhofs-Lift

Gefangen im Bahnhofs-Lift: Gaby Timm und ihr Enkel Justin | Foto: Karin Willers
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  • Gefangen im Bahnhofs-Lift: Gaby Timm und ihr Enkel Justin
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Oma und Enkel eingesperrt "wie Tiere im Zoo": Rettung erst nach über einer Stunde

tp. Stade. Atemnot, Schmerzen in den Beinen, Platzangst - und das alles unter den Blicken von Gaffern: Nach einer Horror-Fahrt im Aufzug des Bahnhofs in Stade hat Gaby Timm (62) ihre Konsequenzen gezogen: "Ich steig' nie wieder in diesen Lift." Der Fahrstuhl war unvermittelt steckengeblieben. Rettung kam nach Gaby Timms Angaben erst nach etwa einer Stunde. Dabei drängte die Zeit: Die Seniorin leidet unter Asthma und brauchte dringend ihr Medikament. Die Deutsche Bahn bedauert den Vorfall.

An einem Sonntagnachmittag brachte Gaby Timm aus Oberndorf (Landkreis Cuxhaven) ihren Enkelsohn Christopher (16) zum Bahnhof. Während Christopher die Treppen der Gleis-Unterführung nutzte, wählte Gaby Timm den Aufzug: "Ich hatte gerade eine Knie-Operation überstanden und war schlecht zu Fuß", sagt sie. Gaby Timms zweiter Enkel Justin (14) begleitete die Großmutter in den Aufzug.
Die Fahrt endete abrupt. Der durch eine gläserne Automatiktür geschlossene Lift blieb kniehoch über dem Boden stehen. Aus einem Lautsprecher tönte fortan nervtötendes Dauer-Piepen.

Gaby Timm drückte den Notruf-Knopf. "Wir kümmern uns", hießt es am anderen Ende der Leitung. Nach dem Notruf dauerte es fast eine Stunde, bis der von der Deutschen Bahn beauftragte technische Hilfsdienst Oma und Enkel aus dem engen Lift befreite. In der mit Kondenswasser beschlagenen Kabine hatte die asthmakranke Frau zunehmend mit Atembeschwerden zu kämpfen.

"Ich brauchte dringend mein Asthma-Spray, das ich im ich im Auto gelassen hatte", berichtet Gaby Timm. Zusätzlich machten ihr nach einer überstandenen OP Schmerzen im linken Knie zu schaffen.

Was die Situation emotional verschlimmerte, war die weitgehend gleichgültige Reaktion der Passanten in dem belebten Bahnhof. Die meisten seien wort- und teilnahmslos vorbeigegangen, sagt Gaby Timm. Vor allem ihr Enkel Justin habe unter den Blicken einiger Gaffer gelitten. Nur zwei Zeugen hätten die Polizei verständigt. Doch da war die technische Hilfe bereits unterwegs, die Oma und Enkel nach 52 Minuten aus dem stickigen Horror-Lift befreite.

Gaby Timm und ihr Enkel Justin waren am Stader Bahnhof, um dessen Bruder Christopher vor einer Zugreise zum Bahnsteig zu bringen. Der Teenager, der statt des Aufzuges die Treppen genommen hatte, musste schließlich in den Zug steigen, ohne sich richtig von sein Verwandten verabschieden zu können. Während Großmutter und Bruder im Fahrstuhl gefangen waren, trat er nach einem traurigen "Tschüß" durch die blockierte Glastür schweren Herzens seine fünfstündige Zugfahrt nach Papenburg an.

Karin Willers (56), die sich im Fahrgastbeirat im Landkreis Stade engagiert, und gegen Ende der Geschehnisse zufällig dazustieß, empfindet die Zeit, die bis zum Eintreffen der Retter verstrich, als zu lange, "insbesondere für alte und kranke Menschen".

Der Pressesprecher der Deutschen Bahn, Egbert Meyer-Lovis, räumt einen knappen Zeitverzug ein: Die Firma Bosch sei von der Deutschen Bahn mit dem Fahrstuhlservice beauftragt. Deren Mitarbeiter seien mit Bereitschaftsfahrzeugen in der Region unterwegs und vertraglich dazu verpflichtet, innerhalb von 30 Minuten vor Ort zu sein. In diesem Fall habe es fünf Minuten länger gedauert. "Dies ist ärgerlich. Ich möchte mich bei Frau Timm und ihrem Enkelsohn entschuldigen." Der Dauer-Piepton sei ebenfalls einem technischen Defekt geschuldet. Meyer-Lovis: "Auch diese zusätzliche Belastung bedauern wir."

Redakteur:

Thorsten Penz aus Stade

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