Autor Hasnain Kazim über Fremdenhass und Chemnitz

Erhält täglich Hass-Mails: der Autor und Journalist Hasnain Kazim | Foto: privat
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Lesung in Buxtehude / "Du bist ja gar nicht gemeint"

(ab). "Du gehörst vergast." - "In Deutschland gibt es für dich nur einen Platz - am Galgen." - "Deutschland muss mit euch Muslimen endlich das fortsetzen, was mit den Juden damals gemacht wurde." Hasnain Kazim (43) liest täglich derart grausame Hass-Mails. Ereignisse wie in Chemnitz und Köthen entsetzen ihn; in sozialen Netzwerken wie Twitter bezieht er nahezu stündlich Stellung.

In seinem aktuellen Buch "Post von Karlheinz - Wütende Mails von richtigen Deutschen und was ich ihnen antworte" hat der Spiegel-Journalist und Autor aus Hollern-Twielenfleth 52 Dialoge mit Hass-Mail-Absendern zusammengefasst. Am Dienstag, 18. September, liest der Autor um 20 Uhr in der Stadtbibliothek Buxtehude aus seinem Werk vor.

"Am Anfang war ich über den Fremdenhass, der mir entgegenkam, geschockt. Aber ich habe beschlossen, dass mich das nicht zum Schweigen bringt. Im Gegenteil: Es spornt mich zum Weitermachen an", sagt Hasnain Kazim. Den Kampf gegen Anfeindungen, die dem Altländer als 17-jähriger Schüler nach einem von ihm verfassten Artikel entgegengebracht wurden, hat er schon damals aufgenommen: "Ein Politiker hatte vor einer Überfremdung Deutschlands gewarnt und Ausländer als Schuldige an den Pranger gestellt", erinnert sich Kazim. "Dazu habe ich etwas geschrieben und die ersten Hassbriefe bekommen."

Besonders stark zugenommen hätten die fremdenfeindlichen Zuschriften, seitdem er als Journalist für Spiegel und Spiegel online arbeite. "Da ich mich mit Themen wie Fremdenhass und Alltagsrassismus, Pegida und AfD, auseinandersetze, werde ich mit Hass-Mails bombardiert." Durch Twitter, Facebook und Co., sagt Kazim, sei bei den Absendern, im Gegensatz zu früher, die Hemmschwelle ziemlich gesunken. Hass werde offen ausgesprochen und häufig mit Namen und Absender unterschrieben. 

Was ihn dabei erschreckt, sei, dass Fremdenhass und Anfeindungen durch sämtliche Gesellschaftsschichten gingen. "Es ist bedrückend, wenn ein Universitätsprofessor, intelligent und gebildet, rassistische und menschenfeindliche Äußerungen von sich gibt." Diese Anfeindungen machen ihn wütend. Inzwischen versucht er es mit Humor zu nehmen und beschloss darum 2016, auf jede Hass-Mail zu reagieren. "Böse und auf den Arm nehmend", so der Autor. So antwortete er beispielsweise auf die Mail, er solle beweisen, ein "echter Deutscher" zu sein, mit einem Video. Darauf spielt er auf einer Blockflöte die deutsche Nationalhymne und postete den Kurzfilm in sozialen Netzwerken. Das Video wurde zigtausende Male geklickt.

Haarsträubend finde er teilweise die Reaktionen aus seinem Umfeld. Kazim: "Da höre ich Sätze wie: ,Du bist Journalist, du musst dem Ganzen kühl und distanziert gegenüberstehen'. Das kann ich nicht. Ich muss das Recht haben, diesen Quatsch einzuordnen und zu kommentieren." Auch Sätze wie ,Du bist doch gar nicht gemeint', machten ihn betroffen, ebenso die Ausschreitungen in Chemnitz, bei dem Hitlergrüße und Fremdenfeindlichkeit öffentlich gezeigt wurden. "Rechte Gesinnung wird immer häufiger in der Öffentlichkeit gezeigt. Ich habe das Gefühl, es nimmt zu und wird gesellschaftsfähig."

Auch in der Politik sei das zu beobachten, wie beispielsweise an einem Innenminister, der anscheinend mit der AfD sympathisiere. "Maaßen ist schon lange untragbar, er sollte zurücktreten." Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen hatte angezweifelt, dass auf einem Video mit Übergriffen auf Ausländer eine Hetzjagd zu sehen sei. Dass Innenminister Horst Seehofer (CSU) hinter Maaßen stehe, beweise nur, dass die Politik den Ernst der Lage nicht begriffen habe. 

"Wir sollten mit den Rechten sprechen und ihnen auf Augenhöhe begegnen, heißt es. Dafür müsste ich mich ja auf den Boden legen", meint Kazim. Solche Vorschläge machen ihn zornig. "Das sind waschechte Rassisten, für die bleibe ich immer eine Untermensch."

• Hasnain Kazim ist als Sohn indisch-pakistanischer Eltern in Hollern-Twielenfleth aufgewachsen und lebt derzeit als Spiegel-Korrespondent in Wien. Sein Taschenbuch "Post von Karlheinz - Wütende Mails von richtigen Deutschen und was ich ihnen antworte" ist im Penguin Verlag erschienen (ISBN: 978-3-328-10272-4) und kostet 10 Euro.

Redakteur:

Alexandra Bisping

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