Kontroverse Debatten
Wird Cannabis für Erwachsene nun bald zum Teil legal?

Auch wenn der Bundesrat einer Teil-Legalisierung von Cannabis zustimmt: Bis zum ersten legalen Joint dauert es noch eine Weile | Foto: Animaflora PicsStock / Adobe Stock
  • Auch wenn der Bundesrat einer Teil-Legalisierung von Cannabis zustimmt: Bis zum ersten legalen Joint dauert es noch eine Weile
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Zum 1. April 2024 soll der Cannabiskonsum für Volljährige mit Auflagen legalisiert werden. Gemäß dem Gesetzentwurf soll der Besitz von bis zu 25 Gramm getrocknetem Cannabis im öffentlichen Raum künftig straffrei sein. Für den privaten Raum gilt die Grenze von 50 Gramm getrocknetem Cannabis. Zudem ist pro Erwachsenem der Eigenanbau von drei Pflanzen erlaubt. Ab dem 1. Juli 2024 sollen dann nicht-gewerbliche Anbauvereinigungen die Möglichkeit erhalten, Cannabis anzubauen. Für Minderjährige bleibt der Besitz von Cannabis nach wie vor verboten. 

Der Bundestag hat dem Gesetzentwurf bereits zugestimmt, am 22. März 2024 befasst sich der Bundesrat mit dem Thema. Ob die Länderkammer zustimmt und das Gesetz wie geplant zum 1. April greift, ist offen, denn womöglich landet das Thema noch in einem Vermittlungsausschuss.

So forderte zuletzt der Gesundheitsausschuss u.a. eine Reduzierung der vorgesehenen Mengenbegrenzungen für den legalen Besitz von Cannabis. Der Innenausschuss verlangte u.a. einen Konsum "nur in privaten Räumen und befriedeten Besitztümern, nicht jedoch im öffentlichen Raum" bzw. öffentlichen Konsum nur bei einem Mindestabstand von 500 Metern etwa zu Kitas, Schulen und Spielplätzen.
Der Rechtsausschuss wandte sich gegen die im Gesetz vorgesehene Amnestie für Fälle, die künftig legal sind, nachdem der Deutsche Richterbund durch einen rückwirkenden Straferlass vor einer Überlastung der Justiz warnt. 

Motivation der Bundesregierung

Nach Ansicht der Bundesregierung stößt die bisherige Drogenpolitik zum Cannabiskonsum an ihre Grenzen. Denn trotz Verboten steigt der Konsum von Cannabis gerade bei jungen Menschen an. In Deutschland hätten im Jahr 2021 mehr als vier Millionen Menschen zwischen 18 und 64 Jahren innerhalb der letzten zwölf Monate Cannabis konsumiert.

Auf dem Schwarzmarkt gekauftes Cannabis sei aber häufig mit Gesundheitsrisiken verbunden. Es könne verunreinigt sein und einen unbekannten Tetrahydrocannabinol-Gehalt (THC-Gehalt) enthalten, dessen Wirkstärke Konsumentinnen und Konsumenten nicht abschätzen könnten.

Daher setzt sich die Bundesregierung für eine neue Drogenpolitik ein. Der Gesetzesentwurf, den der Bundestag verabschiedet hat, basiert auf einem Zwei-Säulen-Eckpunktepapier, das Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) und Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) im April 2023 vorgestellt hatten. Der Schutz von Kindern und Jugendlichen ist ein zentraler Bestandteil des Gesetzesvorhabens. (FAQ zur Legalisierung findet ihr hier).

In der Region sind die Fallzahlen von Cannabisdelikten hingegen rückläufig.
Im Bereich der Polizeiinspektion Harburg sind die Delikte mit Betäubungsmitteln im vergangenen Jahr im Vergleich zu 2022 (769) um 22,37 Prozent (-172 Taten) gesunken. Bei dem allgemeinen Verstoß mit Cannabis und Zubereitungen gab es den größten Tatenrückgang von 454 auf 338 (-25,55 Prozent, -116 Taten). Lediglich bei den Verstößen mit Methamphetamin gab es mit vier Taten einen Anstieg von 100 Prozent.

Im Bereich der Polizeiinspektion Stade sanken die Fallzahlen bei den Betäubungsmitteln im Vergleich zum Vorjahr um 19,18 Prozent (-140 Taten). Die Gesamtabnahme ist laut Polizei im Wesentlichen auf starke Rückgänge bei den allgemeinen Verstößen mit Cannabis und sonstigen Betäubungsmitteln zurückzuführen. Dem stehen deutlich geringere Anstiege bei den allgemeinen Verstößen mit Kokain/Crack und Heroin gegenüber.

