Der Experten-Tipp
Rechte bei Verstoß gegen die Kreditwürdigkeitsprüfung

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Es hätte alles so schön sein können, es kam jedoch ganz anders: Um den Lebensabend im neu erworbenen Haus für 730.000 Euro an der Ostsee genießen zu können, gewährten Bank und Bausparkasse der seinerzeit 66-Jährigen Darlehen über eine Million Euro. Im Jahr waren insgesamt Raten von rund 50.000 Euro zu zahlen. Da die alleinige Kreditnehmerin jedoch vor Nutzung des neues Hauses in ein Pflegeheim einziehen musste, wurde das Haus wieder veräußert.

Die Probleme:

Das eine Problem: Es wurden höhere Darlehen vergeben, die auch durch den Verkaufserlös nicht vollständig zurückgeführt werden können. Das andere Problem: Die Einnahmen der Rentnerin aus der Vermietung eines Mehrfamilienhauses reichen nicht aus, die monatlichen Darlehensraten zu bezahlen.

Banken haben schon immer die Kreditwürdigkeit geprüft, schließlich soll das Darlehen zurückgezahlt werden (Kapitaldienstfähigkeit). Seit dem 21.3.2016 gilt dies mit § 505 a-d BGB auch zivilrechtlich. Bei einem Immobiliar-Verbraucherdarlehensvertrag muss das Ergebnis der Kreditwürdigkeitsprüfung sein, dass der Darlehensnehmer seinen Verpflichtungen, die im Zusammenhang mit dem Darlehensvertrag stehen, nachkommen wird. Dafür muss die Bank auf die planmäßige und üblicherweise annehmbare Entwicklung der Schulddienstfähigkeit des Darlehensnehmers abstellen.

Kreditlaufzeit im Alter

Die Bank muss insbesondere ein reduziertes Einkommen im Rentenalter ebenso berücksichtigen wie eine über das voraussichtliche Rentenalter hinausgehende Kreditlaufzeit. Die Bank muss dies plausibel, nachvollziehbar, also gerichtsfest, dokumentieren. Bei einem Hauskredit bedarf es einer eingehenden Prüfung auf Grundlage notwendiger, ausreichender und angemessener Informationen zu Einkommen, Ausgaben sowie anderen finanziellen Umständen. Nach Abzug von Ausgaben vom Haushaltseinkommen darf es nicht zu unbilligen Härten oder Überschuldung kommen.

Verstoß der Bank

Verstößt die Bank im Einzelfall gegen die Pflicht zur Kreditwürdigkeitsprüfung, dann hat der Darlehensnehmer weitreichende Rechte: Nach § 505 d BGB ermäßigt sich der vertragliche Darlehenszins auf den marktüblichen Zinssatz, der Kunde kann den Kreditvertrag jederzeit fristlos kündigen und braucht auch keine Vorfälligkeitsentschädigung zu zahlen. „Zwar muss der Kunde den Kredit zurückzahlen“, so Rechtsanwalt Stefan Bergeest, „jedoch können sich erhebliche Einsparungen durch einen niedrigeren marktüblichen Zins, der mithilfe der Zinsstatistik der Bundesbank oder eines Sachverständigen bestimmt werden kann, ergeben, denn die Bank muss das Darlehen neu abrechnen und der Kunde bekommt Geld zurück.“

Sachverständigenkosten

„Im Fall der älteren Dame verblieben dieser nicht einmal 1.000 Euro monatlich zum Leben, die jetzigen Kosten für das Pflegeheim sind nicht tragbar“, so der Fachanwalt für Bankrecht Bergeest. „Für meine Mandantin habe ich wegen fehlender Kapitaldienstfähigkeit und unzureichender Kreditwürdigkeitsprüfung das Bauspardarlehen gekündigt, um so die fünfstellig - ohnehin zu hoch - abgerechnete Vorfälligkeitsentschädigung zurückzuverlangen, und den Ersatz weiterer Schäden geltend gemacht, so auch Anwalts- und Sachverständigenkosten“, so Rechtsanwalt Bergeest. „Erschwerend kommt hinzu, dass über 100.000 Euro als Finanzierungs-Puffer gewährt wurden, damit die Darlehensraten überhaupt - kreditfinanziert - erbracht werden können.“ Ansprüche sind rechtzeitig vor Verjährungseintritt eingeklagt worden.

Ein im Einzelfall vorliegender Verstoß gegen die Pflicht zur Kreditwürdigkeitsprüfung sollte zeitig fachanwaltlich geprüft werden. Sollte das Gespräch mit der jetzigen Bank nicht zielführend sein und wird eine ablösende Bank benötigt, ist abgestimmt vorzugehen. Der Aufwand dürfte sich jedoch für den Darlehensnehmer lohnen, da es oft um fünfstellige Beträge geht.

Stefan Bergeest
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht, Hamburg/Seevetal

Redakteur:

Axel-Holger Haase aus Buchholz

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