Verbot neuer Gasheizungen ab 2024
Heizungsbauer halten Zeitplan für unrealistisch

Oliver und Corinna Kluth, Inhaber eines Meisterbetriebs für Heizung, Sanitär und Elektro in Buchholz-Sprötze | Foto: ts
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Mit dem Einbau einer halben Million Wärmepumpen im nächsten Jahr will die Bundesregierung mit den Bestrebungen im Klimaschutz ernst machen und die Heizungswende einleiten. Praktiker halten den formulierten Zeitplan für unrealistisch. Die Gründe: Materialengpässe und Fachkräftemangel machen den Heizungsbauern zu schaffen. 

Neu eingebaute Heizungen sollen ab 2024 mindestens zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energieträgern betrieben werden - ein schrittweiser Ausstieg aus Gas- und Ölheizungen.

Corinna Kluth, Obermeisterin der Innung für Sanitär-, Heizungs-, Klima- und Klempnertechnik im Landkreis Harburg und ihr Bruder Oliver Kluth betreiben ein Meisterbetrieb mit 14 Mitarbeitern in Buchholz-Sprötze. Bei Praktikern wie ihnen haben sich Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Die Grünen) und Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) bei der Formulierung ihre ambitionierten Ziele für den Heizungsumbau mit der Wärmepumpe offenbar nicht erkundigt. 

Geeignete Wärmepumpen für Bestandshäuser fehlen

Die Umrüstung von Heizungen in Bestandsgebäuden gilt in der Branche als Hauptabsatzmarkt für Wärmepumpen. "Die Wärmepumpen, die wir für Sanierungshäuser brauchen, gibt es auf dem Markt nicht", sagt der Sanitär- und Heizungsbaumeister Oliver Kluth.  Denn nur hochwertige Geräte, die ausreichend hohe Vorlauftemperaturen erzeugen, seien geeignet. 20.000 bis 25.000 solcher Wärmepumpen produziere das Werk des deutschen Herstellers Bosch in Schweden - zu wenig für die ehrgeizigen Ziele der Heizungswende. "Hersteller haben zwölf bis 18 Monate Lieferzeit", sagt Oliver Kluth. 

In einer Umfrage des Fachverbandes Sanitär-, Heizungs-, Klima- und Klempnertechnik Niedersachsen aus dem Oktober 2022 haben 96 Prozent der Innungsbetriebe bemängelt, nicht ausreichend viele Wärmepumpen oder Bauteile zum Einbau einer Wärmepumpenanlage geliefert zu bekommen. 

Anders sei das bei Wärmepumpen für Neubauten, sagt Oliver Kluth. Die Geräte müssten weniger hohe Vorlauftemperaturen erzeugen. Hier könne die Branche auf Hersteller aus Asien zurückgreifen. Die Lieferzeit: etwa vier Wochen.

 Ein weiteres Problem für Heizungsbauer und Kunden: Die Preissteigerungen für Wärmepumpen sind enorm. "In den zwölf oder mehr Monaten Lieferzeit haben wir Heizungsbauer drei bis vier Teuerungszuschläge", sagt Corinna Kluth. Preise lassen sich also nicht verlässlich kalkulieren.

Ist das Material für den Heizungseinbau vorhanden, mangelt es nicht selten an Fachleuten für den Einbau. 50.000 Heizungsbauer fehlen in Deutschland.  

Hausbesitzer sind verängstigt

 
Das geplante Verbot neuer Gas- und Ölheizungen ab dem Jahr 2024 beunruhigt die Menschen. "Kunden sind verängstigt, reagieren teilweise sogar panisch", sagt Corinna Kluth. 75 Prozent der Heizungen in Deutschland werden noch mit Erdgas oder Erdöl betrieben. Kunden befürchten bei der Umrüstung auf eine Wärmepumpe deutlich höhere Kosten, die ihre Lebensplanung gefährden. Manche fürchten, nicht in ihrem Haus bleiben zu dürfen.

Menschen, die gerade ihr Haus finanziert haben und vor dem Ruhestand stehen, würden mit einem Kostenschock konfrontiert, beschreibt Oliver Kluth die Befindlichkeit betroffener Kunden. In der Regel hätten sie 10.000 Euro für die Sanierung ihrer alten Ölheizung oder Gasheizung auf die hohe Kante gelegt - wenn überhaupt.

Was die Umrüstung auf die Wärmepumpe kosten wird, darauf möchte sich Oliver Kluth nicht festlegen. Zu unübersichtlich und dynamisch ist der Markt. Zu unterschiedlich sei die jeweilige Situation im Gebäude. In Medienberichten ist von dem Zwei- bis Vierfachen die Rede. Bundeswirtschaftsminister Habeck kündigte Zuschüsse des Staates an für Haushalte, die sich sonst einen Austausch der Heizung nicht leisten können. Um viel Geld es sich handeln könnte, nannte er nicht.

Deutschlands Heizungsbauer schaffen die Heizungswende zur klimafreundlichen Wärmepumpe - davon ist Oliver Kluth überzeugt. Nur habe die Bundesregierung Ziele formuliert, die zu ambitioniert seien. "Wir brauchen einen langfristigen Fahrplan, den wir den Kunden erklären können", fordert der Fachmann.

Auf ein Wort:

Ohne sie keine Klimawende: Heizungsbauer und -bauerinnen gehören zu den gefragtesten Fachleuten in Deutschland. Kann es dennoch sein, dass Spitzenpolitiker sich so weit von den Praktikern entfernt haben, dass sie Ziele formulieren, die sich gar nicht oder nur zeitlich verzögert umsetzen lassen? Ist so viel Realitätsferne denkbar? Im Falle der Heizungswende und des Bundeswirtschaftsministers Robert Habeck (und seines Stabes) offenbar ja.

In einem Gesetzentwurf Tatsachen wie Materialengpässe und Fachkräftemangel außer Acht gelassen - schlampiger geht es nicht mehr. Haben die Söhne und Töchter von Ministern, Bundestagsabgeordneten und Ministerialbeamten überraschend eine Ausbildung im Handwerk aufgenommen, dass der Eindruck entstehen konnte, jemand würde die Wärmepumpen schon einbauen? Wohl kaum.

Die Heizungsbauer unterstützen laut ihrem Fachverband die Bestrebungen der Politik, den Klimaschutz mit der Wärmepumpe voranzubringen. Unausgegoren formulierte Ziele und Effekthascherei der Regierung untergraben aber die Akzeptanz der Bevölkerung in die Klimawende. Thomas Sulzyc

Redakteur:

Thomas Sulzyc aus Seevetal

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