Eine Bankrotterklärung
Kassenprüfung bringt desaströse Zustände in der Samtgemeinde Apensen ans Licht
wd. Apensen. "Der aktuelle Sachstand in der Buchhaltung und in der Abwicklung der Kassengeschäfte gibt Anlass zu großer Besorgnis"- so lautet der letzte Satz im Bericht des Landkreises Stade über die Kassenprüfung der Samtgemeinde Apensen. Unter anderem kritisiert das Rechnungsprüfungsamt, dass es für den Fachbereich Finanzen keine Stellvertretung für die Kassenleitung gibt. Diese Stelle sei umgehend zu besetzen. Zudem habe die Kassenprüfung ergeben, dass die vorgeschriebene jährliche Kassenaufsicht, die der Samtgemeinde-Bürgermeisterin obliegt, nicht durchgeführt wird. Auch eine dokumentierte Liquiditätsprüfung finde nicht statt. Unterlagen fehlen und Zahlen können nicht zugeordnet werden. Die Zuordnung werde zudem durch die kürzlich erfolgte Umstellung auf ein neues Kassensystem erschwert. Dass aktuell mit zwei Buchhaltungssystemen gearbeitet werde, stelle ein hohes Risiko für eine ordnungsgemäße Buchhaltung dar. Der letzte Tagesabschluss sei im Mai vergangenen Jahres erfolgt. Des Weiteren werden Bankkonten außerhalb des Systems geführt, zwar mit geringen Beständen, die aber im Kassensystem nicht abgebildet werden.
Auch im Bereich offene Posten werden die Daten nicht gepflegt. Die offenen Posten der Samtgemeinde und ihrer Mitgliedsgemeinden betragen 3,21 Millionen Euro, davon stammen rund 1,06 Millionen Euro noch aus den Jahren 2009 bis 2011. Der letzte Mahnbescheid ist von Anfang 2021, Stundungen werden nicht nachverfolgt.
"Das ist eine Bankrotterklärung für die Samtgemeinde", sagt Rolf Suhr (CDU), Fraktionsvorsitzender der CDU im Samtgemeinderat, fassungslos. Eine Lösung sieht er nicht. "Ich bin nur selten ratlos", so der Bürgermeister von Sauensiek. "Dieser Karren wird nur sehr schwer aus dem Dreck zu ziehen sein." Auch der Beckdorfer Bürgermeister Siegfried Stresow (SPD) ist erschüttert. Einen solch desaströsen Bericht habe er noch nie gesehen. "Es ist nicht zu glauben. Da reiht sich ein Verstoß an den anderen, die Pflichtverletzungen reichen bis ins Jahr 2008."
Gemeinsam mit Peter Löwel von den Grünen und Frank Wallin von der IGB beantragt die CDU jetzt eine öffentliche Sitzung, in der sich Samtgemeinde-Bürgermeisterin Petra Beckmann-Frelock den Fragen der Politik öffentlich stellt. Auch die SPD geht diesen Weg mit. "Wir suchen allerdings nicht nach Schuldigen, sondern nach Lösungen", sagt Siegfried Stresow. Auch Suhr und Löwel weisen darauf hin, dass einige der Missstände schon aus früheren Zeiten stammen. Doch sei die Bürgermeisterin verantwortlich und habe den Rat nicht in Kenntnis gesetzt. Gegenüber dem WOCHENBLATT wollte sich die Bürgermeisterin vor einer Sitzung mit den Politikern, die für Dienstagabend geplant ist, nicht äußern.
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