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Wasserschaden im Feuerwehrneubau

Gemeindereferentin fordert freizügigere Kirche
"Wir haben nichts mehr zu verlieren"

Wiltrud Hartmann, seit 2004 Gemeindereferentin in der St. Petrus-Gemeinde | Foto: cbh
  • Wiltrud Hartmann, seit 2004 Gemeindereferentin in der St. Petrus-Gemeinde
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cbh. Buchholz. In den vergangenen Wochen geriet die katholische Kirche wiederholt in die Schlagzeilen. Es ging vor allem um Missbrauchsfälle und den Umgang damit. In diesem Zusammenhang wurde sogar der ehemalige Papst Benedikt XVI., Joseph Ratzinger, der Lüge bezichtigt. Aber es gab auch andere Stimmen. Nach Kardinal Marx forderte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Georg Bätzing, zu Beginn des sogenannten Synodalen Wegs in Frankfurt am Main Anfang Februar ein Ende des Pflichtzölibats. Der Synodale Weg umfasst vier Punkte: die katholische Sexualmoral, die Position der Frau in der Kirche, den Umgang mit Macht, und den Zölibat, also die priesterliche Ehelosigkeit. Die Synodalversammlung ist das zentrale Beschlussgremium des Prozesses. Getragen wird der Synodale Weg von Deutscher Bischofskonferenz und ZdK, also von Bischöfen und Laien gleichermaßen. Im Interview der Woche sprach das WOCHENBLATT mit Gemeindereferentin Wiltrud Hartmann (60) von den katholischen Gemeinden St. Petrus in Buchholz und Guter Hirt in Winsen über die aktuellen Entwicklungen in der katholischen Kirche und
die Auswirkungen auf die Gemeindearbeit vor Ort.

WOCHENBLATT: Es sind schier revolutionäre Forderungen beim Synodalen Weg gestellt worden. Kommt nun endlich Bewegung in die katholische Kirche?
Hartmann: Die Forderungen sind richtig und wichtig, aber es müssen auch endlich Taten folgen. Bislang wird viel gesprochen, aber nichts umgesetzt. Es muss sich endlich etwas ändern, damit wir die Menschen nicht verlieren und unser Verständnis von unserer christlichen Haltung in der Gesellschaft sichtbar werden kann.

WOCHENBLATT: Sie sprechen von Kirchenaustritten?
Hartmann: Ja. Es ist unglaublich, wie viele Menschen in den letzten Monaten und Jahren aus der Kirche ausgetreten sind. Den meisten ging es dabei gar nicht um den Glauben, sondern um die Institution Kirche, um das Bodenpersonal, das an Glaubwürdigkeit verloren hat. Und wir hier vor Ort müssen ausbaden, was sie angerichtet haben.

WOCHENBLATT: Was wären für Sie die wichtigsten Veränderungen, die schnell umgesetzt werden sollten?
Hartmann: Die Abschaffung des Pflichtzölibats. Dadurch würde der Beruf des Priesters attraktiver, wir hätten wieder Nachwuchs. Es gibt Priester, die leben freiwillig und gern im Zölibat, aber viele andere schreckt es ab,
diesen Beruf zu ergreifen. Frauen als Priesterin zulassen. Es sind ohnehin die Frauen, die diese Kirche
tragen. Sie waren es schon immer, auch zu Jesus Zeit. Das fordert u.a. auch die katholische Bewegung Maria 2.0. Homosexuelle Paare sollten kirchlich heiraten dürfen, ebenso wie Geschiedene. Es ist doch wirklichkeitsfremd, diesen Menschen die Segnung ihrer Lebensgemeinschaft zu verweigern. Pastorale Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sollten segnen und z.B. das Sakramente der Taufe und Krankensalbung spenden dürfen.

WOCHENBLATT: Warum ist das für Ihre Arbeit wichtig?
Hartmann: Zukünftig wird es immer schwieriger, dass noch Sakramente gespendet werden, weil wir zu wenig Priester haben. Wir Laien sind vor Ort, bei den Menschen, stehen ihnen in schweren Zeiten bei. Wir stellen sie unter den Segen Gottes und begleiten sie. Bei dem Wunsch der Krankensalbung, muss ein Priester gerufen werden. Wenn jemand im Sterben liegt, darf nur ein Priester die Krankensalbung vornehmen. Wir hier haben aber nur zwei Geistliche für sechs Gemeinden. Die können nicht überall sein. Wir Laien sind da, dürfen aber keine Sakramentenspendungen vornehmen.

WOCHENBLATT:
Hat eigenmächtige Handeln keine Konsequenzen?
Hartmann: Nein, hat es nicht. Wir haben hier in Buchholz sogar die Regenbogenflagge gehisst als Zeichen der Solidarität für die homosexuellen Priester und Laien, die sich geoutet haben und denen die Entlassung drohte. Das ist auch etwas, das sich ändern muss: Alle Angestellten der Kirche müssten unter das normale Arbeitsrecht fallen. Das ist bis heute nicht der Fall.

WOCHENBLATT: Haben Sie denn keine Sanktionen zu befürchten?
Hartmann: Ehrlich gesagt - nein. Gerade wir hier im Norden sind nur noch so wenig Personal, wir können und sollten stets so handeln, wie es unsere Arbeit, das Zusammensein mit den Menschen erfordert. Wir sollten tun, was die Situation erfordert. Wir wollen Gutes bewirken, nah an den Menschen sein. Wir haben nichts mehr zu verlieren!

WOCHENBLATT: Haben Sie jemals bereut, den Beruf der Gemeindereferentin zu ergreifen?
Hartmann: Nein, niemals. Ich bin mit Leib und Seele Seelsorgerin. Für die Menschen da zu sein, im Gespräch zu bleiben, Trost zu spenden, an ihrer Seite zu stehen - das ist eine großartige, erfüllende Aufgabe. Ich möchte Gesicht zeigen – ein anderes Gesicht, als das in Rom, München oder Köln.

Redakteur:

Christine Bollhorn aus Buchholz

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