Einsatz für Zivilcourage und Flüchtlinge / Tostedts Pastor Gerald Meier verlässt Johannes-Gemeinde
bim. Tostedt. Die Johanneskirche würde Gerald Meier am liebsten mitnehmen, denn das altehrwürdige Gebäude war 19 Jahre lang sozusagen sein zweites Zuhause. Zum 1. Juli tritt er eine Pastorenstelle in Kirchweyhe bei Bremen an. Und verlässt damit kurz nach seiner Frau Maren Kujawa, die seit wenigen Monaten als Seelsorgerin im Kinder- und Jugendhospiz Löwenherz in Syke arbeitet, die Kirchengemeinde.
Für viele Tostedter kam Gerald Meiers Entscheidung überraschend. Er sei traurig darüber gewesen, dass er in den vergangenen Monaten immer alleine am Frühstückstisch saß. Seine Frau Maren (54) war bei ihrer Arbeit im Hospiz, Sohn Jaro (20) studiert Sozialwissenschaften in Göttingen, Tochter Josepha (19) sammelt Erfahrungen im Ausland. "Alle anderen Familienmitglieder waren unterwegs und erfüllt mit neuen Erlebnissen. Da möchte ich in meinem Leben auch nochmal etwas Neues erleben", sagt Gerald Meier zu seiner Motivation.
Bereits seit seinem 14. Lebensjahr wollte der gebürtige Nienburger Pastor werden. Nach Studium und elf Jahren in Kiel folgten Stationen in Loccum und Bremerhaven, bis Gerald Meier und Maren Kujawa 1999 nach Tostedt kamen. "Wichtig war mir von Beginn an die Teamarbeit, die im großen Pfarramt stets harmonisch verlief. Daneben hatte ich die Möglichkeit, in Tostedt eine Sambaschule als Verein - Sambucada e.V. - zu gründen und zu leiten, mit seinerzeit bis zu 140 Mitgliedern. Dieses Engagement hat mich mit vielen Menschen in Tostedt in Kontakt gebracht, die nicht unbedingt bei 'Kirchens' anzutreffen waren", berichtet Gerald Meier.
2010 wurde Sambucada als Verein aufgelöst und in neue Hände übergegeben. "Das war auch deshalb nötig geworden, weil ich zwischenzeitlich eine ganze Pfarrstelle inne hatte und seit 2006 Vorsitzender des Kirchenvorstandes war."
Von Beginn an sei ihm zudem die Mitarbeit im Forum für Zivilcourage wichtig gewesen, weil Tostedt ihm zuvor nur als Ort mit "braunen Umtrieben" bekannt gewesen sei. Darin sah sich der 57-Jährige bereits 1999 bestätigt, als ausgerechnet am Tag der Taufe von Tochter Josepha eine Nazidemo direkt vor dem Haus der Familie im Himmelsweg stattfand.
Ein weiteres Unternehmen sei 2011/12 die Teilnahme an dem Projekt "Und nähme ich Flügel" vom Michaeliskloster Hildesheim gewesen, in dessen Anschluss etwas später in Tostedt der "Johannes 2.0"-Gottesdienst eingeführt wurde, der seither besonders bei Konfirmanden und deren Familien beliebt ist. "In diesem Zusammenhang habe ich unsere Jugendband gegründet, die seitdem in wechselnden Besetzungen die Musik beiträgt", so Meier.
Ab 2014 stellte die Flüchtlingsarbeit einen seiner weiteren Arbeitsschwerpunkte dar. "Die Besonderheit in Tostedt ist die ökumenische Zusammenarbeit, sodass die Willkommenskultur von kirchlicher Seite getragen wird - in Zusammenarbeit mit dem Forum. Neben der Vernetzung der Aktivitäten haben für mich vor allem die Begegnungen mit Flüchtlingen, die bei uns im Kirchenasyl waren, nachdrücklich Eindruck hinterlassen. Von großer Bedeutung war für mich dabei die Unterstützung des aktuellen Kirchenvorstandes, der mir dieses Engagement ermöglicht und meinen Initiativen Vertrauen geschenkt hatte", so Meier.
"Ich gehe wirklich mit dem buchstäblich lachenden und weinenden Auge", sagt der 57-Jährige. Denn in den vergangenen 19 Jahren hat er ein funktionierendes Netzwerk geschaffen. Andererseits freut er sich auf neue Herausforderungen in Kirchweyhe, wo er sich - wie in Tostedt - der Jugend-, Konfirmanden- und Flüchtlingsarbeit widmen wird. "Hier weiß ich, wen ich für welches Vorhaben anrufen muss, in Kirchweyhe bin ich Anfänger", erklärt er.
Während das Pastoren-Ehepaar im Tostedt im historischen Pfarrhaus von 1826 lebte, "in dem wir sehr froh waren", werden er und Maren Kujawa in Kirchweyhe nun ein ganz neues Pfarrhaus beziehen.
Meiers Pfarrstelle muss neu besetzt werden und ist zunächst vakant.
Abschied und Empfang
Im Gottesdienst am 10. Juni um 10 Uhr wird Gerald Meier durch Landessuperintendent Dirk Jäger verabschiedet. Anschließend wird zum Empfang ins Gemeindehaus eingeladen. "Ich freue mich auf viele Menschen, die mich in den vergangenen 19 Jahren begleitet haben", so Gerald Meier.
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