Vorzeitiges Ende der KfW-Förderung
Böse Überraschung für Bauherren

Viele Bauherren müssen ihre Neubauten neu berechnen, weil eine Finanzierungslücke besteht | Foto: stock_adobe_com_Wolfilser
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(os). Nachdem die alte Bundesregierung im November vergangenen Jahres beschlossen hatte, die Förderung für Energiesparhäuser des KfW-55-Standards zu Ende Januar 2022 auslaufen zu lassen, ahnte Joachim Thurmann bereits, dass es eine Fülle an Förderanträgen sowohl privater als auch gewerblicher Bauherren geben wird. "Wir haben am Ende des Jahres voll durchgearbeitet und sämtliche Förderanträge eingereicht", berichtet der Geschäftsführer der Kommunalen Wohnungsbaugesellschaft (KWG) im Landkreis Harburg.
Anders als viele Bauherren, die von dem plötzlichen Stopp der KfW-Förderung durch Bundes-Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) am 24. Januar überrascht wurden, kann Thurmann mit der Förderung von 70 Wohneinheiten auch im Sozialen Wohnungsbau rechnen. Habeck hatte das Programm mit Hinweis auf leere Fördertöpfe von heute auf morgen gestoppt. Antragsteller, die sich auf den 31. Januar als Fristende eingestellt hatten, gingen leer aus.
Die KWG sei auf die Fördermittel angewiesen, betont Thurmann. Grund: Die KWG baut bezahlbare Wohnungen mit einem gedeckelten Mietpreis von 8,50 Euro pro Quadratmeter. Dabei achte er auf die bestmögliche Energieeffizienz. Ohne Zuschüsse, so Thurmann, könne man den vergleichsweise niedrigen Mietpreis auf keinen Fall halten.
Der plötzliche Stopp der Bauförderung war aus Sicht von Axel Gedaschko, ehemaliger Landrat des Landkreises Harburg und Präsident des Bundesverbandes deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen GdW, "aus kommunikativer Sicht ein absolutes Fiasko". Die Ankündigung von Wirtschaftsminister Habeck, nun doch Neubauten weiter zu fördern, allerdings nur die im KfW-40-Standard und gedeckelt auf eine Milliarde Euro, hält Gedaschko für unzureichend: "Ich kann mir kaum vorstellen, dass diese Mittel jemals ausreichen würden." Wenn ohne Förderung gebaut wird, werde die Miete um 1,53 Euro pro Quadratmeter teurer, rechnet Gedaschko vor.
Auch Gunnar Sellmer, Energieberater aus Winsen, hält die von Habeck avisierte neue Fördersumme von einer Milliarde Euro für "lächerlich". Der Topf werde nach spätestens eineinhalb Monaten ebenfalls leer sein. Er fürchtet, dass viele Bauherren, die bei der Förderung leer ausgegangen sind, ihre Neubauten nun mit einem niedrigeren Energiestandard bauen. Das könne nicht im Sinne der Klimaschutz-Ziele sein.
Es sei gut, dass die Ampel unter massivem Druck den abrupten und ersatzlosen Stopp der KfW-Förderung nun zumindest teilweise rückgängig mache, erklärt Niedersachsens Wirtschaftsminister Dr. Bernd Althusmann (CDU). "Der Schaden ist jedoch angerichtet, Vertrauen wurde massiv zerstört – zumal viele Antragsteller, die davon ausgegangen sind unter den geltenden Förderbedingungen bis zum 31. Januar Anträge einreichen zu können, weiterhin leer ausgehen." Die Bundesregierung müsse jetzt schnell ein Nachfolgeprogramm auf den Weg bringen, "denn wir dürfen uns beim energieeffizienten Bauen keine Verzögerungen leisten". Auf den Gebäudesektor kämen durch die Klimaziele gewaltige Herausforderungen zu. "Zudem hat die Ampel das Ziel, für den Bau von 400.000 Wohnungen pro Jahr zu sorgen. Für die Bewältigung dieser gewaltigen Aufgaben lässt das von Bundesregierung angerichtete Chaos nichts Gutes erwarten.“
Die Finanzierungslücken, die je nach Energiestandard bei einem Einfamilienhaus zwischen 26.000 und 37.500 Euro betragen, sind gerade für junge Familien ein schwerer Schlag ins Kontor. "Viele Bauherren waren nach der Ankündigung durch die Bundesregierung geschockt und befürchteten, ihr Traum vom Eigenheim werde platzen", berichtet Klaus Stützer, Vorstandsmitglied der Viebrock AG mit Sitz in Harsefeld (Landkreis Stade). Etwa die Hälfte der 1.100 Kunden hätten noch keinen Förderungsbescheid erhalten. Folge: "Wir drehen mit ihnen jetzt eine zusätzliche Planungsrunde. Das bedeutet viel Arbeit für alle Beteiligten und wirft uns Sand ins Getriebe. Planungssicherheit sieht anders aus!", kritisiert Klaus Stützer.
Auch Projektentwickler hängen zwischen Baum und Borke: Jörg Schröder von Schröder Immobilien in Winsen wollte am 24. Januar für ein großes Bauvorhaben in Winsen eine Million Euro Förderung beantragen. Die Unterlagen waren ausgefüllt, konnten aber wegen der vorgezogenen Deadline nicht mehr verschickt werden. Ihn ärgere die "fehlende Verlässlichkeit". Grund: Ursprünglich sollte die KfW-Förderung erst Ende Januar auslaufen. Auf dieses Datum hatten sich viele Antragsteller eingestellt.
Sowohl Sellmer als auch KWG-Geschäftsführer Thurmann appellieren an die Bundesregierung, bei künftigen Bauförderprogrammen umzudenken und primär nicht mehr Neu-, sondern Altbauten zu fördern. "Das größte Potenzial zur Energieeinsparung steckt nicht in Neubauten, sondern im Bestand", betont Thurmann. Die Anforderungen zur Energieeffizienz seien bei Neubauten heute schon sehr hoch, ergänzt Sellmer. Hier noch ein paar Prozent mehr herauszuholen, sei sehr teuer und bringe nichts.
Thurmann sieht den Schlüssel für Energieeffizienz künftig zudem vor allem in einem professionellen Energiemanagement. Verpflichtende Blockheizkraftwerke bei Neubaugebieten, Nahwärmekonzepte, Erdwärmelösungen oder neue Techniken zur Wärmegewinnung z.B. mit Heizwerklösungen unter Einbeziehung neuer Technologien wie Biogas, Cracking von Kunststoffabfall, Kompostierungswärme, Gas aus Gärung, Industrie-/Produktionswärme oder Algenphotosynthese-Verfahren seien vielversprechender als eine weitere Absenkung des KfW-Standards bei Neubauten.

Axel Gedaschko, Präsident des Spitzenverbandes der Wohnungswirtschaft GdW, im Interview
Redakteur:

Oliver Sander aus Buchholz

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