Bostelmann nimmt Abschied vom Rathaus und von der Politik: "Der Fluss läuft nie zur Quelle zurück"

Nimmt Abschied vom Rathaus und der Politik: Dirk Bostelmann
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bim. Tostedt. "Ich werde erst mal ein paar Wochen Privatier sein, aufräumen und wegpacken", sagt Dirk Bostelmann (62, CDU). Er verabschiedet sich Ende kommender Woche von seinem Amt als Tostedter Samtgemeinde-Bürgermeister. Ganz ohne Verbitterung - trotz der anfänglichen Verärgerung über das Wahlergebnis im Juni. Auf eine große Abschiedsfeier verzichtet er dennoch, gemäß des Wahlspruchs von Papst Johannes Paul XXIII., den Bostelmann sich zu eigen gemacht hat: "Nimm' dich nicht so wichtig."
Nur eine kleine, nicht öffentliche Feier soll es geben. Von der Rathausmannschaft habe er sich bereits verabschiedet und den Mitarbeitern für die gute Zusammenarbeit gedankt.
Seine politische Laufbahn begann der Volks- und Landwirt Dirk Bostelmann 1981, als er für die CDU für den Gemeinderat kandidierte. "Ich meinte, man müsse sich an den Angelegenheiten der Gemeinde, in der man lebt, beteiligen. Und ich hatte viel zu kritisieren, da muss man dann auch mitwirken", erzählt Bostelmann. Wichtige Anliegen waren für ihn schon damals die Kinderbetreuung und die Verbesserung des Bahnhofsumfeldes.
Als Samtgemeinde-Bürgermeister und Gemeindedirektor war für Dirk Bostelmann die Sanierung des alten Ortskerns, die nach jahrzehntelanger Diskussion ab 2007 mit EU-Fördermitteln realisiert werden konnte, eine Herzensangelegenheit. Ebenfalls mit Hilfe von EU-Mitteln wurde die Hälfte der rund 80 Kilometer Gemeindeverbindungsstraßen ausgebaut, und dank des Konjunkturpaketes der Bundesregierung u.a. die Grundschule Otter saniert.
Ohnehin verstand es die Rathausmannschaft unter Dirk Bostelmann, überall wo möglich, Fördergelder für die Samtgemeinde abzurufen. Wohl auch wegen dieser Förderung wurde unter keinem vorherigen Bürgermeister in Tostedt so viel gebaut. So entstanden in Dirk Bostelmanns Amtszeit u.a. die beiden P+R-Anlagen in Bahnhofsnähe, die - im Gegensatz zu vielen anderen Kommunen wie etwa Buchholz - noch kostenfrei genutzt werden können. Heidenau und Wistedt erhielten neue Turnhallen, die Kindertagesstätte Im Stocken wurde um eine Krippe erweitert, die Polizeistation ans Bürgerbüro im Rathaus angebaut und der Bau zweier Grundschulen begonnen bzw. auf den Weg gebracht. Ebenso initiierte der überzeugte Radfahrer Bostelmann ein Radverkehrskonzept.
Als Samtgemeinde-Bürgermeister sah sich Bostelmann vor allem als Leiter der Kommunalverwaltung. "Ich bin glücklich, dass die Zusammenarbeit unter den Mitarbeitern der Samtgemeinde so gut war. Wir haben immer alles besprochen und dann dem Rat vorgetragen", so Bostelmann.
Sein politisches Wirken fand ein unterschiedliches Echo. Der "politische Dirk Bostelmann" hat sich mit seinem mitunter etwas sprödem Humor und seiner direkten Art nicht nur Freunde gemacht. In seiner Amtszeit sind drei CDU-Mitglieder abtrünnig geworden, die mit seinem politischen Führungsstil nicht einverstanden waren. Auch die CDU Handeloh stellte sich offen gegen ihn, als es um seine erneute Kandidatur zum Samtgemeinde-Bürgermeister ging.
Seinem Handeln sei aber immer eine große Ratsmehrheit vorausgegangen, betont Bostelmann. Und als Samtgemeinde-Bürgermeister sei es seine Aufgabe gewesen, Ratsbeschlüsse umzusetzen und auch zu verteidigen. Vielen Bürgern stieß aber beim Bürgerentscheid gegen den Standort der Kita mit Krippe in der Dieckhofstraße seine unkonventionelle Art auf, mit der er das tat. Indem er etwa Ärzte und Geschäftsleute anschrieb, die Unterschriftenlisten in ihren Räumen auslegen wollten, was ihm als Behinderung des Bürgerbegehrens ausgelegt wurde.
Dieser war bereits der dritte Bürgerentscheid in Tostedt. Beim ersten Bürgerentscheid 2007 in der Gemeinde Tostedt, als es darum ging, das Mahnmal in Todtglüsingen zu versetzen und an dessen Standort einen Kreisverkehr zu bauen, hatte Dirk Bostelmann in seiner Funktion als Gemeindedirektor den Ratsbeschluss nicht verteidigt, war er doch mit dem damaligen Bürgermeister Günter Weiß gegen das Versetzen des Mahnmals.
Der zweite Bürgerentscheid im Jahr 2010, der durch Rücknahme des Samtgemeinderatsbeschlusses gerade noch abgewendet wurde, betraf das Vorhaben, nicht nur eine Polizeiwache auf dem Rathausgelände zu bauen, sondern auch das Rathaus in dem Zuge zu erweitern.
Und dann gab es eben den Bürgerentscheid 2013, der mangels Beteiligung gescheitert war. 62,9 Prozent derjenigen, die abgestimmt hatten, sprachen sich allerdings gegen den Standort für die Kita aus. Ein Umstand, den er durchaus persönlich genommen habe, und der letztlich sicherlich mit zur Abwahl von Dirk Bostelmann beigetragen hat. "Der Bürgerentscheid war eine Kritik an der Ratsmehrheit, deren Repräsentant und auch Meinung ich bin. Insofern war das auch persönlich", gibt er zu. Aber auch wenn er gewusst hätte, dass man ihm sein Handeln übel nehmen und ihn das sein Amt kosten könne, hätte er nicht anders agiert, so Bostelmann.
Gescheitert ist der 62-Jährige bei der Wahl gegen Mitbewerber Peter Dörsam auch an einem, der es verstanden hat, die Unzufriedenheit vieler Bürger an Bostelmanns Führungsstil für sich zu nutzen.
Während Bostelmanns Amtszeit als Samtgemeinde-Bürgermeister verwaltete seine Frau Katharina, die Diplom-Landwirtin ist, das landwirtschaftliche Unternehmen. Dirk Bostelmann will sie künftig wieder stärker entlasten.
Politisch will Dirk Bostelmann nicht wieder aktiv werden, denn: "Der Fluss läuft nie zur Quelle zurück", sagt er.

