Hübsch, aber hochgiftig: "Jakobskreuzkraut muss besser bekämpft werden!"

Naturfreundin Heidi Bernsdorff aus Bliedersdorf appelliert an alle Kommunen und Behörden, endlich mehr gegen die Ausbreitung des Jakobskreuzkrauts zu tun
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(lt/bim). Wo viele Menschen nur eine schöne gelbe Blume sehen, die einen tollen Farb-Kontrast auf grünen Wiesen erzeugt, klingeln - insbesondere bei Pferde- Kuh-, und Schafhaltern - die Alarmglocken. Die Rede ist vom hochgiftigen Jakobskreuzkraut, das auf vielen Wiesen, Deichen und an Straßenrändern in der Region zu finden ist. Die ca. einen Meter hohen Pflanzen mit den exakt 13 gelben Blütenblättern breiten sich, u.a. durch Autoreifen, die die Samen weitertragen, rasant aus.
Eine, die das Jakobskreuzkraut schon lange ganz genau beobachtet, ist Heidi Bernsdorff. Die pensionierte Lehrerin und ehemalige Pferdehalterin aus Bliedersdorf (Samtgemeinde Horneburg) achtet seit jeher penibel darauf, dass sich die Pflanze auf ihren Wiesen nicht ansiedelt. Der Anblick von großen Jakobskreuzkraut-Ansammlungen z.B. an der Autobahn bei Horneburg, "breche ihr das Herz".
Heidi Bernsdorff kritisiert, dass die Behörden und Kommunen zu wenig gegen die Ausbreitung der Giftpflanze unternehmen und appelliert an alle Verantwortlichen, das Jakobskreuzkraut zu bekämpfen, bevor die Pflanzen Samen bilden.
Eine offizielle Bekämpfungspflicht in Bezug auf das Jakobskreuzkraut gibt es bisher tatsächlich nicht (siehe unten).
Im Landkreis Stade gehe aber bei besonders starkem Befall auf freiwilliger Basis die Kreisstraßenmeisterei mechanisch (Mäh-/Mulchgerät) gegen das Kraut an Straßenrändern vor, um eine Ausbreitung auf benachbarte Flächen zu begrenzen, erklärt Pressesprecher Christian Schmidt. Einen solchen Einsatz habe es zum Beispiel an der K 39 im Alten Land in Deichnähe, u.a. zum Schutz dort grasender Schafe gegeben. In Kürze solle auch der Randstreifen der K 26 (Entlastungsstraße Harsefeld) streckenweise entsprechend behandelt werden. Ein Budget für die Bekämpfung gibt es nicht.
Im Landkreis Harburg mäht die Betriebsgemeinschaft Straßendienst (BGS) im Rahmen der Grünpflege das Jakobskreuzkraut zweimal im Jahr auf den Flächen bis zwei Meter neben der Fahrbahn und durchschnittlich einmal jährlich bis zu fünf Meter neben der Fahrbahn, teilt Birgit Behrens vom Landkreis mit.
Auch wenn es in diesem Jahr so aussieht, als ob das Jakobskreuzkraut besonders üppig blühe, täusche der Eindruck, sagt Ulrich Peper von der Landwirtschaftskammer-Außenstelle in Buchholz. Die Pflanze bevorzuge sehr karge Böden und könne sich u.a. an Straßenrändern und Bahndämmen sowie auf kaputten Grasnarben gut etablieren. Wer die Pflanze beseitigen wolle, müsse sie buchstäblich bei der Wurzel packen, nur mähen oder abschneiden reiche nicht. "Grundsätzlich besteht für die Kommunen keine Pflicht zur Beseitigung", so Peper. Manche Stadt oder Gemeinde würde das aber tun, wenn man sie auf das Problem aufmerksam mache. Ansonsten sei es wichtig, Grasflächen ordnungsgemäß zu pflegen, zu düngen und zu versorgen, damit das Jakobskreuzkraut nicht zu stark wuchert.
Wachsam in Bezug auf das Jakobskreuzkraut sind auch die Deichverbände. "Wir bekommen das Problem durch rechtzeitiges Mähen und den gezielten Einsatz von Spritzmitteln langsam in den Griff, es wird aber noch mindestens fünf Jahre dauern, bis das Kraut von unseren Deichen verschwunden ist", sagt Wilhelm Ulferts, Oberdeichrichter des Deichverbandes der II. Meile Alten Landes.

Es gibt keine Bekämpfungspflicht
Eine Bekämpfungspflicht in Bezug auf das Jakobskreuzkraut (JKK) existiert weder auf Landes- noch auf Bundes- oder europäischer Ebene. Allerdings hat das Umweltministerium Schleswig-Holsteins 2015 den öffentlichen Liegenschaftsverwaltungen „Anregungen zum Umgang mit JKK“ gegeben, die im Wesentlichen darauf abzielen, durch geeignete Maßnahmen - Mahd oder Mulchen vor der Aussamung - eine Ausbreitung der Pflanze auf Nachbarflächen zu verhindern.
Jakobskreuzkraut ist normalerweise eine zweijährige Pflanze. Sie keimt ab August, im Juni/Juli des folgenden Jahres blüht sie und stirbt ab. Nach den Empfehlungen der Stiftung Naturschutz Schleswig-Holstein muss zum Ende der Vollblüte sorgfältig gemulcht werden. Durch das Häckseln trocknet der Stängel schnell aus und der Samen kann nicht mehr reifen. Das Mähgut kann liegen bleiben. Einzelpflanzen können auch 20 Zentimeter tief ausgestochen werden.

Wie gefährlich ist Jakobskreuzkraut?
Das Jakobskreuzkraut ist giftig, weil es sogenannte Pyrrolizidinalkaloide (PAs) enthält, die in der Leber zu giftigen Verbindungen umgewandelt werden. Insbesondere Pferde reagieren sehr empfindlich auf PAs. 40 bis 80 Gramm Frischgewicht pro Kilogramm Körpergewicht sind tödlich. Das entspricht 14 bis 20 Kilogramm Frischgewicht bei einem 350 Kilogramm schweren Islandpferd oder 2,4 Kilogramm getrocknet im Heu. Doch auch für Menschen können PAs leberschädigend sein, wenn man zuviel davon zu sich nimmt. Beunruhigt ist mancher Verbraucher u. a., weil sich die Giftstoffe im Honig ablagern und so in den Körper gelangen können.
Dass in manchen Medien vor dem Verzehr von Honig gewarnt wird, weil er womöglich durch Jakobskreuzkraut belastet ist, hält Nico Martens, Vorsitzender des Kreisimkervereins im Landkreis Stade, aber für unnötige Panikmache.
Ohnehin sei - wenn überhaupt - nur der Sommerhonig betroffen. Da die hiesigen Imker diesen aber in der Regel vor der Blüte des Jakobskreuzkrautes schleudern, könnten Honig-Liebhaber den süßen Brotaufstrich aus der Region unbesorgt genießen. Honigbienen würden sich außerdem nur für das Jakobskreuzkraut entscheiden, wenn sie gar keine anderen Alternativen hätten, so Martens. 

Redakteur:

Lena Stehr

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