"Die Grenze ist längst überschritten"

„Kaum jemand hat Rücksicht auf die Situation genommen“: Hans-Heinrich Höper ist enttäuscht vom Jesteburger Rat | Foto: Samtgemeinde Jesteburg
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Jesteburgs Verwaltungschef Hans-Heinrich Höper gilt als moderater Gesprächspartner, der nicht dazu neigt, Dinge zu dramatisieren. Doch diesmal scheint eine Grenze überschritten worden zu sein. Ungewohnt scharf kritisierte Höper die Jesteburger Ratsherren in seiner Funktion als Gemeindedirektor. Obwohl er bereits Anfang des Jahres seinen Rücktritt angekündigt hatte, weil die Arbeit nicht mehr ehrenamtlich zu leisten sei, überschwemme die Politik das Rathaus mit Anträgen und Anfragen. Die Suche nach einem Nachfolger scheiterte trotz zweier Ausschreibungen.

mum. Jesteburg. „Ich werde mein Amt als ehrenamtlicher Gemeindedirektor spätestens im Herbst niederlegen“, hatte Hans-Heinrich Höper (60) Anfang des Jahres während einer Gemeinderatssitzung angekündigt. Der Samtgemeinde-Bürgermeister - seit 2006 im Amt - gab vor allem die Belastung als Grund für seine Entscheidung an. „Meine letzte Erkrankung hat mir gezeigt, dass es so nicht weitergehen kann. Wenn ich es jetzt nicht mache, wird sich mein Gesundheitszustand weiter verschlechtern und ich werde dienstunfähig werden, was erhebliche Auswirkungen auf meine hauptamtliche Tätigkeit als Samtgemeinde-Bürgermeister hätte“, räumte Höper damals ehrlich ein.
Die Ratsmitglieder reagierten mit Betroffenheit. Doch geändert hat sich nichts. „Kaum jemand ist danach zu mir ins Büro gekommen, um die Situation zu besprechen“, so Höper, der neun Monate nach seiner Ankündigung noch immer im Amt ist. Schlimmer noch. Er glaubt, dass weite Teile des Rates seine Kritik gar nicht verstanden haben. Und dabei würde es ihm nicht nur um seine Person gehen. „Die komplette Verwaltung wird mit Anträgen überschwemmt. Einige glauben offensichtlich, das Rathaus ist nur für Jesteburg zuständig.“ Dabei sei es das Rathaus der gesamten Samtgemeinde. „Die Mitarbeiter kommen nicht dazu, ihre eigentlichen Aufgaben zu erfüllen.“ Dabei wird Höper nicht müde, seine Mitarbeiter zu loben. „Alle sind motiviert, doch irgendwann ist die Grenze erreicht.“
Allein in diesem Jahr mussten 40 Sitzungen mit 239 Sitzungsvorlagen erarbeitet werden - nur für Jesteburg (7.883 Einwohner). Zum Vergleich: Die Gemeinde Hanstedt (5.438 Einwohner) kommt auf 26 Sitzungen. Die Sitzungen werden vorbereitet, durchgeführt, nachbereitet. „Das alles kostet Arbeitszeit, Arbeitszeit, die im Tagesgeschäft fehlt“, so Höper. Er habe mehrfach darauf hingewiesen, dass die Verwaltung aufgrund von langzeiterkrankten Mitarbeitern nicht alle Ansprüche und Aufgaben erfüllen könne. Das hätten einige Ratsmitglieder auch aufgegriffen und Rücksicht genommen, andere nicht. „Ohne den unermüdlichen Einsatz der Mitarbeiter mit geleisteten Überstunden hätten wir die Arbeit in den letzten Monaten nicht schaffen können.“ Dazu gebe es häufig verbale Angriffe auf einzelne Mitarbeiter. Höper vermisst den Respekt. Am meisten schockiert ist er über eine Aussage eines Ratsmitglieds gegenüber einer Mitarbeiterin. „Ihr wurde gesagt, dass sich die Kritik nicht gegen das Rathaus allgemein richtet, sondern gegen Höper. Der muss weg!“
Dass sich etwas ändern muss, zeigt das Ergebnis zweier Ausschreibungen. Zuerst suchte Jesteburg nach einem Fachbereichsleiter, der den Gemeindedirektor-Posten übernehmen sollte. Als der einzige in Frage kommende Kandidat absagte, folgte eine zweite Ausschreibung. Diesmal sollte es eine junge Kraft sein, die quasi an der Seite Höpers „reifen“ sollte. Auch hier sagte der einzige Kandidat ab. „Für beide Bewerber gilt, dass sie keine Lust auf die Arbeitszeiten hatten“, so Höper. Viele Sitzungen am Abend und dazu Wochenendtermine seien nicht gut angekommen.
Derzeit führt ein Büro eine Organisationsuntersuchung im Rathaus durch. Dazu werden alle Rathaus-Mitarbeiter befragt, Strukturen hinterfragt und Vorschläge erarbeitet. „Das Ergebnis wird nicht vergnügungssteuerpflichtig sein“, so Höper. Er geht davon aus, dass neues Personal notwendig ist oder die Ansprüche zurückgefahren werden müssen.
Nach dieser Untersuchung ist für Höper definitiv Schluss. Spätestens im März muss eine Lösung her. „Da der Umfang der Aufgaben und die Ansprüche aus dem Rat enorm zugenommen haben, wird keine Person aus dem Leitungspersonal der Samtgemeinde die Aufgabe in dem jetzigen Umfang übernehmen können. Die Fachbereichsleitungen sind vollständig ausgelastet“, macht Höper deutlich. Als Samtgemeinde-Bürgermeister habe er genügend Aufgaben zu erfüllen. „Wir müssen uns mit der Einführung der Ganztagsschulen intensiv befassen. Die Feuerwehren bedürfen unsere ganze Unterstützung, damit sie weiterhin ehrenamtlich geführt werden können. Das Feuerwehrgerätehaus in Bendestorf muss erweitert werden. Damit verbunden sind die Verlegung des Bauhofes in Bendestorf und die Prüfung der Zusammenlegung der Bauhöfe. Es müssen die finanziellen Herausforderungen zur Finanzierung der Kinderbetreuung angegangen werden“, macht Höper deutlich. Eine der größten Herausforderungen stehe mit der Digitalisierung der Verwaltungsleistungen noch bevor. Und es gibt noch weiteren Handlungsbedarf: In gut zweieinhalb Jahren wird mit Bauamtschef Thomas Burmester Höpers allgemeiner Vertreter in den Ruhestand gegen. Zwei Jahre später sei dann auch für Höper selbst Schluss. „Die Gemeinde muss sich mit diesen Herausforderungen auseinandersetzen.“

150 Euro für den Gemeindedirektor

Hans-Heinrich Höper betont, dass das Amt des Gemeindedirektors eine ehrenamtliche Tätigkeit sei, für die es eine Aufwandsentschädigung in Höhe von 150 Euro gibt und neben dem Hauptamt und nicht stattdessen geleistet werden soll. „Ein Verhältnis von 80 Prozent Hauptamt zu 20 Prozent Nebentätigkeiten dürfte akzeptabel sein“, so Höper. „Aktuell ist es aber so, dass das Verhältnis in Jesteburg umgekehrt ist.“

Redakteur:

Sascha Mummenhoff aus Jesteburg

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