Jesteburgs Kunstpfad: Steuerverschwendung oder ein Pilotprojekt?

Bislang sorgte der Jesteburger Kunstpfad fast ausschließlich für negative Schlagzeilen. Ob sich das ändert?
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Fachausschuss empfiehlt, Kunstpfad-Begeisterung mit mehr als 100.000 Euro zu wecken. 

mum. Jesteburg.
Es sind nur knapp vier Kilometer, doch die haben es in sich. Seit Jahren möchte Jesteburg das Kunsthaus im Dorf mit der Kunststätte Bossard in Lüllau verbinden. An die 100.000 Euro wurden bereits investiert - böse Zungen würden eher von "versenkt" sprechen. Denn viel zu sehen ist von diesem Projekt nach zahlreichen Pannen nicht. Doch das schreckt SPD und Grüne nicht ab, den nächsten Versuch zu starten. Dieses Mal aber will Jesteburg den ganz großen Wurf: Bis zu 115.000 Euro sollen für die "Akademie für Kunst in öffentlichen Räumen" ausgegeben werden. Konkret haben sich dafür Cornelia Ziegert und Hans-Jürgen Börner (beide SPD) sowie Karl-Heinz Glaeser (Grüne) im Ausschuss für Wirtschaft, Tourismus und Kultur ausgesprochen. Bernd Jost (CDU) und Hansjörg Siede (UWG Jes!) stimmten gegen das Konzept.
Für das Geld bekommt Jesteburg allerdings kein einziges Kunstobjekt. Es geht nur darum, die Jesteburger für das Projekt zu begeistern. Die Gemeinde selbst zahlt 15.000 Euro. Die restliche Summe soll bei verschiedenen öffentlichen Einrichtungen eingeworben werden - Steuergeld bleibt es trotzdem.

Dafür gibt es aber Workshops und Ausflüge - unter anderem nach Hamburg, Bremen und Hannover. Zwölf Künstler und zwei Landschaftsarchitekten sollen auf Kosten der Steuerzahler und von Sponsoren Jesteburg erkunden. Es sei eine einmalige Gelegenheit, eine Idee, die Modellcharakter für ganz Deutschland habe, beschreibt der in der Kunstwelt anerkannte Berater Thomas Kaestle (Hannover) sein Konzept. Von einem "Bildungsprogramm für Erwachsene" und Chance, Künstler in der Corona-Krise zu unterstützen, redet Cornelia Ziegert. Ziel sei es, den Kunst- und Naturpfad auf eine breitere gesellschaftliche Basis zu stellen und dabei Akzeptanz, Interesse und Identifikation zu fördern, so Kaestle. Die erste, etwa einjährige Phase soll eine für alle kostenfrei zugängliche "Bürger-Akademie" sein - ein gemeinsamer Rechercheprozess mit Künstlern. In einer zweiten, etwa dreijährigen Phase sollen ausgewählte Künstler dann konkrete Projekte umsetzen.

"Kunst im öffentlichen Raum ist wichtig. Sie kann einen Ort nachhaltig bereichern. Gleichwohl scheint vielen Anhängern der gestaltenden Kunst noch nicht klar geworden zu sein, dass in Jesteburg das kulturelle Angebot weit über diese Form von Kunst hinausgeht", sagt Siede. "In Jesteburg bereichern vor allem unsere Sportvereine und freien Kunstschaffenden in der Musik- und Theaterszene das Kulturleben. Für uns sind sie die tragenden Säulen im Jesteburger Gemeinwesen. Sie leiden alle derzeit erheblich unter den Auswirkungen der Corona-Pandemie. Deshalb wollen wir ihr Überleben langfristig sichern, statt in Kunstprojekte wie den Kunstpfad zu investieren."
Die UWG Jes! ist überzeugt, dass die Mehrheit in Jesteburg es ähnlich sieht. Deshalb stellte Siede den Antrag, dass die Bürger abstimmen, ob in den kommenden Jahren knapp 250.000 Euro in den Kunstpfad investiert werden sollen. "Leider wurde unser Antrag abgelehnt", so Siede. "Warum weigert man sich hartnäckig, vor einer Umsetzung dieser Idee die Bürger zu befragen? Befürchtet die Jesteburger Kunstelite, dass die Mehrheit kein Interesse hat, mitten in der Natur mit Kunstwerken zwangsbeglückt zu werden?"
Die UWG schlug zudem vor, dass die Kunststätte Bossard und der Kunstverein die Finanzierung der Kunstakademie eigenständig organisieren. Doch auch davon wollten SPD und Grüne nichts wissen.

Auf ein Wort
Bitte keine Bespaßung mit Steuermitteln
Mit diesem Kunstpfad ist das inzwischen so eine Sache. Ich glaube wirklich, dass das Projekt eine Chance verdient hat. Allerdings: Nahezu alle Beteiligten haben in den vergangenen Jahren ihr Bestes getan, den Ruf des Kunstpfads zu ruinieren. Schlimmer noch: Sie versäumten es, die Bürger abzuholen. Mit Hauruck-Aktionen wurden Anwohner und Sponsoren vor den Kopf geschlagen. Die Konsequenz daraus ist, dass inzwischen niemand mehr etwas mit dem Projekt zu tun haben möchte.
Niemand - das ist natürlich auch nicht ganz richtig. Jesteburg hat eine bunte Kunst- und Kulturszene, vermutlich die größte im Landkreis. Und eben diese hätte überhaupt kein Problem damit, mehr als 100.000 Euro für Workshops auszugeben.
Und da ziehe ich eine Grenze: Ich bin davon überzeugt, dass ausschließlich - mit ganz wenigen Ausnahmen - diese "Szene-Mitglieder" an den Workshops teilnehmen werden. Die Akademie ist also nichts anderes als die 14-tägige Bespaßung von Künstlern aus Jesteburg. Und das darf nicht so viel Steuergeld kosten. Genauso gut könnte man den Fußballern des VfL Jesteburg für 100.000 Euro Dauerkarten für beliebige Bundesliga-Clubs kaufen, damit die Kicker Lust auf Fußball bekommen. Würde es dafür eine Mehrheit geben? Sicherlich nicht.
Mit Thomas Kaestle ist es Jesteburg gelungen, einen kompetenten Kurator und Moderator ins Boot zu holen. Ich bin sicher, dass es ihm gelingen könnte, auch mit deutlich kleinerem Budget in Jesteburg Zustimmung für den Kunstpfad zu schaffen. Noch ein Gedanke: Wenn den Kunstszene-Mitgliedern die Beratungsphase so wichtig ist, dann sollten sie dafür auch zahlen. Ebenso wie Kunsthaus und Kunststätte, die maßgeblich vom Kunstpfad profitieren werden.
Sascha Mummenhoff

Stimmen Sie mit ab! Das WOCHENBLATT greift den Vorschlag von UWG Jes!-Chef Hansjörg Siede gern auf. An dieser Stelle können die Leser darüber abstimmen, ob sie einen Kunstpfad für mehr als 250.000 Euro in Jesteburg haben wollen.

Wie denken die WOCHENBLATT-Leser über den Kunstpfad?

Lesen Sie auch:
Jesteburg und der Traum vom Kunstpfad

Redakteur:

Sascha Mummenhoff aus Jesteburg

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