Die "Miss Marple" aus Aspe
Debbie Bülau von der Stader Geest leistet bei ihrer geschichtlichen Heimatforschung echte Detektivarbeit

Debbie Bülau hat ihre Arbeit sorgfältig dokumentiert | Foto: sb
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JOBS und KARRIERE

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sb. Aspe. Spürsinn und Hartnäckigkeit zeichnen einen guten Detektiv bzw. eine gute Detektivin aus. Debbie Bülau (51) aus Aspe, einem Ortsteil der Gemeinde Kutenholz, kann beides vorweisen. Seit mehr als einem Jahr erforscht sie akribisch die Namen und Geschichten der Menschen, die am Ende des Zweiten Weltkriegs in der Samtgemeinde Fredenbeck Opfer der NS-Herrschaft wurden. Unter Freunden wird sie deshalb auch liebevoll "Miss Marple" genannt.

Genau wie die scharfsinnige Amateurdetektivin aus der Feder der englischen Kriminalschriftstellerin Agatha Christie will Debbie Bülau es ganz genau wissen. Ihr Steckenpferd sind jedoch keine kniffligen Kriminalfälle, sondern haben einen geschichtlichen Hintergrund. "Schon als Kind habe ich mich für Geschichte begeistert, insbesondere für das alte Ägypten und die NS-Zeit. Ursprünglich wollte ich auch Archäologin werden." Geworden ist sie dann Erzieherin. Seit der Geburt ihrer Kinder ist sie im Familienunternehmen ihres Mannes Herwig tätig. Zum Hof Bülau gehören Milchvieh, Ackerwirtschaft sowie eine Biogasanlage. Sich selbst sieht Debbie Bülau jedoch nicht als Landwirtin – eher als engagierte Landfrau mit vielseitigen Interessen.

Akribische Spurensuche

Seit einigen Jahren beteiligt sie sich an dem Projekt, für Aspe eine Dorfchronik zu schreiben. Bei den Recherchen stieß sie auf Menschen verschiedenster Nationalitäten, die Ende des Zweiten Weltkriegs dem NS-Regime zum Opfer fielen. Das Spektrum reichte dabei von Kindern von Zwangsarbeiterfrauen über KZ-Häftlinge bis zu Soldaten. Einige Namen waren bekannt, andere nicht. Das ließ Debbie Bülau keine Ruhe. Ihre Spurensuche führte sie u.a. über die Gedenkstätte Lager Sandbostel bei Bremervörde, den Suchdienst des Deutschen Roten Kreuzes und das Staatsarchiv in Stade und endete neben vielen persönlichen Gesprächen mit anderen Forschenden natürlich im Internet. Hier half ihr insbesondere "Arolsen Archives" weiter. In dem weltweit umfassendsten Online-Archiv über die von den Nationalsozialisten verfolgten und ermordeten Menschen sind rund 30 Millionen Dokumente sowie Hinweise auf die Schicksale von 17,5 Millionen Menschen hinterlegt. "Beim Lesen der Papiere und Urkunden ist so manche Nacht draufgegangen", sagt Debbie Bülau.

Aufmerksamkeit der Medien

Zusätzlich startete die Asperin auf der Suche nach Familienangehörigen der Opfer zahlreiche Aufrufe in sozialen Netzwerken. Hier war sie insbesondere in England erfolgreich. Denn viele Briten sind begeisterte Familienforscher und sich gern untereinander behilflich. Zudem wurden die Medien auf die Arbeit von Debbie Bülau aufmerksam. Sowohl Zeitungen als auch ein Fernsehsender und eine Radiostation beteiligten sich an der Suche nach Familienangehörigen – und wurden fündig. So meldete sich u.a. ein Neffe des jungen britischen Soldaten Anthony Hurst-Taylor aus der Grafschaft Nottinghamshire, der am 1. Mai 1945 – nur wenige Tage vor dem Ende des Zweiten Weltkriegs – gemeinsam mit vier Kameraden in Kutenholz in seinem Panzer von einer Mine getötet wurde. "Mit dem Neffen und drei weiteren Nichten von Anthony gab es dann eine ergreifende Videoschaltung, bei der wir uns ein wenig kennenlernen konnten", sagt Debbie Bülau. "Die Familie ist sehr dankbar, weil sie jetzt nach so vielen Jahren weiß, wo und wie ihr Angehöriger ums Leben kam." • Der Fernsehbeitrag ist online zu sehen unter: https://bit.ly/3LxmHXk.

DNA-Abgleich mit Knochen

Auch wenn Debbie Bülau inzwischen die Namen und Familien aller fünf Soldaten aus dem gesprengten Panzer bei Kutenholz gefunden hat, ist der Weg noch nicht zu Ende. Denn auf der Suche nach Panzerteilen fanden ihre Mitstreiter und sie Knochenfragmente, die sie einem der Opfer zuordnen möchten. Im Rahmen eines Forschungsprojekts konnte aus den Knochen DNA-Material extrahiert werden. Dieses soll jetzt mit DNA der Hinterbliebenen verglichen werden. "Mir ist wichtig, den Toten einen Namen zu geben", sagt Debbie Bülau. "Sie sollen nicht vergessen werden." Sie bedankt sich sehr herzlich bei den vielen Menschen, die sie bei ihrer Arbeit unterstützen.

Neben dem Erfolg bei ihrer Suche freut sie sich sehr, unter den Familienangehörigen viele Freunde gewonnen zu haben. Und das weltweit: Denn die Hinterbliebenen sind heute u.a. in Großbritannien, Frankreich, Australien oder Singapur zuhause.

Gedenkfeier am 8. Mai

Mehrere Angehörige der auf der Stader Geest verstorbenen NS-Opfer, sind am Sonntag, 8. Mai, bei der Einweihung von mehreren Erinnerungsstelen auf drei Friedhöfen in der Gemeinde Kutenholz zu Gast. Auf den Gedenksteinen sind alle recherchierten Opfer genannt. Die Namen und ihre Geschichten stellen Debbie Bülau und ihre Mitstreiter mit mehreren Filmen vor, die auf Youtube unter dem Kanal "Heimat- und Kulturkreis Kutenholz e.V." zu finden sind.

Die Einweihung der Stelen beginnt um 10 Uhr mit einem Gedenkgottesdienst in der Kirche in Mulsum. Um 11.30 Uhr gibt es eine Gedenkfeier mit nationalen und internationalen Ehrengästen auf dem Friedhof in Kutenholz. Zu beiden Veranstaltungen sind interessierte Gäste willkommen.

Redakteur:

Stephanie Bargmann aus Stade

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