In Hollenstedt
Gemeinde soll Kanalanschlussgebühren zurückzahlen

Die WGH will, dass die Gemeinde den Grundstücksbesitzern das Geld für den Kanalanschluss zurückzahlt | Foto: Adobe Stock, Jens Hoffmann / Montage: MSR
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bim. Hollenstedt. Bürgermeister von Gemeinden, die nicht hauptamtlich tätig sind, sondern dieses Amt als Ehrenbeamte neben ihrem Beruf ausüben, tragen dennoch eine große Verantwortung - gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern sowie den Gemeindefinanzen. Hollenstedts Bürgermeister Jürgen Böhme (CDU) steht aktuell in der Kritik der Wählergemeinschaft Hollenstedt (WGH), weil das Rechnungsprüfungsamt (RPA) bei der Prüfung der Jahresabschlüsse 2015 und 2016 Ungereimtheiten beim Anschluss des Baugebietes Achtern Schünen II / Achtern Bohnhoff an den Abwasserkanal beantstandet hat.

Hintergrund: Für die Abwasserbeseitigung ist eigentlich die Samtgemeinde Hollenstedt zuständig, die diese Aufgabe zum 1. Januar 2010 an die Hamburger Stadtentwässerung übertragen hat. Ein Bestandteil der Vereinbarung ist, dass die Hamburger Stadtentwässerung die Schmutzwasserbeseitigung auch bei der Erschließung von neuen Baugebieten sicherstellt, die Anschlussbeiträge ermittelt und erhebt.
Obwohl diese Vereinbarung auch für die Mitgliedsgemeinde Hollenstedt gilt, hat die Gemeinde im Juli 2015 ihrerseits einen eigenen Vertrag mit der Hamburger Stadtentwässerung geschlossen und für die Herstellung des Abwasserkanals rund 238.000 Euro an die Stadtentwässerung gezahlt. So steht es im Bericht des Rechnungsprüfungsamtes.
Hinzu kommt: 2019 hat die Gemeinde von den Grundstückskäufern den Schmutzwasserkanalbaubeitrag gefordert. "Für diese Forderung fehlt eine Rechtsgrundlage", stellt das Rechnungsprüfungsamt in seinem Bericht fest. Ein Teil der Grundstückseigentümer hat aber gezahlt.

Die WGH-Fraktion beruft sich auf die Aussagen des RPA und hat nun beantragt, "die von der Gemeinde Hollenstedt rechtswidrig erhobenen und von den Grundstückseigentümern des Baugebiets Achtern Bohnhoff gezahlten Anschlussbeiträge für den Schmutzwasserkanal" unverzüglich nebst Zinsen an die betroffenen Grundstückseigentümer zurückzuzahlen. Das sei aus Gründen des Vertrauens in die Rechtmäßigkeit von Verwaltungshandeln, aber auch im Rahmen der Gleichbehandlung mit denen, die mit dem Recht an ihrer Seite keine Zahlungen geleistet haben, unabdingbar. Auch dürfte die Gemeinde mit diesem Schritt Klagen von Anwohnern zuvorkommen und so weitere Kosten für die Gemeinde abwenden. "Uns liegen verifizierte Informationen vor, dass Zahlungsverweigerungen rechtlich folgenlos geblieben sind. Die Verwaltung hat nicht wie üblich bei Zahlungsverzug oder Zahlungsverweigerung den Rechtsweg beschritten, also erinnert, gemahnt und letztlich vollstreckt. Das ist für uns ein sicheres Indiz dafür, dass die Verwaltung um die Unrechtmäßigkeit ihres Handelns schon seit längerer Zeit gewusst hat", teilt Fraktionsvotrsitzender Joachim Aldag für die WGH-Fraktion mit.

Das sagt der Bürgermeister

Bürgermeister Jürgen Böhme weiß um die Zuständigkeit der HSE, die seit 2010 auch alle anderen von der Gemeinde ausgewiesenen Gewerbe- und Neubaugebiete an den Schmutzwasserkanal angeschlossen und abgerechnet habe. "In jedem Kaufvertrag ist festgehalten, dass die HSE die Beiträge für den Anschluss an den Schmutzwasserkanal erhebt und abrechnet", berichtet Böhme. So sei es auch beim Baugebiet Achtern Schünen I gewesen, dort habe die HSE einen Überschuss erwirtschaftet. Beim Baugebiet Achtern Schünen II, bei dem der Anschluss an den Abwasserkanal aufwendiger und teurer gewesen sei, u.a. wegen eines erforderlichen Pumpwerks, hätte die HSE ihn aber praktisch unter Druck gesetzt. "Weil die Erschließungskosten nicht durch die Abwasserbeiträge der Anlieger gedeckt sind, sollte die Gemeinde für die Erschließung aufkommen, ansonsten würde das Neubaugebiet nicht erschlossen", berichtet der Bürgermeister.
Abwasserbeirat
war informiert