Zur Person:

Dirk Bostelmann wurde 1952 in Hamburg geboren. Als er zwei Wochen alt war, zogen seine Eltern mit ihm nach Todtglüsingen. Ab 1962 besuchte er das Ratsgymnasium in Rotenburg, bestand 1971 das Abitur. Es folgte ein Studium in Volkswirtschaft, Wirtschaftsgeschichte und Germanistik in Hamburg. "Nebenbei bin ich immer Landwirt gewesen", so Bostelmann, der Ende der 1970er Jahre eine Kommanditgesellschaft gründete.
Seit rund 30 Jahren ist Dirk Bostelmann in der CDU. Seit 1981 gehörte er dem Gemeinderat und seit 1986 dem Samtgemeinderat an. Seit 186 bis zu seiner Wahl zum Samtgemeindebürgermeister war er auch CDU-Fraktionsvorsitzender. Auf Gemeindeebene leitete er ab 1983 den Planungs- und Wirtschaftsförderungsausschuss und auf Samtgemeindeebene von 1986 bis 1991 den Umweltausschuss. 20 Jahre lang gehörte er dem Verwaltungsausschuss sowie seit 1991 bis heute dem Samtgemeindeausschuss an. Seit 1998 war er 1. stv. Samtgemeinde-Bürgermeister (ehrenamtlich), seit 2006 hauptamtlicher Samtgemeinde-Bürgermeister.
Privat ist Dirk Bostelmann seit 27 Jahren mit seiner Frau Katharina verheiratet. Die beiden haben zwei Töchter (24 und 25).

Redakteur:

Bianca Marquardt aus Tostedt

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