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Herzwochen: „Hoher Blutdruck ist keine Bagatelle“
Chefarzt Dr. Klaus Hertting sagt, warum es wichtig ist, erhöhte Werte frühzeitig zu erkennen

Dr. Klaus Hertting, Chefarzt der Sektion Kardiologie, Angiologie der Medizinischen Klinik im Krankenhaus Buchholz | Foto: Krankenhaus Buchholz
  • Dr. Klaus Hertting, Chefarzt der Sektion Kardiologie, Angiologie der Medizinischen Klinik im Krankenhaus Buchholz
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Herz unter Druck, so der Titel der diesjährigen Herzwochen der Deutschen Herzstiftung, an denen sich das Krankenhaus Buchholz beteiligt. Im Mittelpunkt: der Bluthochdruck. Welche Folgen ein unbehandelter Hochdruck für das Herz und andere Organe haben kann, erläutert Dr. Klaus Hertting, Chefarzt der Sektion Kardiologie, Angiologie der Medizinischen Klinik im Krankenhaus Buchholz, im Gespräch mit dem WOCHENBLATT.

WOCHENBLATT: Ist ein höherer Blutdruck nicht ab einem gewissen Alter ganz normal?
Dr. Klaus Hertting: Nein. Bluthochdruck kann Leben verkürzen. Die Diagnose Bluthochdruck wird leider zu selten gestellt und oft auch zu lange gewartet mit der Therapie. Hohe Blutdruckwerte führen viele Patienten auf die Aufregung beim Arztbesuch zurück. Sie sind sich der Wichtigkeit des Problems nicht bewusst und scheuen vor einer Therapie zurück.
WOCHENBLATT: Welche Therapie empfehlen Sie?
Dr. Hertting: Zunächst einmal Gewichtsabnahme, mehr Bewegung, eine Ernährungsumstellung auf salz- und fettarme Kost sowie den Verzicht auf Rauchen. Auch die Vermeidung von Stress und guter, ungestörter Nachtschlaf sind wichtig. Doch reichen die Veränderungen im Lebensstil oft nicht mehr aus, um den Blutdruck in den Griff zu bekommen.
WOCHENBLATT: Was dann?
Dr. Hertting: Dann wird der behandelnde Arzt, in den meisten Fällen der Hausarzt, Medikamente verschreiben.
WOCHENBLATT: Viele Patienten, die sich vorher wohl und gesund gefühlt haben, bekommen durch diese Medikamente plötzlich Schwindel, Kopfschmerz, Müdigkeit…
Dr. Hertting: …und setzen die Medikamente deshalb wieder ab. Doch das ist genau das Falsche. Hoher Blutdruck ist keine Bagatelle. Unbehandelt schädigt er viele Organe, vor allem Herz, Nieren und Gehirn, aber auch die Augen.
WOCHENBLATT: Was genau passiert im Herzen?
Dr. Hertting: Die Herzwände kommen durch Bluthochdruck unter erhöhte Spannung. Das Herz muss schwerer arbeiten. Die Herzwände verdicken sich, auch der Herzmuskel wird dicker, so wie die Muskeln eines Athleten, der Kraftsport macht. Der Sauerstoffbedarf des Herzmuskels steigt. Bei Belastung kann sich das Herz nicht ausreichend und nicht schnell genug mit Blut füllen. Die Betroffenen spüren Luftnot und Druck auf der Brust, den wir Ärzte Angina pectoris nennen. Wenn diese Symptome auftreten, ist die Schwächung des Herzens schon weit fortgeschritten.
WOCHENBLATT: Also lieber die Nebenwirkungen der Medikamente in Kauf nehmen?
Dr. Hertting: Manchmal muss man schauen, ob nicht ein anderes Präparat geeigneter ist. Man kann die Dosierung verändern und die Tabletten erst abends einnehmen, um so die Nebenwirkungen zu verschlafen. Oft entstehen die unerwünschten Effekte durch Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten, die die Patienten einnehmen, ohne es uns Ärzten zu sagen. Auch freiverkäufliche Präparate können Wechselwirkungen mit Blutdruckmedikamenten haben.
WOCHENBLATT: Wann und mit welchen Symptomen kommen Bluthochdruckpatienten zu Ihnen ins Krankenhaus?
Dr. Hertting: Meist kommen Patienten, die akute Beschwerden haben, bei denen die Therapie nicht oder nicht ausreichend funktioniert hat und solche, die extrem unter Nebenwirkungen leiden.
WOCHENBLATT: Was tun Sie dann?
Dr. Hertting: Wir versuchen im Team, die Ursache herauszufinden und mögliche Folgeschäden zu begrenzen. Dazu schauen wir uns die Gefäße an, den Herzmuskel, wir
überprüfen die Funktion der Nieren und in Zusammenarbeit mit den Neurologen suchen wir nach Veränderungen der Halsschlagader oder des Gehirns. Bei jungen Patienten, die Bluthochdruck entwickeln, suchen wir nach primär behandelbaren Ursachen. Das können hormonproduzierende Tumoren oder Gefäßanomalien sein. Wo sich die Folgeschäden des Bluthochdrucks zeigen, hängt oft von den Vorerkrankungen des Patienten ab. Diabetes und Fettstoffwechselstörungen können die Gefäßversteifung (Atherosklerose) und damit den Anstieg des Blutdrucks erheblich beschleunigen, was wiederum die Atherosklerose vorantreibt. Ein Teufelskreis, aus dem nur eine Therapie den Ausstieg ermöglicht.
WOCHENBLATT: Viele Patienten bemühen sich, ihr Risiko klein zu halten, indem sie täglich ihren Blutdruck selbst kontrollieren. Was halten Sie davon?
Dr. Hertting: Im Prinzip eine gute Sache. Ich empfehle, anfangs an beiden Armen zu messen. Denn manchmal kann es durch verstopfte Schlagadern im Schulterbereich zu einem falsch niedrigen Messergebnis kommen. Wovor ich allerdings ausdrücklich warne, ist die Vorstellung, man könne die Tablettendosis selbst an die täglich gemessenen Blutdruckwerte angleichen, also beispielsweise Tabletten weglassen, wenn der Blutdruck im Zielbereich ist. Der Blutdruck kann auch mal schwanken. Hier sollte man nicht gleich in Panik verfallen. Blutdruckmedikamente wirken immer langfristig.
WOCHENBLATT: Wie niedrig muss ein idealer Blutdruck sein?
Dr. Hertting: Das hängt ganz vom Patienten ab. Manchmal halten wir den Blutdruck bewusst niedrig, um das Herz zu entlasten, z.B. bei Patienten mit Pumpschwäche und schweren Arterienverkalkungen.
WOCHENBLATT: Noch mal eine Frage zum Sport. Welche Art von Bewegung empfehlen Sie?
Dr. Hertting: Ausdauersport sollte im Vordergrund stehen. In vernünftigem Maß ist auch Muskelaufbau durch Kraftsport sinnvoll, denn Muskelmasse ist wichtig für die Regulation von Blutzucker und Blutfetten, was wiederum dem Herzen zugutekommt.
WOCHENBLATT: Vielen Dank für das Gespräch.

Lesen Sie bitte auch:
https://www.kreiszeitung-wochenblatt.de/buchholz/c-service/bluthochdruck-oft-nicht-erkannt-thema-der-herzwochen-2021_a220470

Redakteur:

Axel-Holger Haase aus Buchholz

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