Der Abwasserbeirat, dem Vertreter der HSE, der Samtgemeinde-Bürgermeister und gewählte Ratsmitglieder, u.a. von der WGH, angehörten, habe alles zur Kenntnis genommen oder zugestimmt. 2019 habe die HSE auch in einer solchen Sitzung eine Abrechnung mit den Anliegern abgelehnt und gefordert, dass die Gemeinde den Kanalbaubeitrag von den Grundstückseigentümern einfordern solle. Es wurde dort auch bestätigt, dass die Gemeinde einen Erstattungsanspruch hätte. Die Unterschrift von 2015 bezeichnet der Bürgermeister als Fehler. "Aber ich wollte den Baufortschritt nicht aufhalten, die Eigentümer wollten anfangen, zu bauen, und bin auch da noch davon ausgegangen, dass Hamburg-Wasser die Beiträge mit den Anliegern abrechnet", sagt er. "Ich bin mit der Kommunalaufsicht im Kontakt", so Böhme. Außerdem wolle Hollenstedts Samtgemeinde-Bürgermeister Heiner Albers die Angelegenheit mit dem Rechnungsprüfungsamt prüfen, da die Samtgemeinde grundsätzlich für die Abwasserentsorgung zuständig ist.

Das sagen Landkreis und Städte- und Gemeindebund

Wie sieht es beim geschilderten Sachverhalt eigentlich mit der Haftung von Ehrenbeamten aus, wenn diese durch Fahrlässigkeit oder Unwissenheit einen Fehlerbegangen haben? Das WOCHENBLATT fragte beim Landkreis Harburg als Kommunalaufsicht und beim Niedersächsischen Städte- und Gemeindebund (NSGB) nach. 
"Generell wird in einem solchen Fall der Sachverhalt noch einmal inhaltlich und rechtlich geprüft und geklärt, ob und wie weit die Gemeinde eventuell vorliegende Rechtsfehler heilen kann. Sollte dies nicht möglich und der Gemeinde ein Schaden entstanden sein, würde als nächstes die Frage der Amtshaftung geprüft. Hierbei würde u.a. geklärt, ob der Bürgermeister für den entstandenen Schaden haftbar gemacht werden kann oder ob die Gemeinde ggf. als Ganzes eintreten muss", erläutert Kreissprecherin Katja Bendig. "Viele Kommunen verfügen für solche Fälle über eine Eigenschadensversicherung. Ob diese greift, hängt aber wiederum von den individuellen Umständen und dem jeweiligen Versicherungsschutz ab."

Marco Mensen vom NSGB erklärt u.a., dass nicht jede subjektiv wahrgenommene Fehleinschätzung eines Beamten eine beamtenrechtliche Pflichtverletzung darstellt. Es müsse ein Verschulden in Form von vorsätzlichem oder grob fahrlässigem Verhalten vorliegen. Vorsatz setze dabei voraus, "dass der Beamte bewusst und gewollt eine Pflichtverletzung begeht, grobe Fahrlässigkeit bedeutet, dass der Beamte die für die Amtsausführung erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt und nicht beachtet hat, was im konkreten Fall jedem hätte einleuchten müssen. Ob diese und die weiteren Voraussetzungen vorliegen, unterliegt stets einer genauen Prüfung des jeweiligen Einzelfalles", so Mensen.
Für ehrenamtliche Amtsträger könnte eine Haftpflichtversicherung eine Option sein. In Einzelfällen, abhängig vom betroffenen Amt, ist auch eine sogenannte D&O denkbar. Das müsste ein Versicherungsfachmann in jedem konkreten Einzelfall im Vorfeld individuell mit einem Betroffenen prüfen. Eine D&O-Versicherung ist eine Vermögensschadenhaftpflichtversicherung, die ein Unternehmen für seine Organe und leitenden Angestellten abschließt.

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Bianca Marquardt aus Tostedt

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