Erbpachtzins um 3.100 Prozent erhöht
Buxtehuder Haus jetzt unverkäuflich

Verweifelte Hausbesitzer: Ines und Gerhard Müller | Foto: wd
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Ein Traumgrundstück in Buxtehude ist durch einen Ratsbeschluss unverkäuflich geworden: Diese bittere Erfahrung macht zurzeit das Ehepaar Gerhard (62) und Ines Müller (63). Sie kauften im Jahr 1990 von der Stadt Buxtehude ein Haus auf einem 2.200 Quadratmeter großen Erbpachtgrundstück und zahlen dafür einen jährlichen Erbbauzins von 469,40 Euro. Im Oktober 2022 hat der Buxtehuder Rat aber beschlossen, den Erbbauzins mit 3,5 Prozent des Bodenrichtwertes neu zu berechnen. Damit werden für Müllers ab dem Jahr 2048, wenn der Vertrag ausläuft, eigentlich 22.344 Euro pro Jahr fällig. Nachdem die Hansestadt Buxtehude dem Ehepaar entgegenkommt und nicht das gesamte Grundstück berechnet, sind es noch 14.700 Euro jährlich. Das ist noch eine Preissteigerung von 3.100 Prozent.

Erfahren haben die Müllers davon nur, weil sie ihr Haus verkaufen wollen und eine Maklerin, Yvonne Laage aus Apensen, eingeschaltet hatten. "Wir hatten bereits mit der Hansestadt Buxtehude verhandelt, die ein Vorkaufsrecht hat", sagt Gerhard Müller. "Das war noch vor dem Ratsbeschluss und man sagte uns nur, dass der Erbbauzins steigen würde, aber nicht um wieviel. Ich habe mit 2.000 Euro gerechnet."
Als die Maklerin noch einmal nachfragte und die Summe hörte, fiel sie vom Glauben ab. "Unter diesen Rahmenbedingungen ist ein Verkauf nicht möglich", sagt sie nach rund 20 Besichtigungsterminen. "Alle Interessenten sind zunächst begeistert, aber sobald sie hören, dass sie in 23 Jahren einen Erbauzins von 14.700 Euro zahlen sollen, springen sie ab."

Für den ehemaligen Mitarbeiter der Telekom und die frühere Krankenschwester eine Katastrophe. "Selbst wenn wir nicht verkaufen wollten, wäre Hierzubleiben auch keine Lösung - das könnten wir uns gar nicht mehr leisten."

Das ist auch kein Wunder, denn der Sinn und Zweck von Erbbaurechten war ursprünglich, dass auch sozial schwächere Familien Wohneigentum beziehen können. "Das Ganze ist für mich nicht nachzuvollziehen", sagt Müller. "Auf der einen Seite wird bezahlbarer Wohnraum gefordert und auf der anderen Seite wieder vernichtet."

Das Ehepaar Müller steht zwar mit seinem Problem nicht alleine da. Mehr als 100 weitere Hausbesitzer, die auf einem gepachteten Grundstück der Hansestadt leben, sind von der Neuregelung betroffen und müssen, sobald ihr bisheriger Vertrag ausläuft, deutlich mehr Erbbauzins zahlen. "Die laufen alle ins offene Messer", befürchtet Yvonne Laage. "Das Problem der Müllers ist allerdings, dass das Grundstück mit 2.200 Quadratmetern so groß ist." Normalerweise - so die Maklerin - würden für die Berechnung laut Bodenrichtwert nur 700 Quadratmeter und der Rest als Grünland angesetzt. Doch diesen Einwand habe die Hansestadt Buxtehude nicht gelten lassen, weil sie dem Ehepaar Müller mit 14.700 statt 22.344 Euro Erbbauzins jährlich bereits entgegengekommen sei.

Das sagt Haus & Grund zu dem Fall

Aufgeschreckt von diesem Artikel im WOCHENBLATT wandten sich Mitglieder von Haus & Grund Buxtehude e.V. an die Geschäftsstelle. Der Verein nimmt dazu Stellung:

"Haus & Grund Buxtehude sieht hier eine unakzeptable Benachteiligung der Erbbauberechtigten. Während diesen Bürgern der Erbbauzins unbillig erhöht wird, will man andererseits in stadteigene Immobilien investieren, um andere Bürger zu entlasten. Der erste Vorsitzende, André Grote, fordert in diesem Fall eine Revision des diesbezüglichen Ratsbeschlusses vom 13. Oktober 2022.

Dieser besondere Fall macht auch deutlich: Bitte prüfen Sie Ihre Verträge und lassen Sie sich rechtzeitig beraten: Die Formulierungen von Altverträgen sind oft recht schwammig. Datiert Ihr Vertrag aus der Mitte des letzten Jahrhunderts, handelt es sich vermutlich um die Überlassung von Ackerland zu Wohnbebauung. Der Erbbauzins ist vergleichsweise niedrig und sieht nur einen Inflationsausgleich vor. Neuere Verträge orientieren sich eher an den Kosten von Immobilienkrediten – wie es der Ratsbeschluss der Stadt Buxtehude zeigt – und sind somit eher ungünstig. Altverträge haben jetzt noch eine Laufzeit von vielleicht 30 Jahren. Viele Hausbesitzer erwägen den Verkauf ihrer Immobilie aus Altersgründen und müssen der Tatsache ins Auge sehen, dass die potentiellen Käufer Schwierigkeiten haben, das Objekt zu finanzieren. Die Banken beleihen nur 70 Prozent des Kaufpreises (des Hauses) während 30 Prozent als Eigenkapital vorhanden sein müssen. Hinzu kommt, dass die Ablösung des Darlehens spätestens zehn Jahre vor Ablauf des Erbbaurechts erfolgen muss, also in 20 Jahren. Die Alternative ist nur der Kauf des Grundstücks, bei größeren Grundstücken eine finanzielle Herausforderung. Haus & Grund Buxtehude e.V. bietet seinen Mitgliedern auch bei diesem Thema kompetente Beratung an."

Redakteur:

Nicola Dultz aus Buxtehude

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