Der ganze Stolz: die alte Spritze
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Die Altersabteilung der Feuerwehr kümmert sich um die alte Spritze, teilweise stilecht in historischer Uniform | Foto: Feuerwehr / Daniel Beneke
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  • Die Altersabteilung der Feuerwehr kümmert sich um die alte Spritze, teilweise stilecht in historischer Uniform
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Sie ist der Star bei Festen und Fahrzeugschauen, steht sicher verschlossen in einer Garage hinter dem Schwinger Feuerwehrhaus: eine Benzinmotorspritze des Herstellers Koebe aus dem Jahr 1924. Die Alters- und Ehrenabteilung der Brandschützer hat das historische Gerät wieder flott gemacht, das zu Kriegszeiten durchlöchert wurde.

Der stellvertretende Ortsbrandmeister Torsten Ropers hat Dokumente, Fotos und Zeitungsberichte zusammengetragen, die sowohl die Geschichte des Koebe-Geräts wie auch den Werdegang der Schwinger Feuerwehr nachvollziehbar machen. In Fachbüchern finden sich Aufsätze über den Oldtimer vom Modell Weißenstein, bei Ausstellungen zählt die alte Spritze zu den am häufigsten fotografierten Motiven.

In einem im Original erhaltenen Angebot der Feuerwehrgerätefabrik Koebe aus Luckenwalde „für Herrn Kreisbrandmeister Heinrich von Busch, Stade“ werden die Vorzüge der Motorspritze angepriesen. Für die Erfindung bekam die Firma das Deutsche Reichspatent. Vierrädrig, mit einer Leistung von 800 Litern pro Minute bei 70 Metern Förderhöhe, mit moderner Hochdruck-Feuerlöschkreiselpumpe mit automatischer Ansaugvorrichtung und vierzylindrigem Antriebsmotor kommt sie daher. „Der Wagen ruht vorn auf kräftigen Doppelstrahldruckfedern, hinten auf langen halben Federn und besitzt einen vollständig aus Profileisen gefertigten Rahmenbau“, heißt es weiter. Vier Kameraden finden auf dem Wagen Platz, zusätzlich ein Gerätekasten, zwei abnehmbare Schlauchhaspeln und zwei Laternen mit geschliffenen Gläsern. Hervorgehoben wird auch „der äußerst geringe Brennstoffverbrauch“. Das hat seinen Preis: 8050 Gold kostete die Spritze. Nach heftigen Debatten hatte der Rat dem Kauf zugestimmt, die Kosten sollten auf die Dorfbewohner umgelegt werden.

Der Kauf der Spritze markiert zugleich die Gründung der Freiwilligen Feuerwehr in der damals noch selbstständigen Gemeinde Schwinge. Auch den Versicherungsschein der Öffentlichen Feuerversicherungsanstalt haben die Feuerwehrleute aufgehoben. Zuvor gab es bereits ab 1846 eine Pflichtfeuerwehr. Nach einem Großbrand in Hamburg, der ganze Straßenzüge vernichtete, mussten die Güter und Kirchspiele den Brandschutz sicherstellen. 18 Gründungsmitglieder versammelten sich im April 1924, um die Freiwillige Feuerwehr Schwinge aus der Taufe zu heben. Die Gemeinde hatte damals 340 Einwohner. Die Alarmierung erfolgte über zwei Hornisten im Osten und im Westen des Dorfes. Mit einem Fahrrad fuhren sie durch die Straßen und bliesen „Feuer“. Die Koebe-Spritze kam sogleich im Oktober 1924 bei einem Großbrand in Deinste zum Einsatz. Vier bis sechs Feuerwehrleute waren für die Bedienung erforderlich. Eine zweirädrige Haspel mit 500 Metern Schlauch stand den Einsatzkräften damals ebenfalls zur Verfügung. Damit die Geräte nicht kaputtfrieren, musste der Schornstein im alten Gerätehaus im Winter nachts befeuert werden.

Nach dem Zweiten Weltkrieg fanden die britischen Besatzer an dem Gefährt ihren Gefallen. Sie stellten die Spritze in einen Teich und wuschen mit dem Wasser wochenlang ihre Militärfahrzeuge. Aus dem Teich saugten sie allerhand Dreck mit an. Die Folge: Die Spritze lief nicht mehr. „Sie wollten sie in Brand schießen“, erinnert sich der stellvertretende Ortsbrandmeister Torsten Ropers. „Das Loch im Tank siehst du heute noch.“ 1960 zog die Feuerwehr an den Forstkampsweg, die alte Spritze geriet in Vergessenheit. Auf einem Hof rostete sie vor sich hin. 1962 bekam die Feuerwehr ein Löschgruppenfahrzeug LF8. 1989 hat Feuerwehrmann Hinrich Borchers eine Chronik über die Spritze verfasst und darin viele spannende Details über das Gerät erzählt. Zum 50. Geburtstag der Schwinger Feuerwehr wollten die Einsatzkräfte die Spritze in einen Festumzug integrieren – und sie dafür optisch herrichten. Tatsächlich schafften es die Feuerwehrleute, die Spritze wieder zum Laufen zu bringen. Sie opferten viel Freizeit – und investierten eine Menge Geld. Öffentliche Zuschüsse gab es nicht.

Inzwischen hat die Alters- und Ehrenabteilung die Pflege der Spritze übernommen. Sie ist in einer Werkstatt generalüberholt, neue Kupferleitungen sind eingebaut worden. Bernd Letsch und Ernst Rademacher hatten das Gerät auseinandergenommen, Karl Hustedt die Schriftzüge erneuert. 2014 haben die Brandschützer einen originalgetreuen Schlauchwagen, wie er in den ersten Jahren der Schwinger Motorspritze benutzt wurde, im Internet ersteigert. Nur 50 Euro mussten sie dafür hinblättern. Bei einem „Tag der offenen Tür“ und einem Festumzug führten die Feuerwehrleute stolz den alten und neuen Fuhrpark vor.

2016 bauten sie für die Spritze eine eigene Garage hinter dem Feuerwehrhaus. Torsten Ropers hat es geschafft, die Raiffeisen-Stiftung und die Volksbrank Fredenbeck-Oldendorf-Ahlerstedt als Spender zu gewinnen. Die Fundamente gossen die Kameraden in Eigenregie, aber die Materialkosten mussten bezahlt werden. 10.000 Euro flossen an Zuwendungen, den Rest übernahm der Förderverein. Hin und wieder treffen sich die Kameraden der Altersabteilung, um an dem historischen Gefährt zu schrauben. Ein Traktor vom Hersteller Deutsch, Baujahr 1936, Typ F1 M 514 mit elf PS, zieht die Spritze anstelle von Pferden. Maximal sechs Kilometer kann das Gespann in der Stunde zurücklegen. Feuerwehrmann Ernst Rademacher hat den Trecker zunächst als Leihgabe zur Verfügung gestellt, inzwischen hat ihn die Feuerwehr erworben. Besonders in den Sommermonaten sind die Ehrenamtlichen in der Region unterwegs – und präsentieren die Schwinger Spritze bei Feuerwehrfesten oder Oldtimerausstellungen.

Redakteur:

Stephanie Bargmann aus Stade

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