Kontroverse Diskussionen

Eine teilweise Cannabisfreigabe wird seit vielen Jahren kontrovers diskutiert. Während die Befürworter diese als logische Konsequenz zur akzeptierten Gesellschaftsdroge Alkohol sehen und sich dadurch eine Eindämmung des illegalen Cannabis-Marktes erhoffen, befürchten andere zusätzliche Gefährdungen im Straßenverkehr und einen vereinfachten Zugang für Kinder und Jugendliche. Polizei und Kommunen warnen vor hohem Kontroll- und Bürokratieaufwand.

VERKEHRSWACHT
Die Verkehrswacht Niedersachsen erwartet durch die teilweise Freigabe von Cannabis ein erhöhtes Unfallrisiko und häufigeres Fehlverhalten. "Mit einer Legalisierung von Cannabis wird nicht gleichzeitig das Fahren unter Cannabiseinfluss freigegeben, dennoch sind Veränderungen des Konsumverhaltens und der Häufigkeit des Fahrens unter Cannabiseinfluss stark anzunehmen", erklärt Heiner Bartling, Präsident der Landesverkehrswacht Niedersachsen. Selbstverständlich gebe es typische verkehrssicherheitsrelevante Nebenwirkungen eines Cannabiskonsums wie bspw. Konzentrations- und Aufmerksamkeitsstörungen, Müdigkeit oder die Beeinträchtigung der psychomotorischen Leistungsfähigkeit.
Eine Legalisierung von Cannabis müsse durch professionelle Präventions- und Aufklärungsarbeit flankiert werden. 
Für Fahranfängerinnen und Fahranfänger erwartet die Verkehrswacht Niedersachsen eine Regelung analog zur Null-Promille-Regelung bei Alkohol.

JUSTIZ
Niedersachsens Justizministerin Dr. Kathrin Wahlmann (SPD) appellierte an die Ampelkoalition, die geplante sofortige Amnestie für Verurteilte aus dem Cannabisgesetz zu streichen. Gemäß Gesetzentwurf soll die Straffreiheit für den Besitz von bis zu 25 Gramm Cannabis oder den Anbau von bis zu drei Pflanzen nicht nur zukünftig, sondern auch rückwirkend gelten. "Das bedeutet, dass alle rechtskräftigen Verurteilungen, die sich aktuell noch in der Vollstreckung befinden, nicht weiter vollstreckt werden dürfen. Da das Gesetz zudem keine Übergangsregelung vorsieht, gilt dieser rückwirkende Straferlass ab dem Tag des Inkrafttretens des Gesetzes", so Wahlmann. Wie sollen die Beschäftigten in dem kurzen Zeitraum zwischen der Verkündung des Gesetzes und dem geplanten Inkrafttreten am 1. April 2024 zigtausende Verfahren auswerten und neue Beschlüsse fassen? Es werde unweigerlich landauf, landab zu rechtswidrigen Zuständen und zu Entschädigungspflichten kommen.

Für die Staatsanwaltschaften hätte dies zur Folge, dass sämtliche Akten, in denen eine Person wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz (BtMG) verurteilt worden ist, manuell daraufhin ausgewertet werden müssten, ob der Verurteilung zugrundeliegende Sachverhalt nach der neuen Gesetzeslage straffrei wäre. Es müsste also nachvollzogen werden, ob ein Betäubungsmittelverstoß wegen Cannabis vorlag und um welche Menge es sich gehandelt hat. 

Auch die Gerichte würden sich einer enormen Mehrbelastung ausgesetzt sehen. Wenn ein Angeklagter z.B. zu einer Gesamtstrafe verurteilt wurde, in die ein BtM-Verstoß einbezogen wurde, der nach neuem Recht nicht mehr sanktionierbar ist, müssten diese Gesamtstrafenbeschlüsse aufgehoben und neu gefasst werden.

Dr. Wahlmann rechnet allein in Niedersachsen mit über 16.000 Akten. Das Bundesgesundheitsministerium geht diesbezüglich von einer notwendigen Sichtung von bundesweit 7.500 Fällen auf relevante Cannabisdelikte aus. Die Gerichte würden außerdem dadurch entlastet, dass es künftig weniger Verfahren mit Cannabisbezug geben werde.

Fakt ist: Sollte der Bundesrat der teilweisen Cannabis-Legalisierung zustimmen, sind danach noch einige "Baustellen" zu beackern. Und die legalen "Pflänzchen" müssen ja auch erstmal wachsen.

Redakteur:

Bianca Marquardt aus Tostedt

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